Es ist Traditionspflege, wenn in den Dörfern der Banater Heide und Hecke auch heute noch Kirchweihfeste gefeiert werden. Einst hatten praktisch nur die Deutschen im Ort ein großes Fest, heute ist es „ein Fest, das Generationen zusammenbringt“, sagt der Lowriner Bürgermeister Marius Graur. Und diese Tradition ließ die Gemeindeverwaltung zusammen mit dem Deutschen Ortsforum, mit der Heimatortsgemeinschaft, der katholischen Kirche und mit den Bewohnern der einstigen Schwabengemeinde am vergangenen Wochenende neu aufleben. Just im 240. Jahr seit der Ansiedlung des Dorfes durch deutsche Kolonisten nahmen die Lowriner nach mehr als drei Jahrzehnten Pause den Brauch auf, zum Kirchweihfest nicht nur einer Festmesse beizuwohnen, sondern in Tracht durch die Straßen zu ziehen, Marsch- und Tanzmusik erklingen zu lassen und zu feiern, so wie man es von vor Jahrzehnten kennt.
Erinnerungskultur kann man so etwas getrost nennen. Und damit dies auch umsetzbar ist, stellten zwei ausgewanderte Lowriner zusammen mit ihren Gattinnen die Geldherrenpaare: Dieter und Ester Rennich bzw. Doru und Herta Streckfusz. Auch weitere Lowriner, die heute in Deutschland leben, waren angereist, Lowriner Jugendliche, die auch heute noch im Ort leben, hatten die Tracht angelegt und Freunde, sprich, Tanzgruppen, aus mehreren Ortschaften waren dabei, als es um Aufmarsch und Tanzvorführungen ging.
Unter dem Kirchweihbaum, ist kein Fass aufgestellt, sondern ein Podest, denn zum ersten Kirchweihfest nach mehr als drei Jahrzehnten in Lowrin sollen gleich mehrere Menschen darauf Platz nehmen können. Zunächst die beiden Geldherren, dann die Vokalsolisten der musizierenden Band Nadlacanka und nicht zuletzt die künftigen Straußgewinner. Und gerade diese Straußversteigerung wurde zu einem besonderen Ereignis des Kirchweihfestes und nicht wie heute mancherorts üblich, wie eine Pflichtübung schnell abgetan. Zunächst machte sich bei den beiden kräftig mitsteigernden Jugendlichen, Paula Petrea aus Tschanad und Mario Mateaș aus Lowrin, Enttäuschung breit, denn bei der „amerikanischen Versteigerung“ - mit gestellter Weckuhr - gewannen Karla und Richard Wirth den Strauß, doch diese schenkten den Strauß dem jungen Paar, sodass Paula Petrea und Mario Mateaș letztendlich Straußgewinner 2024 in Lowrin wurden.
Die Lowriner hatten für ihr diesjähriges Kirchweihfest alle ihre Kräfte gebündelt. Der Ortspfarrer Cristinel Bălan und der langjährige Bürgermeister Marius Graur hatten schon seit geraumer Zeit die Idee eines Kirchweihfestes. Dann kamen ihnen in diesem Jahr auch gleich mehrere Aspekte entgegen. Das 240. Jubiläum seit der Ansiedlung durch Deutsche, die Wiedergründung des deutschen Ortsforums und die Wahl eines neuen HOG-Vorstandes. „Wir wollten mit unserem Fest so nahe wie möglich an die Tradition herankommen“, hieß es gleich mehrfach seitens der Organisatoren, zu dem heute im Vergleich zu einst zeitlich gerafften Fest. Auch in diesem Punkt waren sich der HOG-Vorstand, anwesend mit Franz Magamol, Josef Klein und Helmuth Kierer, die Vorsitzende des Deutschen Ortsforums, Roswitha Retzler, der Bürgermeister Marius Graur und auch die beiden Geldherren einig. Insgesamt zirka 100 Trachtenträger – manche alternativ im Dirndl - ehemalige und heutige Lowriner, aber auch die Mitglieder der Tanzgruppen Banater Kranz, Banat-Ja-Arad und Sanktanna, Hatzfelder Pipatsche, Billeder Heiderose, Vergissmeinnicht Busiasch waren dabei, als die Lowriner ihr Kirchweihfest feierten. Durch die kleinen Details reichte dies recht nahe an die Kirchweihfeste auf den Schwabendörfern von einst heran. Genannt sei hier speziell der Gottesdienst, komplett dem Kirchweihfest gewidmet, die Bewirtungen aller Teilnehmer und Zuschauer an den Orten, wohin der Kirchweihzug führte, und eben der genannte Stellenwert, dem die Straußversteigerung zukam.
Womit alle nach der Euphorie dieses Festes bleiben? Wohl damit, dass das Versprechen von Bürgermeister Graur, auch in Zukunft Kirchweihfeste – möglicherweise noch größer - zu veranstalten, keine Utopie ist. Freuen tun sich darüber auch die Bürger aus den Nachbarorten. Das Billeder und das Gottlober Deutsche Forum war jeweils mit einer kleinen Delegation dabei. Vor allem die Gottlober haben ja mit Lowrin nicht nur die räumliche Nähe gemeinsam, sondern angeblich soll der erste Deutsche in Lowrin ein einzeln Zugewanderter gewesen sein, fünf Jahre vor allen anderen … aus Gottlob.