Eigentlich ist Frühjahr immer die Zeit des Jahres für Eltern mit Kleinkindern, in der sie sich nach dem passenden Kindergarten umschauen müssen. Zu sagen, dass man die Qual der Wahl hat, wäre übertrieben, besonders wenn man Angehöriger der deutschen Minderheit ist und/oder man einen deutschsprachigen Kindergarten in Temeswar/Timişoara sucht. Die erste klare Option ist der Nikolaus-Lenau-Kindergarten, weil er inzwischen der einzige staatliche Kindergarten in deutscher Sprache ist. Es gibt zwar noch elf deutschsprachige Abteilungen, innerhalb der stattlichen Kindergärten. Doch das Lenau, bleibt für viele die erste Wahl für sein Kind, die Nachfrage ist somit inzwischen sehr groß. Die Einschreibungen im letzten Sommer haben es gezeigt. Die 70 zur Verfügung stehenden Plätze wurden in nur wenigen Tagen voll besetzt. Da müssen Eltern früh aufstehen, wenn sie ihren Kindern einen Platz beschaffen wollen. Sollte Geld keine Rolle spielen, dann können Eltern auf Alternativen wechseln. Die zwei privaten, deutschsprachigen Kindergärten „Kinderwelt“ und „Montessori“ versprechen Bedingungen wie im Ausland. Der Preis: 240 Euro im Monat bei „Kinderwelt“ und 350 Euro im Monat bei „Montessori“. Für rumänische Verhältnisse sind das Monatsgehälter. Grund, weshalb sich die meisten auch keine der beiden privaten Einrichtungen wirklich leisten.
Doch selbst, wenn das Geld kein Problem darstellt, schrecken viele die alternativen Bildungskonzepte ab, die die beiden Kindergärten fördern.
Montessori und Deutsch
Die italienische Ärztin Maria Montessori arbeitete in ihren letzten beiden Studienjahren als Assistentin an einer psychiatrischen Klinik in Rom. Dort widmete sie sich besonders geistig behinderten Kindern, die in einem verwahrlosten und würdelosen Zustand lebten. Von der Welt vernachlässigt und abgeschrieben, versuchte Montessori den Kindern eine zweite Chance zu geben und stellte schnell fest, dass sie nicht geistig unterentwickelt waren. Was ihnen fehlte, war die richtige Stimulation. Darum entwickelte die Ärztin spezielle Arbeitsmaterialien, um die Neugier, Aufmerksamkeit sowie Konzentrationsfähigkeit der Kinder anzuregen. Ihre Versuche schlugen Erfolge, darum setzte Montessori ihre pädagogische Arbeit fort. 1907 gründete sie in San Lorenzo, einem Armenviertel von Rom, das erste Kinderhaus. Hier verwirklichte sie erstmalig ihre Vorstellungen von Bildung und erweiterte ihre Methode. Als Grundgedanke ihrer Pädagogik formulierte sie die Aufforderung „Hilf mir, es selbst zu tun“. Entgegen den traditionellen Bildungskonzepten, strebte Montessori den Kindern beizubringen, wie sie lernen selbstständig zu denken und zu handeln. Seit über hundert Jahren hat sich die Montessori-Pädagogik als eine Alternative zum klassischen Frontalunterricht etabliert. Heute gibt es allein in Deutschland 600 Kitas, 225 Montessori-Grund- und 156 –Sekundarschulen, die nach den Prinzipien der Montessori-Pädagogik arbeiten.
Seit 2007 gibt es auch in Temeswar ein Montessori-Haus. Gegenwärtig besuchen die Einrichtung 110 Kinder. Davon sind 75 im Kindergarten eingeschrieben und 35 in der Grundschule. Bis zur fünften Klasse können die Kinder nach der Montessori-Pädagogik unterrichtet werden. Danach müssen sie zu einem Gymnasium wechseln, wo nach den klassischen Lehrmethoden unterrichtet wird. Die Umstellung stellt für Kinder meist ein Problem dar. Besonders, wenn sie seit ihrem zweiten Lebensjahr nach der Montessori-Pädagogik unterrichtet wurden.
