DramArt heißt die relativ neue Zeitschrift für Theaterstudien, die auf Initiative von Dr. Eleonora Ringler-Pascu entstanden ist. Die ehemalige Leiterin der Schauspielschule fungiert auch als Chefredakteurin der Zeitschrift, deren dritte Ausgabe bald erscheinen dürfte. Sie ist relativ neu, weil die erste Nummer bereits vor zwei Jahren herausgegeben wurde. Beide bisher erschienenen über 200 Seiten schweren Publikationen enthalten theoretische Studien, Theaterchroniken, Interviews, Rezensionen sowie auch Bearbeitungen dramatischer Texte. So konnte man in der zweiten Nummer schon vorab einen Blick auf die erste Übersetzung ins Rumänische von Thomas Bernhards „Immanuel Kant“ werfen. Ringler-Pascu übersetzte das Stück für eine Inszenierung des Ungarischen Staatstheater und hat sich im Nachhinein darum bemüht, dass eine überarbeitete Fassung der Übersetzung auch publiziert wird.
Nicht nur das Fragment zur Bernhard-Komödie, sondern auch die wissenschaftlichen Arbeiten der aus mehreren Ländern und von zwei Kontinenten stammenden Autoren zeichnen ein Bild des lokalen, nationalen und internationalen Gegenwartstheaters: von der theoretischen Studie des Briten Shane Kinghorn über das Verbatim Theater, Niky Wolcz’ Arbeit zu Wsewolod Meyerholds Biomechanik bis hin zu Horst Fassels Abhandlung zu Pina Bausch und ihrer Suche nach Individualität und Gemeinschaft. Das Verbatim Theater ist eine Untergattung des dokumentarischen Theaters, die sich dadurch auszeichnet, dass die Schauspieler reale Fälle nachspielen und den Text nicht auswendig lernen, sondern stattdessen per Kopfhörer den Text nachsagen. Der Russe Wsewolod Emiljewitsch Meyerhold gehört zu den bedeutendsten Theaterregisseuren des 20. Jahrhunderts. Er gilt als einer der wichtigsten Begründer einer antirealistischen Bühnenkunst. Unter dem Pseudonym Dr. Dapertutto führte er Akrobatik, Tanz und Clownerie in seine Theaterproduktionen ein und setzte somit den Baustein für seine Lehre von der Biomechanik. Ihm ging es darum, dass der Schauspieler sich seines Körpers bewusst wird und gezielt diesen für den Bühnenauftritt nutzt. Sämtliche dieser Abhandlungen finden sich in Nummer Zwei der Theaterzeitschrift neben Interviews – Alina Mazilu sprach mit Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, Raul Bastean unterhielt sich mit der Schauspielerin Alina Ilea – und Rezensionen. Ringler-Pascu stellt Alexandra Chiriacs Buch „Parzivals Wende. Postmoderne Hyposthasen des „Parivals“ in der deutschsprachigen Literatur am Ende des 20. Jahrhunderts“ vor. Chiriac ist auch in der Zeitschrift (Ausgabe 2) mit einer Abhandlung über das multimediale Theater von Tankred Dorsts vertreten. Die „großen“ Helden des deutschen Dramatikers würden den historischen Moment überspringen und dem modernen Leser/Zuschauer als Wesen der menschlichen Suche nach Sinn und Kohärenz erscheinen, so Chiriac. Sie würden als wahnsinnige Figuren, die zwischen Kultur und Natur gefangen sind, auftreten.
„Körper und Medien in der gegenwärtigen Schauspielkunst“ war das Thema der ersten Internationalen Konferenz für Theaterstudien, die im Oktober 2012 stattfand. In der zweiten Ausgabe, die einen Rückblick auf das Jahr 2012 gewährt, finden sich viele der Vorträge wieder und darum dominieren diese Themen auch den Inhalt der Zeitschrift.
So schreibt Daniala Magiaru über den Körper als Hyperlink mit Verweis auf die Budapester Theatergruppe „Maladype“. Ringler-Pascu untersucht die Figurenästhetik in Robert Wilsons „Leonce und Lena“-Inszenierung. „Über meine Art von Theater muss man nicht viel reden“, wird Wilson zitiert. „Es ist etwas, das man erlebt. Ich berühre zum Beispiel dieses Glas, und es ist kalt. Ich berühre den Tisch, und der ist wärmer. Darum geht es. Das, was ich erlebe, ist die Wahrheit.“
Auch das Deutsche Staatstheater ist in der zweiten Ausgabe präsent. Ebenfalls Ringler-Pascu stellt in einer Theaterchronik die Adaption des Herta Mühler Erzählbandes „Niederungen“ vor. Regie führte der aus dem Banat stammende Niky Wolcz. Ringler-Pascu schreibt: „Der Erfolg der ersten Dramatisierung eines Erzähltextes von Herta Müller hängt weiterhin von der Bereitschaft jedes einzelnen Mitwirkenden ab, seine episodische Rolle wahrzunehmen und so zu spielen, dass daraus die Grundidee des Regisseurs und der Autorin transparent werden: das vergangene Banater Dorfleben aus den Erinnerungen in die Gegenwart zu projizieren und damit eine Art ‚act of love’ zum Ausdruck zu bringen.“
Die Fülle und Diversität an Themen, die in DramArt behandelt werden, macht die Fachzeitschrift nicht nur für Kenner sondern auch für Laien interessant. Es bietet einen Querschnitt der komplexen und faszinierenden Welt des zeitgenössischen Theaters. Die hier aufgelisteten Artikel sind lediglich in der zweiten Ausgabe enthalten. Hinzu kommt noch die erste Nummer, in der sich unter anderem wissenschaftliche Arbeiten zu Andrei [erban und Anton Pawlowitsch Tschechow finden.
Man dürfte also auf die dritte Ausgabe gespannt sein und auf die darin enthaltenen Chroniken, wissenschaftlichen Studien, dramatischen Texten, Rezensionen und Interviews.