Manche Bergleute glauben an die Legende: Jedes Goldkorn, das in Gruben entdeckt wird, sei von einer sogenannten „Vâlvă“, einer mysteriösen Fee, beschützt – nur sie bestimmt, wie viel Gold aus dem Herzen des Gebirges entnommen werden kann. Sie führt dann den Bergmann durch die dunklen Galerien zurück ans Licht. Noch rund 300 Tonnen Gold sollen in der Region Goldbach/Roşia Montană vorhanden sein, so die Behauptung des rumänischen Präsidenten Traian Băsescu im vergangenen Jahr – aber Goldbach, derzeit die wahrscheinlich umstrittenste Ortschaft in Rumänien, ist viel mehr als nur eine Goldmine – sie bleibt noch immer eine Mischung aus Geschichte, Legenden und umwelttechnisch zweifelhaften Zukunftsprojekten.
Fast jedes Haus im Zentrum von Goldbach/Roşia Montană trägt den goldenen Stempel. „Gabriel Resources“ oder „RMGC“. Die Initialen stehen für „Roşia Montană Gold Corporation“ und man entdeckt sie fast überall. Große Plakate hängen auf sanierten oder sanierungsbedürftigen Häusern, Banner sind über die Gassen der ruhigen Ortschaft gespannt oder sind neben den neuen Wegweisern angebracht, die über touristische Routen informieren: „Hier ist die Kläranlage, die von RMGC errichtet wurde“ (dabei deutet noch zusätzlich ein Pfeil in die Richtung, wohin man blicken soll, um es nur ja nicht zu verpassen). „Dieses Gebäude wurde von RMGC saniert“, „RMGC Umwelt“, „Dieses Gebäude wird von RMGC saniert werden, nachdem der Goldtagebau starten wird“ und hierzu noch ein Foto, wie das verfallene Haus infolge einer Sanierung aussehen würde, so etwa wie: „vor RMGC“ - „nach RMGC“. Bei „Trei Brazi/Drei Tannen“, ein kleiner See im Grünen, zwischen Tannenbäumen, etwa fünf Minuten Fußweg von der Stadt entfernt, hängt noch ein altes Firmenschild: „Roşia Montană - Bergbauortschaft“.
RMGC: Imagepflege um jeden Preis
Die Message ist klar: RMGC will sich unbedingt ein gutes Image schmieden. In die Werbung ist bereits viel Geld geflossen – ein bisschen zu viel, ist man versucht zu sagen, weil, egal wohin man blickt, man den vier Initialen kaum noch entkommen kann. Nur noch die Hügel rings um Goldbach sehen unberührt und still aus, so, als wären sie vom Schleier eines Geheimnisses verborgen.
Still ist es meist auch auf den Gassen von Goldbach. Es sind manchmal die großen Autos, die vorbeifahren, die ein bisschen Leben reinbrummen. Sie haben oft im Kennzeichen „RMG“ oder „RMC“. Am Wochenende kommen noch neugierige Touristen. Ihnen wird häufig empfohlen, in der Kantine von RMGC zu essen – es sei „billig und lecker“, so die Einwohner.
„Manche Touristen kommen nur für ein paar Stunden, um den Ort zu sehen, wo das größte Goldvorkommen in Rumänien ist“, so „nea Florin“, ein Einwohner, der eine kleine Pension am Rande von Goldbach betreibt. Er trägt grüne Latzhosen mit dem kleinen Aufdruck „RMGC“, so wie viele seiner Mitbürger auch.
Die Touristengruppen schauen sich noch die römischen Galerien an – eine etwa einstündige Tour, tief unter die Erde, wo sie auch einen Einblick in die harte Arbeit der Bergleute bekommen können, aber auch mehr über die Legenden des Bergbaus im Siebenbürgischen Erzgebirge/Munţii Apuseni erfahren. 500 Tonnen Gold haben die Römer früher von hier nach Rom gebracht, heißt es, weitere 300 Tonnen seien noch in der Region vorhanden. Und eben dieser Goldzauber macht die Gegend so umstritten.
Umweltgefährdender Goldabbau
Das Projekt der kanadischen Bergbaufirma Gabriel Ressources, Hauptgesellschafter der Roşia Montană Gold Corporation (RMGC), sieht vor, rund um das Bergbaustädtchen den größten Goldtagebau Europas zu eröffnen. Der Gold Corporation fällt dabei ein Anteil von 80 Prozent vom Ertrag zu, während dem rumänischen Staat, durch Minvest Deva, den Lizenzgeber, knapp 20 Prozent zustehen. Der Goldanteil, der Rumänien infolge des Projektes zufiele, würde die Goldreserven der Nationalbank stärken. Damit sollen die Reserven von 103 auf 200 Tonnen aufgestockt werden.
Das Projekt verspricht Profit und neue Arbeitsplätze. Umweltschützer befürchten jedoch desaströse Umweltschäden, Bürgerrechtler protestierten gegen die Umsiedelung von 16 Dörfern auf dem betroffenen Gelände. Gegen dieses Projekt begann sich öffentlicher Widerstand zu regen, wegen der geplanten Verwendung von Zyanid bei der Ausflockung des Goldes aus dem Muttergestein. Das mit Cyanid durchsetzte Taubgestein soll, durch Dämme gesichert, in Tälern abgelagert werden. Die nicht ungerechtfertigte Befürchtung: Ein Dammbruch würde nicht nur Siebenbürgen sondern auch das benachbarte Ungarn gefährden, wohin die fließenden Gewässer aus Siebenbürgen fließen. Erst die aus dem Norden kommende Theiß sammelt alle Gewässer auf, die aus dem Osten in die Pannonische Tiefebene fließen.
