Als wir vor ein paar Wochen in der BZ das Buch von W. Totok und E.-I. Macovei über „Mythos und Bagatellisierung“ des rumänischen Faschismus vorstellten, kam ein Element zu kurz: die bedrohliche Aktualität des Themas einerseits, andrerseits die Welle neo-nationalistischer Tendenzen (mit mehr oder weniger betonten retroaktiven Wurzeln) bei rumänischen Spitzenpolitikern der Gegenwart: Ex-Staatschef Traian Băsescu, der sich als der gefährlichste und aggressivste Wendehals des Jahrzehnts entpuppt und Ex-Regierungschef Victor Ponta, der ab dem Präsidentschaftswahlkampf 2014 sich als Nationalist outete und versucht hat, auf diesem weiß übertünchten Pferd die Wählerschaft hinters Licht zu führen (und, auch damit, den Wahlkampf verlor). Mit den beiden sind zwei immer nationalistischer sich Gebärdende genannt, die Brachfeld mit nationalistischen Saat besäen: eine denkfaule Wählerschaft, die meinungslos oder mit eingeimpften Ideen bereitsteht. Dumm, aber zahlreich.
Ein wiederaufkeimender aggressiver rumänischer Nationalismus zwischenkriegszeitlicher Faktur wird von den Kommentatoren als unwahrscheinlich eingeschätzt, sollte aber auf keinen Fall ignoriert werden. Wenn die Securitate – grundlos, aber nationalistisch verbissen – bis Mitte der 1980er Jahre die „Deutschen Faschisten“ unter Beobachtung hielt, sollte sich der Oberste Verteidigungsrat Rumäniens wenigstens einmal auch mit „Nationalismus, selektivem Patriotismus, Fremdenhass“ und Ähnlichem beschäftigen. Mit den Jubiläen von 1918 besteht ein Grund, Präventivmaßnahmen gegen einen auch in Mitteleuropa nicht ignorierbaren konfrontativen Nationalismus zu treffen. Blick zurück: erst im jüngsten Kommunalwahlkampf hatte die PNL, unter ihren vielen Missgriffen und Rumtapsereien, einen Marian Munteanu als Bürgermeisterkandidat für Bukarest aufgestellt, einen Apologeten des Faschistenführers Corneliu Zelea Codreanu.
Faschismus und Nationalismus gehen in der rumänischen Öffentlichkeit Hand in Hand mit Opportunismus, Bildungsmängeln bis aggresiver Ungebildetheit, nationaler Frustrierung und Herdentrieb (vor allem im Fall der beiden Obengenannten, trotz – oder wegen? - ihrer Kontakte mit der internationalen Politik), Janusköpfigkeit gegenüber Brüssel (alles, was von dort kommt, schädigt unser Nationalgefühl und die nationale Ehre, aber von Brüssel wollen wir nicht los), Unfähigkeit zur intellektuellen Untermauerung der Ideologie (bestes Beispiel: der Möchtegern-Schauspieler Dan Puric, ein Alleinunterhalter auf dem Nationalismuspferd, mit Riesenerfolg unter frustrierten Halbgebildeten), religiöses Pharisäertum, Fremdenhass und Technik-Skeptizismus.
Politisches Scheitern schuf den neuen rumänischen Nationalismus. Vertreten wird er von denjenigen, denen Bildung zum Verstehen der Welt einfach fehlt.