In Rumänien gibt es laut dem Stand von 2011 rund 232.000 Eltern, deren Kind an einer geistigen Behinderung leiden. Es ist für sie eine besonders schwierige Situation, weil sie im falschen Land leben. Rumänien gehört seit Jahren zu den Schlusslichtern der Europäischen Union was Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung betrifft. Der Staat ist keine Stütze. Nichtregierungsorganisationen setzen sich für diese Menschen ein. Hilfseinrichtungen wie die Pentru Voi Stiftung aus Temeswar/Timisoara, die rund 200 geistig behinderte Menschen täglich betreut. Es sind junge bis im Alter fortgeschrittene Erwachsene, die von Pentru Voi Hilfe erhalten. Besonders für sie gibt es keine vernünftigen Angebote. Wichtig sei nicht nur ihre Betreuung, meinen Experten. Man müsste sie auch in den Alltag und in die Arbeitswelt integrieren. Sollten diese Menschen ihre Familien verlieren, sollten sie fähig sein, so gut es geht, auf sich selber aufzupassen. Es kann funktionieren, zumindest mithilfe von Sozialarbeitern. Doch dafür müssen diese Personen auch eine Arbeitsstelle erhalten und ihren Fähigkeiten entsprechend geschult werden. Seit einigen Jahren versucht Pentru Voi gerade das umzusetzen. Die Stiftung ist eine 20 Organisationen aus 14 Ländern, die sich an dem Netzwerk “Neue Wege zur InklUsion” beteiligt. 2013 startete das europäische Projekt und soll im Dezember dieses Jahres abgeschlossen werden. Die Fragen, womit sich das Projekt beschäftigt, befassen sich mit Nachhaltigkeit: “Was brauchen wir, um eine wirkliche und nachhaltige Veränderung in der Organisation sowie den Strukturen, Prozessen und Kulturen von Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung über die Lebensspanne zu erreichen?”
Schon zwischen 2009 und 2011 setzte sich die EU und die Stiftung Pentru Voi mit dem Vorgängerprojekt “Neue Wege zur Inklusion” mit dieser Frage auseinander. 2012 stellte Pentru Voi ihre Ergebnisse vor: 45 neue Partnerschaften mit Institutionen und Unternehmen wurden geschlossen, 357 Personen wurden zum Thema „Sozialwirtschaft“ geschult, darunter auch 60 Polizeibeamte aus den Kreisen Temesch, Caras-Severin und Mehedin]i. Zudem führten sie eine Informationskampagne durch, für die 1000 Plakate und 5000 Broschüren gedruckt wurden.
Das neue Projekt zielt besonders auf den Austausch zwischen den Projektpartnern ab. In Werkstätten und Seminaren sollen Erfahrungen ausgetauscht und zusammen neue Möglichkeiten gefunden werden, um effizienter zu arbeiten und das Problem auf lange Sicht in den Griff zu kriegen.
Doch das Hauptproblem bleibt der rumänische Staat. Eine Nichtregierungsorganisation kann nicht alleine die Probleme eines Landes stemmen. Überhaupt fängt schon das Problem bei der Denkweise der Menschen an. Viele haben kein Verständnis für Personen, die an einer Behinderung leiden. Rumänische Arbeitgebern zögern, wenn es darum geht, jemanden der geistig eingeschränkt ist, einzustellen. Und das obwohl der rumänische Staat ihm Vorzüge verspricht. Doch die Nachteile überwiegen die Vorteile, meinen viele. Wirklich erfolgreich verlieft die Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen, besonders mit Firmen aus dem deutschsprachigen Raum, wo allerdings die Betreuung von Behinderten Menschen eine Tradition hat.
Pentru Voi selbst kämpfte vor drei Jahren um die eigene Existenz. Aufgrund von Missmanagement auf Regierungsebene, hätte die Stiftung wichtige EU-Gelder verlieren können und hätte so schließen müssen. Für die 200 Nutznießer wäre es tragisch gewesen. Weiterhin tragisch bleibt es für die restlichen 231.800 Personen, die oft alleine dastehen müssen.