Theodor Raţiu übt sich in strenger Kritik. Nichtregierungsorganisationen finden in der Öffentlichkeit keine Resonanz. Der Menschenrechtler zeigt sich besonders gegenüber der Stadtverwaltung streng. Bürgermeister Gheorghe Ciuhandu und Vize-Bürgermeister Adrian Orza seien zu keinem Dialog bereit, so Raţiu. Der Leiter der Menschenrechtsorganisation O.A.D.O.R. klammerte den eigentlichen Grund der Presseveranstaltung aus. Im Mittelpunkt hätte der in Landshut lebende Unternehmer Romeo Kröner stehen sollen.
Der ursprünglich aus Neupetsch/Peciu Nou stammende Kröner wanderte 1991 nach Deutschland aus und ist heute im Photovoltaikgeschäft tätig. Nun möchte sich Kröner für Menschenrechte einsetzen und hat sich deswegen an Ra]ius Verein gewandt. Als Kommissar soll er die Mission der O.A.D.O.R. auch in Deutschland erfüllen.
Damit reiht sich Kröner zu den anderen vier Kommissaren aus den umliegenden Nachbarländern Deutschlands ein. Seine feierliche Ernennung musste warten. Denn Raţiu wollte zuerst alte und neue Probleme ansprechen. Kröners großen Moment verschob er willentlich, um auf andere Punkte einzugehen.
Zu Wort kamen der ehemalige stellvertretende Kreisratsvorsitzende Marius Popovici, der Vizepräfekt Zoltán Marossy, der Vorsitzende des Banater Forums Karl Singer und der Leiter des Kinderkrankenhauses Dr. Adam Ovidiu. Aus der Veranstaltung wurde eine Podiumsdiskussion. Im Gespräch: der Stellenwert der Menschenrechte im heutigen Rumänien. Marius Popovici wurde schnell zum schwarzen Schaf. Die Menschenrechte würde man in Rumänien respektieren, behauptete der Politiker und Unternehmer. Radikale Beispiele von Menschenrechtsverletzungen wie sie vor 1989 in Rumänien vorkamen, könnte Popovici kaum nennen.
Dafür zog der Unternehmer Parallelen zu Deutschland, wo Rechtsradikale jahrelang eine Dorfgemeinschaft terrorisierten, ohne dass die Presse davon berichtete. Raţiu widersprach. „Die Proteste in den letzten Tagen in Rumänien haben es wieder bewiesen“, meinte der Menschenrechtler mit Verweis auf den Raed Arafat-Skandal. „In einem Land, in dem der Präsident zu keinem Dialog mit den Demonstranten bereit ist, muss noch sehr viel getan werden.“ Die O.A.D.O.R. hatte allein 2011 298 Fälle. Und es häufen sich bereits neue Fälle an, meinte Ra]iu. Das es sich in 70 Prozent der Fälle um Rückerstattungsklagen handelte, ließ er aus.
Gleichzeitig verwies der Menschenrechtler auf die Defizite im Bildungs- und Gesundheitsbereich. „Die Menschen neigen in allen Zeiten dazu, unzufrieden zu sein“, so Vizepräfekt Zoltán Marossy. „Nach 1990 haben die Menschen geglaubt, dass sie in zwei, drei Monaten wie in Deutschland leben würden“, ergänzte er. Die Menschenrechtsfrage weitete er aus. Es ist nicht ausschließlich ein Kampf gegen die Autoritäten, sondern oft würden Konflikte zwischen Mitbürgern entstehen. Der Vorsitzende des Banater Forums Karl Singer setzte den Schwerpunkt auf Bildung. In Rumänien wüssten viele noch immer nicht, was sie unter Menschenrechte verstehen sollten. Auf Singers Frage nach Bildung folgte eine rhetorische Gegenfrage von Raţiu: „Kennt der Präsident dieses Landes überhaupt die 30 Artikel aus der ´Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?´“
Zu Wort meldete sich auch Dr. Adam Ovidiu, Leiter des Kinderkrankenhauses, mit einer Ankündigung und zugleich einem Appell. Adam plant eine Medienkampagne, um Spendengelder für den Bau eines neuen Kinderkrankenhauses zu sammeln.
Die Aktion soll von Fernsehpersönlichkeiten wie Dan Negru, Virgil Ianţu, Dana Războiu und Florin Călinescu unterstützt werden. „Wir möchten durch diesen Aufruf auch die Bevölkerung auf das Problem aufmerksam machen“, erklärte Adam teils entschuldigend. „Unser Projekt mag für einige unverschämt klingen“, so der Arzt weiter. Den genauen Zeitpunkt konnte Adam nicht sagen. Er nannte es eine Vorpremiere auf das eigentliche Ereignis, das sich noch in der Planphase befindet.
Romeo Kröners Pläne in seiner neuen Funktion als Kommissar der O.A.D.O.R. klingen momentan noch vage. Er möchte sich besonders für die Rechte der rumänischen Gastarbeiter einsetzen. Kröner selbst hat in seinem Unternehmen 20 Rumänen angestellt.
Im Sommer soll er zudem Studenten die Möglichkeit bieten, in seinem Unternehmen in Deutschland arbeiten zu können. Er sieht sich als Vermittler, der Menschen den Start in Deutschland erleichtern kann. Wie schwierig es in einem fremden Land anfangs sein kann, hat der Unternehmer am eigenen Leib erfahren. „Viele glauben, dass es woanders immer besser ist. Doch eigentlich lebt man am besten dort, wo man zuhause ist“, meinte Kröner. Mit diesem Leitsatz will er O.A.D.O.R. in Zukunft in Deutschland vertreten.