Die Leitung von RMGC widerspricht: „Wir setzen da die neusten Technologien ein, die anschließend eine saubere Umwelt hinterlassen werden“, so Dragoş Tănase, Vorsitzender der RMGC, der BZ gegenüber und macht noch auf die 100 Millionen Dollar Investitionen in das Kulturerbe dieser Gegend aufmerksam, die von der RMGC dem Kulturministerium unter Minister Kelemen Hunor (der auch Vorsitzender des Ungarnverbands UDMR ist) in einem Vorvertrag versprochen wurden.
Es kann zum Personalabbau kommen
Durch die Eröffnung des Goldtagebaus würden rund 6.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden – „Etwa 2.300 werden bei der RMGC direkt angestellt sein, weitere 4200 bei Partnerfirmen/Zulieferbetrieben, die bei der Eröffung und beim Betreiben des Tagebaus mitwirken werden“, so T²nase. Das Bruttoinlandsprodukt des Landes soll mit Tätigkeitsaufnahme von RMGC um ein Prozent steigen. Für die 250 Hektar Wald, die gerodet werden müssen, wie es das Projekt vorsieht, verspricht RMGC eine vierfache Entschädigung: 1.000 Hektar werden in der Region aufgeforstet – und dies schon vor dem Beginn der Bergbauarbeiten. Bisher ist davon jedoch noch nichts zu sehen.
Tatsache ist, dass die Bewohner der Region das Projekt befürworten, da sich viele einen sicheren Arbeitsplatz herbeisehnen. „Es wäre natürlich besser gewesen, wenn das gesamte Projekt vom rumänischen Staat übernommen und das ganze Gold im Land bleiben würde. Wenn es aber so nicht geht, müssen wir uns auch mit RMGC zufrieden geben. Wir wollen einfach einen sicheren Arbeitsplatz haben“, so nea Florin.
Inzwischen ist aber auch die Hoffnung der Einwohner langsam geschwunden. Es wird schon gemunkelt, die über 500 RMGC-Angestellten werden zum Großteil entlassen, das Unternehmen werde noch den rumänischen Staat vor Gericht zerren. Dragoş Tănase bestreitet einen Prozess und den Ausstieg von RMGC aus dem Projekt, jedoch nicht den Personalabbau: „Die Aktionäre werden überhaupt nicht aussteigen und auch nicht den Staat vor Gericht zerren. Diese Behauptungen sind falsch“.
Seit sieben Jahren wartet das Projekt auf die Umweltgenehmigung seitens des rumänischen Staates – ohne diese Genehmigung kann das Unterfangen nicht gestartet werden: „Wir befinden uns im siebten Jahr der Umweltevaluation. Es handelt sich dabei um eine Zeitspanne, die jedwelches vernünftige Zeitlimit überschritten hat. Wenn nicht bald Fortschritte gemacht werden, müssen wir mit einer Ausgabenreduzierung rechnen und damit auch mit einem Personalabbau. Wir können uns nicht mehr leisten, diese Anzahl an Angestellten auf Dauer zu erhalten“, so Tănase. „Wir hoffen, die rumänische Regierung wird letztendlich das Projekt befürworten, so dass es zu einer Personalaufstockung und nicht zu einem Personalabbau kommen wird“, fügt er hinzu.
Goldene Historie
Roşia Montană zählt zu den ältesten und bedeutendsten Gold-Lagerstätten Europas. Seit über 2000 Jahren wird hier Gold abgebaut. Die ausgedehnten römischen Galerien, teilweise noch mit römischen Förderanlagen, wurden in den siebziger Jahren von Dr. Volker Wollmann, der sich als Industriearchäologe und –historiker einen Namen gemacht hat, teilweise als Schaugruben zu touristischen Zwecken restauriert. Durch den von RMGC geplanten Tagebau würde dieses Kulturerbe der Menschheit dem Goldabbau zum Opfer fallen. Das Kulturministerium hat es übrigens vermieden, die römischen Goldgruben von Roşia Montană bei der Unesco als Weltkulturerbe anzumelden. Zwar hat die Gold Corporation dem Kulturministerium versprochen, in den kommenden Jahren Kulturprojekte mit insgesamt 70 Millionen Euro zu fördern, was sie auch in einer teuren Fernsehwerbung verkündet, aber das architekturhistorisch interessante Montanstädtchen würden unwiderbringlich verschwinden.
Im Jahr 2000 hat es bei einem anderen Goldbergwerk, in Frauenbach/Baia Mare, wo die gleiche Cyanid-Technologie angewandt wird, nach schweren Regenfällen einen Dammbruch gegeben, der zu einer Umweltkatastrophe führte, wobei die Theiß die verseuchten Wassermassen bis in die Donau transportierte. Umweltorganisationen aus Westeuropa, einschließlich die weltweit aktive Greenpeace, stellen sich deshalb gegen das Projekt der RMGC. Der von ungarischen Dokumentarfilmern erstellte kritische Film „New Eldorado. Gold. The Curse of Rosia Montana“ sorgte für internationales Aufsehen und wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet.