Seit Jahren veröffentlich Bianca Barbu Gedichte und Prosatexte in den Sammelbänden des Literaturkreises Stafette. Im Herbst 2013 beendete Barbu ihre Arbeit an „Schritte“ – ihrem ersten Buch. Wir nannten es ein Best Of der Autorin, weil sie darin bereits veröffentlichte Texte zusammengetragen hat. Barbu ist schonungslos direkt und spielt mit gängigen Klischees und stellt so gesellschaftliche Normen in Frage. BZ-Redakteur Robert Tari unterhielt sich mit der Autorin über ihre bisherigen Texte, den literarischen Einflüssen und weshalb sie auf Ironie nicht verzichten kann.
Sie haben auf den Deutschen Literaturtagen in Reschitza Ihr erstes Buch vorgestellt. Sie haben es „Schritte“ getauft. Weshalb?
Ich habe diesen Titel als Anspielung auf meinen literarischen Werdegang gewählt. Es handelt sich also um meine ersten Schritte in der Literatur. Es ist kein besonders origineller Titel, denn es haben ihn schon viele für ihr erstes Buch verwendet. So zum Beispiel der österreichische Autor Hans Dama, was ich erstmals in Reschitza erfahren habe. Auch sein erstes Gedichtband, das er Anfang der 1980er veröffentlicht hat, nennt sich „Schritte“. Es ist eben ein Titel der sich für einen ersten Band gut eignet. Und ich habe dazu auch ein kleines Gedicht geschrieben. Es besteht aus bekannten Sprichwörtern, die das Wort „Schritte“ beinhalten. Sprichwörter widersprechen sich. Und gerade das wollte ich zeigen. Denn viele Menschen nehmen sie für bare Münze. Doch es sind keineswegs Dogmen bzw. unanfechtbare Wahrheiten, eben weil Sprichwörter sich gegenseitig abschaffen können. Und das finde ich witzig.
Der Titel des Buches soll aber nicht nur auf meine literarischen Anfänge hinweisen. Ich experimentiere gerne mit Erzählperspektiven. Ich schreite somit in verschiedenen Schuhen. Auf Englisch würde man sagen „to walk in someone else’s shoes“, also „in den Schuhen von anderen laufen“.
In welche Fußstapfen möchte denn Bianca Barbu, die Schriftstellerin, treten?
Ich habe keine besonderen Vorbilder. Es gibt viele Schriftsteller, deren Werke ich gerne lese. Ich mag zum Beispiel Heinrich Böll sehr. Aber ich würde es mir nie anmaßen, in seine Fußstapfen zu treten. Wer mir allerdings gefällt und an wen ich mich gerne auch annähern würde, das sind junge deutsche Schriftsteller, die vielleicht noch keine Weltliteraten sind, aber deren Stil ich mag. Sie schreiben oft witzig, oft ironisch. Ich habe früher auch traurige Texte geschrieben. Mit der Zeit lernt man aber, dass das Leben schon ernst und traurig genug ist. Ernst ist gut, aber ein Schuss Ironie sollte nicht fehlen. Damit man am Ende auch darüber lachen kann.
Die besten Tragödien sind meistens Komödien und hinter Ihrem Humor steckt doch leichte Gesellschaftskritik.
Klar. Die witzigen Texte üben auch Kritik an bestimmten Dingen aus, die mich persönlich stören oder die mir aufgefallen sind. Aber nicht nur mir. Es sind eben Sachen, die die meisten Menschen schon bemerkt haben und woran sich viele stören. In dem Sinne ist es vielleicht nicht originell, aber ich spiele gerne mit Klischees. Und es hat ja bei mir mit Schulaufsätzen und Aufsätzen für Deutscholympiaden begonnen. Also, klar sind es Binsenwahrheiten. Ich meine, wenn ich mich über Facebook lustig mache, dann wissen ja auch die meisten, welchen Einfluss soziale Netzwerke auf uns ausüben und worin das allgemeine Problem besteht. Es werden fleißig andere kritisiert, obwohl man selber ja nicht besser ist. Was dann zu einer Relativierung führt. Ich benutze schließlich ja auch Facebook, selbst wenn ich mit dem Finger darauf zeige.
Welches sind denn von Ihren Texten die persönlichen Favoriten?
Das Gedicht „Schreibt uns nicht ab“ gefällt mir sehr. Ich habe es auch oft auf Lesungen vorgestellt. Den Text schrieb ich für einen Literaturwettbewerb, den die Deutsche Botschaft jährlich ausschreibt. Das Thema in dem Jahr war „Abschreiben“. Ich erhielt dafür auch den Hauptpreis. Darin versuche ich ein Problem aus verschiedenen Perspektiven anzureißen, also das gesellschaftliche „Abschreiben“. Zu meinen weiteren Favoriten gehört der Text „Der Schneeschatten“, weil er in mir Erinnerungen weckt. Vielleicht können andere mit dem Text nicht viel anfangen, aber für mich hat er auch eine persönliche Bedeutung. Ich lese ihn darum auch kaum. „Dünne Wände“ mag ich auch ganz besonders (lacht), weil er aus dem Alltag spricht.
Sie können in Ihren Texten gnadenlos direkt sein, fallen dann aber schnell auf einen ironischen Unterton zurück. Zum Beispiel in dem von Ihnen erwähnten Gedicht „Dünne Wände“.
Ich wollte mit dem Gedicht ausdrücken, dass viele Menschen heute sehr nah beieinander leben. Besonders wenn man in den sozialistischen Plattenbauten wohnt. Und man kriegt alles mit, was der Nachbar tut. Auf der Straße geht man sich aber meistens aus dem Weg. Es geht um eine falsche Nähe. Ich denke, man kriegt all die unangenehmen Details des anderen mit, da möchte man sich eigentlich gar nicht mehr kennen (lacht). Ich finde, dass meine Texte manchmal zu direkt sind. Das Unterschwellige fehlt mir persönlich schon.
Aber gerade das macht den Reiz aus. Dieses Gegenspiel von krasser Direktheit, die man heutzutage bei Menschen vermisst, und unterschwelliger Ironie. Wodurch die Texte nicht belehrend wirken, sondern Tatsachen bloßstellen und uns zeigen, dass man darüber durchaus lachen kann.
Wie hieß es bei Heine doch gleich: „Mein Fräulein! Sein Sie munter,/ Das ist ein altes Stück;/ Hier vorne geht sie unter/ Und kehrt von hinten zurück.“ (lacht). Ich liebe komische Lyrik und die von Heinrich Heine besonders. Hoffentlich werden meine nächsten Texte, wenn ich Zeit für sie finde, ähnliche Pointen beinhalten.