Bei „Charlie Hebdo“, am 7. Januar 2015, war alles klar: die Satiriker wähnten sich im Schutz einer 300-jährigen französischen Tradition der legalen Schandschnauze – der „Satire“; die muslimischen Mörder wähnten sich im Recht, ihren Gott durch Mord zu verteidigen. „Je suis Charlie!“ wurde europäisch-christliche Identität, obwohl das im Grunde, vom Ansatz abendländischer Ethik und Kultur, problematisch war.
Die Pariser Morde vom 13. November kippten die Rezeption dieses Bildes. Logik fehlte. Dafür purer Hass. Organisation bloß für Mordeffizienz und Schock. Zu dessen Verständnis muss man die neusten russischen Kriegsstrategien und –theorien (- die Clausewitz anzweifeln, umgesetzt in der Ostukraine und auf der Krim, nicht wahrgeglaubt durch Westeuropa und die Nato), aber auch die Mechanismen des islamischen und globalen Terrorismus kennen.
Dabei behilflich sein kann die Theorie der „drei R“: Rache, Ruhm und Reaktion. Autorin: die irische Politikwissenschaftlerin Louise Richardson, ab 2016 Rektorin der Oxford-Universität. Sie führte Gespräche mit Terroristen europäischer und lateinamerikanischer Gangs und filterte die „drei R“ heraus, glaubhafte Beweggründe für Terroranschläge, die sie in einem Buch erläutert (Titel: „Was Terroristen wollen“).
Rache wollen Terroristen (sie kommen meist aus kolonial gedemütigten oder märtyrisierten Ländern - man denke an Nordwestafrika oder die Äquatorialländer, die von Frankreich langfristig mit heute abgelehnten Methoden beherrscht und z.T. immer noch durch die Präsenz französischer Truppen vorgeführt werden), weil die koloniale Vergangenheit nicht verwunden ist. Rache an Massen, auch für Einzeldemütigungen, die Fortleben.
Die medialen Reaktionen auf Terroranschläge bringen Ruhm. Die Biografien der Terroristen sind eine begehrte Lektüre. Sie und ihr Umfeld werden bekannt. Auch posthum. Unter den „Ungläubigen“ und in den eigenen Milieus. Ungerechtigkeiten zum Rächen und Ruhmernten finden sich. Immer. Terroristennachwuchs auch.
Für Ruhm braucht man spektakuläre Anschläge, Zündung großer Aufmerksamkeitsexplosionen. Und Tote. Viele Tote. Dass das auch im islamischen Himmel was bringt, dafür ist der Glaube zuständig. Rachelust und Ruhmbedarf hat jeder Mensch. Beides früh zu schüren (Man denke an die gesteuerten Selbstaufputschvorgänge des 17-jährigen Islamkonvertiten aus Craiova... und dass die meisten Terroristen um die 30 sind).
Je abartiger und, europäisch gesehen, ungerechter ein Attentat, umso kopfloser, also wunschgerechter die Reaktion. Mit Gewalt auf Gewalt reagieren bringt nichts.Zu ungleich sind die Mittel. Gesetz und Recht im Nachteil. Die Politik muss einen Weg finden. Soziokulturell ist das Milieu, der Resonanzraum des Terrors, auszuhebeln, umzuformen. Es muss eine religiös-ökonomisch-diplomatische Strategie geben, mit Aussteigerprogrammen. Mental intelligente Vorgehensweisen.
Sonst bleibt es bei dem, was „Geier Sturzflug“, mit dem Banater Jóschi Kappl an der Bassgitarre, vor 40 Jahren sang: „Besuchen Sie Europa/ Solange es noch steht!“