Auch der von Geraldine Zipple gegründete Kindergarten „Kinderwelt“ arbeitete jahrelang nach der Montessori-Pädagogik. Inzwischen bietet die private Einrichtung auch eine klassische Bildung an. „Viele der Kinder wollen später an die Nikolaus-Lenau-Schule“, so Zipple. „Wir wollen diesen Umstieg erleichtern.“
Was man bei der Wahl beachten muss
Die Wahl des richtigen Kindergartens kann für Kopfzerbrechen sorgen. Darum empfehlen Experten, bei der Vorbereitung vier Schritte befolgen. Zuerst müssten Eltern eine Liste der Kindergärten erstellen. Dabei ist es wichtig, so viele Angebote wie möglich einzuholen, ohne bereits an bestimmte Auswahlkriterien zu denken. Dann muss man sich darüber Gedanken machen, welchen Weg das Kind einschlagen möchte und welche Schulen später in Betracht kämen. Ist die Nikolaus-Lenau-Schule die erste Wahl, dann bleiben auch bei der Wahl der Kindergärten kaum Optionen. Der zweite Schritt, nachdem eine Favoritenliste zusammengestellt wurde, ist der Besuch der Einrichtungen. Die Eltern sollten sich die Kindergärten zuerst persönlich anschauen. Nur so kann man sich den besten Eindruck davon machen, ob es den eigenen Erwartungen entspricht. Ist der Kindergarten sauber, wie sind die ErzieherInnen, wie ist die Atmosphäre. Manche Kindergärten, besonders die privaten, bieten auch einen Rundgang an. Im Falle des Montessori-Hauses werden die Eltern auch darüber aufgeklärt, was man unter Montessori-Pädagogik überhaupt verstehen sollte.
Zeit ist auch sehr wichtig, besonders, wenn man nicht sehr viel hat. Darum sollten sich Eltern mit Großeltern oder anderen Familienmitgliedern zuerst hinsetzen und schauen, wie das Programm der Kindergärten ausschaut. Muss jemand das Kind am Mittag abholen oder bietet es ein verlängertes Programm an.
Doch selbst, wenn einem ein Kindergarten gefällt, die Programmzeiten passen und auch finanziell keine Probleme sind, so muss noch jemand das entscheidende OK geben, nämlich das Kind selbst. Darum sollten Eltern auch mit den Kindern die potenziellen Einrichtungen besuchen, um zu schauen, wie das Kind sich dort einleben könnte. Ideal wäre es, wenn das Kind an Aktivitäten oder Spielen teilnehmen könnte, um so einen ersten Eindruck zu gewinnen, wie es sich die Gruppen integrieren würde.
Top drei private Kindergärten
Es muss nicht unbedingt ein deutschsprachiger Kindergarten sein. Wenn sie eine gute Einrichtung wollen, wo die Sprache und das Geld keine Rolle spielen, dann können Eltern eine Fülle von privaten Kindergärten in Temeswar finden. Zu den Favoriten gehören der „Barbie“-Kindergarten. Es ist die perfekte Kompromisslösung für wohlhabende Eltern, die auf eine Fremdsprache nicht ganz verzichten wollen, dafür aber auf alternative Lehrmethoden. Der Kindergarten bietet Intensivkurse für Deutsch und Englisch an sowie für weitere Sprachen wie Italienisch und Spanisch. Je nach Programmzeiten variieren auch die Tarife. Wer sein Kind nur für vormittags zwischen 7.30 Uhr und 12.30 Uhr einschreibt, zahlt monatlich 400 Lei. Soll das Mittagsessen noch inbegriffen sein, dann müssen Eltern 550 Lei zahlen. Bleiben die Kinder auch am Nachmittag, beträgt der Tarif 680 Lei/Monat.
Ähnliche Tarife bietet auch der Kindergarten Gimmini an. Und genau wie „Barbie“ werden auch hier verschiedene Kurse angeboten. Ganz flexibel aber auch ungemein teurer als die beiden bereits erwähnten ist das Children Care Centre. Wer sein Kind nur für den Vormittag einschreibt, zahlt im Monat 575 Lei. Für jeweils zusätzlich eine Stunde wächst auch der Tarif um 100 Lei. Wer sein Kind hier um 8 Uhr abgibt und erst Abends um 19 Uhr wieder abholt, muss monatlich 1.000 Lei bezahlen.
Die Zukunft des Kindes beginnt hier
Bei den staatlichen Kindergärten ist besonders die Nummer 20 sehr beliebt. Sie ist, nach dem Nikolaus-Lenau-Kindergarten, die mit dem größten Andrang. Ja, wer erst im Frühjahr mit der Suche anfängt und nicht schnell reagiert, der muss dann auf Kompromisse umsteigen. Die begehrten Kindergärten-Plätze gehen schnell weg. Geld, Bildungsmethoden sowie Programmzeiten sind wichtige Kriterien, die man bei der Wahl niemals aus den Augen lassen sollte. Denn es geht schließlich um die Zukunft des eigenen Kindes. Und ihr Erfolg hängt schon von der richtigen Wahl des richtigen Kindergartens ab.