Euphorie in Bukarest ob dem Urteil des Obersten Gerichtshofs von Chişinău, dass das Rumänisch der Republik Moldau rumänisch und nicht moldowänisch ist. Eine rezzorische Feststellung, zumal in der rumänischen Linguistik angesichts des akademisch-politisch dekretierten Fehlens von Dialekten (im Sinne des „einheitlichen Nationalstaats“ der Verfassung) und im Sinne der Interpretation, dass Dialekte Zeichen der Vielfalt, der – auch zentrifugalen – Diversität, also der Uneinheitlichkeit sind) des Abtuns der Besonderheiten des Rumänischen der Moldau als „grai“, als Aussprachevarianten. Tiefer zu gehen weigert sich nahezu jedermann, denn „Basarabia e România“ steht auf Millionen Zettelchen an Straßenlaternenpfosten und Müllschluckern. Das geht ins Unterbewusstsein.
Kein Zufall, dass die Rumänisch-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Moldawiens zeitnah zum Vertrag von Vilnius bekanntgegeben wurde. Natürlich hupfte Präsident Băsescu sofort auf den vorbeistreunenden Hund und ließ sich in Chişinău von einer mäßig begeisterten Menge feiern, als (wievielter?) Vereiniger rumänischer Lande. Dass er mit politischem Instinkt sofort auf das „nächste große nationale Projekt Rumäniens“ zu sprechen kam, die „Wiedervereinigung“, das war egozentrisches Kalkül des Haupts des Băsescu-Clans, um von der suspekt-prompt-problemlosen Millionen-Euro-Kreditierung der Băsescu-Tochter Ioana durch die einzige Staatsbank Rumäniens, die Sparkasse CEC, abzulenken. Wonach sich, inzwischen ziemlich zweifelsfrei, herausstellte, dass sie als Strohfrau für den Papa aufgetreten ist.
Dass jüngsten Umfragen zufolge mehr als 70 Prozent der Bürger Rumäniens eine „Wiedervereinigung“ wünschen, das ist ein Beweis mehr für den unfehlbaren Instinkt des Populisten an der Staatsspitze Rumäniens.
Wenn zum Nationalfeiertag Rumäniens am 1. Dezember sowohl Moldawiens Präsident, als auch dessen Verteidigungsminister in Bukarest die Parade abnahmen (Der Künstler Dan Perjovschi: „Für mich wird Nationalfeiertag sein, wenn statt Panzern Künstler aufmarschieren!“), das zeigt, dass sie nicht von Europa, sondern von Bukarest lernen... Und wenn inzwischen 2018 als „Jahr der Vereinigung“ angeträumt wird, 100 Jahre nach 1918, das ist sicher mehr als eine Ironie des Schicksals. Aber ob es nationalistische Ignoranz genannt werden kann, das wird uns erst die Zeit zeigen.
Denn in erster Linie ist die Ostpartnerschaft der EU keine Einbahnstraße zum EU-Beitritt, nicht einmal ein Assoziierungs- und Freihandelsvertrag. Deshalb, und weil Moldawien so klein und unbedeutend ist, sieht sie Rußland auch mit so viel Gelassenheit. Zum Unterschied zur Ukraine. Da sprach der Bär sein Würgewort.
Ein stabile und kalkulierbare Nachbarschaft mit der EU ist das höchste, was zu erwarten ist. Den Widerstand innerhalb der Geberländer gegen eine weitere EU-Vergrößerung wird Rumänien nicht brechen. Über das Klettengeknäuel im moldawischen Schafpelz, das dies- und jenseits des Dnjestr herrscht, schweigen sich eh alle aus.