„Ein bisschen hängt mein Herz auch hier“

Interview mit der ifa-Kulturmanagerin Annik Trauzettel

Der grenzüberschreitende Medienverein FunkForum erhält ab September eine neue Mitarbeitern. Die ifa-Kulturmanagerin Annik Trauzettel wird sich ab Herbst um das Jugendprojekt PausenRadio kümmern. Die Osteuropa-Spezialistin war schon acht Mal in Rumänien und hat sich in das Land und die Sprache verliebt. BZ-Redakteur Robert Tari sprach mit der ifa-Entsandtin über ihre Beziehung zum Land und den Leuten.

„Die Herzlichkeit der Menschen finde ich faszinierend“ – Annik Trauzettel

Sie werden als ifa-Kulturmanagerin ab September für das FunkForum tätig sein. Wie sind Sie zu der Stelle gekommen?

 

Ich habe an der Universität Regensburg Osteuropastudien studiert und habe in Mai meinen Masterabschluss gemacht. Nachdem ich im Februar meine Masterarbeit abgegeben hatte, suchte ich einen Job und so stieß ich auf die Anzeige des ifa, das Radioredakteure bzw. Kulturmanager für Südosteuropa und Osteuropa suchte. Ich habe mich daraufhin auf eine Stelle beworben und es hat geklappt, weshalb ich mich sehr freue.

 

Wollten Sie unbedingt nach Rumänien oder gab es keine Vorlieben, was das Zielland anbelangt?

 

Das ifa schreibt in jedem Jahr für mehrere Länder aus: Polen, Ungarn, Tschechien, Serbien, Rumänien usw. Die Stellen werden regelmäßig neu besetzt. Diesmal war die  Ausschreibung nur für Rumänien und Serbien, ich glaube Polen war auch dabei. Weil ich Rumänisch gut kenne und Serbisch einigermaßen, waren die beiden Länder meine persönlichen Favoriten. Grund weshalb ich mich für eine Stelle in diesen beiden Ländern beworben habe. Sie waren meine Präferenzen und besonders Rumänien, weil ich zu diesem Land den meisten Bezug habe und weil ich die Sprache am besten beherrsche.

 

Sie waren also noch öfters in Rumänien.

 

Ich war zum ersten Mal 2007 in Rumänien, kurz nach dem das Land der Europäischen Union beigetreten ist. Ich habe damals viel in den Zeitungen über Rumänien gelesen, weil es und Bulgarien neu aufgenommen wurden, wurde sehr viel darüber berichtet: über die Armut, über die Lebensverhältnisse. Damals habe ich mir gesagt, dass das alles so nicht aussehen kann, so wie es die Zeitungen schreiben. Ich wollte selber hinfahren

und Rumänien selber kennenlernen. So bin ich das erste Mal in das Land gekommen, nur für einen Kurzurlaub, war für zehn Tage mit dem Zug unterwegs und habe verschiedene Städte besucht. Es hat mir sehr gut gefallen. Und ich habe schon damals den Entschluss gefasst, für längere Zeit im Land zu bleiben. Meine Hochschule vergab ein Erasmusstipendium für Rumänien. Ich konnte in Klausenburg an der Universität einen Semester lang studieren. Das habe ich dann 2008 auch gemacht. Habe vorher vier Wochen lang die Sprache in einem Intensivkurs gemacht, Vormittags Sprachunterricht, Nachmittags Landeskunde. War dann sehr gut vorbereitet auf das Auslandssemester, habe dann fünf Monate in Rumänien gelebt und studiert. So konnte ich auch noch ganz gut die Sprache vertiefen.

 

Sie werden vielleicht für zwei Jahre in Rumänien bleiben? Mussten Sie sich darauf irgendwie persönlich einstellen?

 

Ich mache das jetzt einfach Mal. Ich habe mich jetzt darauf nicht spezielle vorbereitet. Natürlich sehe ich, dass ich meine Freunde in Deutschland zurücklasse, aber mit den heutigen modernen Kommunikationsmöglichkeiten ist es ja auch kein Problem über Skype oder Emails Kontakt zu halten. Deswegen fällt mir das jetzt nicht so schwer nach Rumänien zu ziehen, weil ich wirklich ein großes Interesse habe und ein bisschen mein Herz auch hier hängt. Von daher freue ich mich sehr darauf.

 

Was finden Sie an Rumänien besonders schön?

 

Am beeindruckendsten finde ich immer die Landschaft, die Natur, wenn man halt ein bisschen rauskommt aufs Land. Die wunderschöne Natur, die zum Teil auch noch unberührt ist, spricht sehr für Rumänien. Die Städte sind natürlich auch sehr wunderschön, sie bringen alle ein ganz anderes kulturelles Erbe mit. Bukarest sieht ganz anders aus als die Städte aus Siebenbürgen, als die alten deutschen Stadtburgen. Eine große Vielfalt, die Herzlichkeit der Menschen und die Offenheit finde ich auch faszinierend, weil man es aus Deutschland nicht so gewohnt ist, spontan irgendwo eingeladen zu werden oder das überhaupt die Leute so offen, freundlich und zugänglich sind.

 

Sie waren jetzt für zwei Wochen bereits in Temeswar, um das Projekt „Eine andere Geschichte“ durchzuführen. Können Sie mir kurz etwas darüber sagen?

 

In dem Projekt geht es um die Aufarbeitung des Holocausts. Das Projekt wurde von vier deutschen Studenten initiiert mit Schülern vom Nikolaus Lenau Lyzeum. Es geht darum mit ihnen zusammen über den Holocaust Quellen zu erarbeiten und den Holocaust in Rumänien zu erforschen, an konkreten Beispielen, um die Geschichte näher zu bringen. Weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass hier in Rumänien sehr wenig über den Holocaust geredet wird und dass das auch so in der Form nicht in der Schule gelehrt wird. Wenn überhaupt, dann war das etwas, das in Deutschland passiert ist. Das Thema wird bei uns auch ausführlich behandelt, die Mitschuld anderer Länder oder was in anderen Ländern passiert ist, darüber wird noch kaum gesprochen, selbst in Deutschland. Auch die rumänischen Schüler hatten keine Ahnung was in ihrem Land passiert ist, daher wollten wir ein Projekt mit den Schülern zusammen machen. Wir wollen nicht hierherkommen und sagen: Schaut mal was in eurem Land passiert ist, faschistische Diktatur, war alles furchtbar schlimm. Wir wollen ihnen halt zeigen, wie sie selber ins Archiv gehen, eigenständig Quellen suchen können und sie sich selber ein Bild davon machen, was eigentlich passiert ist.