Dragos Buhagiar entwarf für sechs Produktionen des Deutschen Staatstheaters Temeswar das Bühnenbild. Seine erste Arbeit für das Theater war die Deko aus der Radu Nica-Inszenierung „Shaking Shakespeare“. Fünfmal erhielt Buhagiar den UNITER-Preis. Er wirkte an über 40 Produktionen im ganzen Land mit. Er entwarf auch das Bühnenbild für das neue Musical des DSTT „Cabaret“. BZ-Redakteur Robert Tari sprach mit Buhagiar über seine Karriere und die Arbeit am DSTT.
Herr Buhagiar, was muss ein gutes Bühnenbild haben?
Ein gutes Bühnenbild muss unsichtbar sein. Ich weiß, dass es keinen Sinn ergibt. Darum sollte ich es umformulieren: Das Bühnenbild muss das Yin zum Yang sein, wobei das Yang in diesem Fall das Regiekonzept ist sowie die Arbeit der Schauspieler. Das Bühnenbild muss der Regie und dem Text dienen. Viele meiner Kollegen betrachten Bühnenbilder als in sich geschlossene Kunstwerke, worin Schauspieler hüpfen. Und ich meine namhafte Bühnenbildner, die ihre Arbeit vorrangig betrachten. Und ich persönlich teile ihre Ansicht nicht und darum wäre es gut, wenn man das Bühnenbild eigentlich nicht bemerkt, es nicht so prominent im Vordergrund steht. Bei anderen Produktionen habe ich mich auch darum bemüht, jedoch ist es im Falle eines Musicals schwieriger, weil es mit Sprechtheater nicht vergleichbar ist.
Welche Bühnenbildner, ob national oder international, haben Sie persönlich beeinflusst?
Ihre Leser werden wahrscheinlich mit Richard Peduzzi kaum etwas anfangen können, darum würde ich lieber rumänische Einflüsse aufzählen: Florica M²lureanu, Radu und Miruna Boruzescu sowie Helmut Stürmer mit dem mich auch eine innige Freundschaft verbindet. Stürmer halte ich für einen überaus wichtigen Künstler, der trotz seines Alters noch immer als Bühnenbildner präsent ist.
Sie wurden als ein Künstler beschrieben, der um Bukarest einen großen Bogen macht. Wieso meiden Sie die Hauptstadt?
Ich mache Theater dort, wo man Theater machen kann. Zeiten ändern sich, und gegenwärtig entwickelt sich das Theater dort in eine seltsame Richtung, obwohl es so viele talentierte Künstler dort gibt. Aber die meisten setzen andere Prioritäten fest. Es hat nichts mit Talent oder mit Geld zu tun. Sie finden einfach nicht mehr die Zeit fürs Theater, weil sie an mehreren „Projekten“ gleichzeitig arbeiten, die uns nichts angehen. Ich wohne auch in Bukarest, habe jahrelang dort gearbeitet und zwar ehrlich. Ich habe mir mein Geld nicht mit Theater verdient. Aber, wenn ich an einer Theaterproduktion arbeiten musste, dann konzentrierte ich mich darauf. Ich gab die restlichen Projekte auf und arbeitete zwei Monate lang nur an dem Bühnenbild für das jeweilige Stück. Ich weiß, dass es harte Zeiten sind und dass man als Theatermensch verhungert. Und das nur, weil wir von der Politik für dumm verkauft werden. Unseren Politikern geht es doch nur darum, ihre eigenen Taschen zu füllen. Es gibt nichts traurigeres, als einen armen Künstler, der sich verkaufen muss. Ich habe mich verkauft. Ich habe mich bewusst dafür entschieden fürs Fernsehen zu arbeiten und in der Werbung. Was ich damit sagen will, ich bin kein Idealist. Ich habe für Geld gearbeitet, um mir meine Existenz zu sichern. Aber ich habe immer Geschäft und Theater voneinander getrennt.
Sie arbeiten mit dem Deutschen Staatstheater seit der Produktion „Shaking Shakespeare“ zusammen. Wie ist es für ein Theater zu arbeiten, dass in erster Linie eine Minderheit bedienen soll?
Das Deutsche Staatstheater mag ein Minderheitentheater sein, das spiegelt sich allerdings in seinem Repertoire nicht wieder. Lucian Varsandan will sich an die Mehrheit richten und das kann auf lange Sicht dem Theater helfen, aus ihrer Rolle als Minderheitentheater rauszuwachsen. Immerhin hat das Deutsche Staatstheater mit zwei Aufführungen am Nationalen Theaterfestival teilgenommen und das als Minderheitentheater während andere rumänische Theaterhäuser gar nicht beachtet wurden. Ich arbeite hier gern. Weil das Personal toll ist. Die Techniker sind gut, weil sie ihrer Arbeit nachgehen ohne Attitüde zu zeigen. Niemand würdigt ihre Arbeit, weil niemand weiß, was sie leisten. Die Schneiderin hier am Haus ist eine der besten mit denen ich in meiner Karriere zusammengearbeitet habe. Der Zuschauer kriegt das nicht mit und das obwohl wir ohne sie unsere Arbeit nicht machen könnten.
Womit fangen Sie an, wenn Sie ein neues Bühnenbild entwerfen müssen?
Ich schaue mir immer den Text an, dann setzte ich mich mit dem Regisseur hin und wenn man es mit einem kreativen Menschen zu tun, der Ideen und eine Richtung hat, dann ist die Arbeit ein Vergnügen. Und wenn alle am gleichen Strang ziehen, dann hat man auch Ergebnisse.
Wie stark können Sie eine Produktion bzw. das Regiekonzept beeinflussen?
Es gibt Vorstellungen bei denen dem Regisseur das Bühnenbild egal ist und er mir freie Hand lässt. Das ist mir aber in letzter Zeit nicht mehr passiert. Wenn du mit Silviu Purcarete oder Alexandru Dabija arbeitest, geht das schwer. Das sind Künstler, die ihre eigenen Vorstellungen über das Stück haben. Purcarete ist auch selber ein talentierter Bühnenbildner. Aber auch bei der Arbeit an „Cabaret“ mit Razvan Mazilu war es eher ein Zusammenspiel. Razvan ist in erster Linie ein Choreograf und ein guter. Er wusste, was er mit dem Libretto anfangen sollte. Wir wollten nichts neu erfinden, sondern das herauspicken, was uns persönlich an dem Stück gefällt. Ich wusste schon vor einem halben Jahr, was wir uns von dem Stück erhoffen.
Mit so vielen Auszeichnungen und dem Renommee ist es auch einfacher sich als Bühnenbildner durchzusetzen und eine Richtung vorzugeben.
Das mache ich nicht. Ich komme mit Vorschlägen. Einen Text kann man unterschiedlich interpretieren. Es ist nicht gut, wenn man auf bestimmte Ideen festfährt. Ich gebe keine Richtung an, ich unterbreite nur Vorschläge. Es ist ein offenes Gespräch, wo jeder seinen Senf dazugeben kann. Und so müsste es zwischen Künstlern sein.