„Vor zwei Jahren haben die Forscher einen neuen Stern in unserer Galaxie, in der Milchstraße entdeckt, der viele Tausend Lichtjahre von uns entfernt liegt. Wir alle haben einen solchen Stern – es ist Maria, unser Morgenstern“, sagte Johann Dirschl, der Generalvikar der römisch-katholischen Diözese Temeswar/Timisoara, der die Heilige Kirchweihmesse gemeinsam mit seinem Bruder, Mates Dirschl, in Neuarad/Aradul Nou zelebrierte. Die römisch-katholische Kirche in Neuarad, erbaut in den Jahren 1812-1821, ist dem Fest Mariä Namen geweiht. Voll war die Kultstätte am Sonntag, zahlreiche Banater Schwaben waren gekommen, um dem Kirchweihfest, dem wohl wichtigsten Ereignis im Leben der deutschen Gemeinde aus Arad, beizuwohnen. Dazu hatten das Demokratische Forum der Deutschen in Arad (DFDA), der Arbeitskreis „Banat-JA“ e.V., die römisch-katholische Kirchengemeinde Neuarad und das deutsche Adam-Müller-Guttenbrunn-Lyzeum eingeladen.
39 Paare reihten sich vor dem Altar, an der Spitze des Kirchweihzugs standen in diesem Jahr Benjamin Nägl und Andrada Stânceau. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren unterschiedlichen Alters: vom vierjährigen Kindergartenkind bis zum 30-jährigen jungen Mann war alles dabei. Die Mädchen hatten ihre traditionellen rosa Trachten an, die bereits zwei-drei Wochen vor dem Ereignis gewaschen, gestärkt, gebügelt und für die Kirchweih hergerichtet wurden. „Wir haben in uns in den vergangenen drei Wochen jeden Tag getroffen, um zu proben“, sagte Bettina Nicoar²-Szellner, die Geschäftsführerin des Arbeitskreises „Banat-JA“ e.V., der im kommenden Jahr sein 25-jähriges Jubiläum begeht. Im Verein sind zur Zeit zwischen 30 und 40 Jugendliche im Alter von 14 bis 30 Jahren aktiv, die sich mindestens ein Mal in der Woche treffen. Dazu kommen ungefähr genau so viele Kinder, die unter der Leitung von Adelheid Simon, der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen (ADJ) in Rumänien, und Grundschullehrer Lucian Trif banatschwäbische Tänze einlernen oder verschiedenen anderen Aktivitäten wie Singen oder Basteln nachgehen.
Nach dem Gottesdienst begaben sich die Jugendlichen in den Hof des Pfarrhauses, wo sie zur Musik der N²dl²ceanca-Blaskapelle tanzten. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Arader Kirchweih spricht Deutsch. Deutsche Wurzeln haben allerdings nur die wenigsten, doch das ist schließlich auch egal, denn im Banat ist man es ja gewohnt, die Feste interethnisch und interkulturell zu feiern. „Im Jahr 2000 hat es einen Umbruch gegeben. Damals hat nämlich der Kirchenrat beschlossen, dass auch Andersnationale bei der Kirchweih willkommen sind“, sagte der DFDA-Vorsitzende Michael Szellner. Ein gutes Zeichen, denn nach der Auswanderung der Banater Schwaben war deren Zahl stark zurückgegangen, sodass sich sogar weniger als zehn Paare bei der Kirchweih vorgestellt hatten. Das Interesse, an der Kirchweih teilzunehmen, nimmt stetig zu: In diesem Jahr meldeten sich über 40 Paare an, letztendlich kamen 39 zusammen.
„Buwe, was han mer heit?“ hieß es erneut, doch in Arad waren es nicht nur Männerstimmen, die die spezifischen Kirchweihsprüche aus voller Kehle schreien durften. In Neuarad schreien nämlich auch die Mädchen – und sie taten es zumindest genauso laut wie die Jungen. „Wir haben eine sehr demokratische und frauenfreundliche Gemeinde“, sagte Forumsvorsitzender Michael Szellner.
Ein Blickfang waren die Paare, die durch Neuarad marschierten. Dass der Aufmarsch Groß und Klein Spaß bereitete, das sah man den vielen lachenden Gesichtern an, wobei der Spaß bestimmt auch mit ein bisschen Stolz verbunden war. „Es ist natürlich ein schönes Gefühl, durch die Straßen zu gehen und von allen bewundert zu werden“, sagte Bettina Szellner. Am Nachmittag ging das Kulturprogramm im Zentrum von Neuarad weiter. Traditionsgemäß wurde der Kirchweihstrauß versteigert. Die diesjährige Gewinnerin des Straußes war ADJ-Chefin Adelheid Simon, die ihn als Dankeschön den ältesten Mitgliedern von Banat-JA schenkte. Das Fest klang kurz nach 20 Uhr aus. Der traditionelle Kirchweihball wurde wegen der Schuljahreseröffnung am Montag auf ein zur Zeit noch unbekanntes Datum vertagt.
Die Zahl „13“ brachte den Aradern Glück, denn am Sonntag, dem 13. September, als das Kirchweihfest über die Bühne ging, schien die Sonne und es war angenehm warm in Neuarad. Eine Statistik, die der römisch-katholische Pfarrer Anton Schulter führte, machte nämlich deutlich, dass es in 80 von 100 Jahren bei der Kirchweih in Neuarad geregnet hatte. Zur Freude aller Teilnehmer wurde in diesem Jahr mit der Tradition des regnerischen Kirchweihwetters gebrochen.