„Eine Landkarte ist eine Vereinfachung in extremis, aber so funktioniert nun mal die menschliche Erkenntnis, durch Vereinfachung, damit auch durch die Falsifizierung der Wirklichkeit – aber anders könnten wir sie auch nicht als Ganzes wahrnehmen – und durch das Beherrschen, durch Dominanz. Durch das Kartografieren kann man beherrschen“. So lautete der Einstieg, den Universitätsbibliotheksdirektor Vasile Docea vor Kurzem vor dem Vortrag verlauten ließ, der den Historiker Josef Wolf vom Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde aus Tübingen nach Temeswar gebracht hat.
Davor hatte Josef Wolf Studenten der Geographie-Fakultät der West-Universität Temeswar durch die Ausstellung „Landkarte und Territorium: Rumänien in der europäischen Kartografie zwischen dem XV. und dem XIX. Jahrhundert“ begleitet, die er am Vortag als Kurator in der Mansarde der Theresienbastei eröffnet hatte. Die Ausstellung wurde von dem Nationalen Museum des Banats und der Stiftung Art Encounters sowie dem Institut für sozial- und geisteswissenschaftliche Studien in Hermannstadt organisiert. 120 Karten sind bis zum 28. Februar ausgestellt. Dabei stammt die älteste Landkarte, die gezeigt wird, aus dem Jahr 1478. Die Karten sind aus den Sammlungen Dr. Ovidiu Șandor (Temeswar), Dr. Lucian Ștefan (Ulm) sowie aus der Zentralen Universitätsbibliothek „Lucian Blaga“ aus Klausenburg ausgeliehen. Die Eröffnungsrede sprach Akad. Ioan-Aurel Pop, der Präsident der Rumänischen Akademie.
Für die Besucher des Vortrags in der Zentralen Universitätsbibliothek Temeswar suchte Josef Wolf als Thema „Die erste Karte des österreichischen Banats“ aus. Eingeladen hatten dazu die Zentrale Universitätsbibliothek, die West-Universität Temeswar, das Demokratische Forum der Deutschen im Banat sowie der Deutschsprachige Wirtschaftsclub Banat.
Josef Wolf, gebürtiger Arader, der Geschichte und Anglistik an der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg studiert hat, war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Nationalmuseum für Siebenbürgische Geschichte in Klausenburg und ist seit 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter des IDGL, wo er den Forschungsbereich Historische Siedlungsforschung leitet.
Der Historiker begann seinen Diskurs mit der bekannten Aussage des Linguisten Alfred Korzybski „Die Landkarte ist nicht das Gebiet, die Landkarte repräsentiert das Gebiet“. Die zu einer Revolution in der Perzeption und Analyse der Landkarten geführt hat. Josef Wolf erklärte dem Auditorium, wie man historische Karten zu lesen und deuten hat, Karten von damals, als man als Maß noch den Schritt nahm.
Nicht nur für junge Menschen, die weniger an das Kartenlesen gewohnt sind, war der Vortrag eine Bereicherung, auch ältere Semester, die an der Geschichte des Banats interessiert sind, haben sich davon angezogen gefühlt.