Wide-Foto mit Gebäuden am Opernplatz, denen man Glanz und Gloria ansehen kann, versus Close-Up an denselben Gebäuden: Die Fassade bröckelt, am Löffler-Palais sind noch Zeichen von Kugeln, die während der Revolution geflogen sind, zu sehen. Wie oft musste man hören, wenn man seine Gäste durch die Stadt führte: „Die Gebäude sind schön, aber…“. Das Aber, das jedes Mal auf den Sanierungsbedarf zeigte, musste man dann schlucken.
Vielleicht fällt es im Tumult des Alltags nicht auf, bei einem Spaziergang mit einem Gast aus einer anderen Stadt offenbart es sich jedoch umso schneller: Viele Gebäude in der Temeswarer Altstadt sind jetzt in einem Renovierung- oder Sanierungsprozess. Baugerüste und Bauschutznetze verhindern den Blick auf die Architektur – Temeswar ist auch die Stadt mit dem größten Patrimonium an historischen Gebäuden in Rumänien – lassen aber gleichzeitig auf das hoffen, was die Temeswarer eigentlich seit langem erwarten und worauf sie und die Besuchersich gleichermaßen freuen werden: Dass man in einer doch irgendwie greifbaren Zukunft durch eine im alten-neuen Glanz scheinende Stadt spazieren kann. Jetzt passiert das, worauf die Temeswarer gewartet haben.
Zählt man die Gerüste in der Altstadt, am Opernplatz, Freiheitsplatz, Domplatz sowie in einigen der Straßen, die sie verbinden, kommt man locker auf 15-20. Das ist nicht wenig, denn hier sind doch recht viele der architektonischen Schmuckstücke der Stadt, viele auch Institutionen. Wie jedes Gebäude seine Geschichte hat, hat es auch seine eigene Renovierungsgeschichte. Hier nur einige Beispiele:
„In Temeswar führen alle Wege in die Oper”, pflegt Operndirektor Christian Rudik zu sagen, das stimmt auch so und die Stadtverwaltung hat es auch erkannt, wird doch an der Restaurierung der Fassade gearbeitet. Seit einigen Monaten stehen nun die Baugerüste da, als Ende Oktober die Arbeiten begannen, sprach man von einer Frist von maximal einem Jahr. Kurz vor dem Kulturhauptstadtjahr soll die Fassade renoviert sein, es werden aber auch andere Arbeiten durchgeführt wie z. B. die Hygienisierung des Dachbodens, die Wasserabdichtung der Terrasse, oder Konsolidierungsarbeiten, die gerade durchgeführt werden.
Die Sanierungsarbeiten waren schon Anfang 2016 angekündigt worden, damals hatte die Firma „Alex Dia Construct“ GmbH an der Ausschreibung teilgenommen und die damals vorgesehenen Arbeiten beliefen sich auf 632.000 Lei. Heuer werden die Arbeiten von derselben Firma gemacht, da weitere Arbeiten hinzugekommen sind, beläuft sich die dafür vorgesehene Summe auf fast 3,92 Millionen Lei (ohne Mehrwertsteuer), die von der Stadt bezahlt werden.
Wenn es auch in der Stadt Diskussionen gegeben hat, ob man dem Gebäude, das den Plänen des Architektenpaares Helmer und Fellner zu verdanken ist, die alte Fassade wiedergibt oder die aus der Zwischenkriegszeit stammende restauriert, hat sich die letztere Variante durchgerungen, da das Gebäude mit dem Balkon während der Revolution zu einem Sinnbild geworden war.
Ein anderes markantes Gebäude am Opernplatz ist das Rektoratsgebäude der Universität „Politehnica“, die in diesem Jahr ihr 100jähriges Bestehen feiert. Auch hier ziehen sich Gerüste und Schutznetze über die Front. Die Arbeiten sollen bis Ende Juni 2022 fertig sein. Die Kosten belaufen sich bei 4,9 Millionen Lei (ohne Mehrwertsteuer), die die Universität dafür zur Verfügung stellt, damit das traditionell als Lloyd-Palais bekannte Gebäude in neuem Glanz erstrahlt.
Nicht nur Institutionen, auch Wohngebäude sind in einem Renovierungsprozess inbegriffen, zum Beispiel das Dauerbach-Palais. Verwalterin Claudia Ciobanu hat für die BZ erklärt, dass sie zuversichtlich ist, dass die Arbeiten schon Ende Juli dieses Jahres fertig sein werden. „Ornamente, die ich kleine Boote genannt habe, die aber, glaube ich, Schwäne darstellen, werden einzeln in Ungarn renoviert“, so die Verwalterin, die auch unterstreicht: „Die Finanzierung der Arbeiten wird exklusiv von den Mitgliedern der Wohngemeinschaft getragen“. Von der Stadtverwaltung haben sie keine finanzielle Unterstützung bekommen, da „eine Suprakonsolidierung nötig gewesen wäre, was bedeutet hätte, alle Bewohner für eine Weile wegzubringen. Das ist aber nicht möglich, auch sind die meisten von ihnen in ihren Achtzigern.“.
Wie Nicolae Robu, der Bürgermeister der Stadt Temeswar, der von der BZ über die versprochene Unterstützung für die Renovierung von Gebäuden in der Altstadt im Hinblick auf 2021 gefragt wurde, hat folgendes erklärt: „Es gibt zwei Stadtratsanordnungen, schon seit 2013, damit die Stadtverwaltung die Eigentümer bei der Renovierung unterstützt. Leider sind keine Dokumente von diesen eingereicht worden, weil das Gesetz verlangt, dass diese Gebäude einen gewissen Grad an Resistenz bei Erdbeben haben. Das geht ohne Expertise und Konsolidierung des Gebäudes nicht und die Bewohner meinen, dass dies zu teuer ist. Trotzdem haben einige Wohngemeinschaften die Renovierungen auf eigene Kosten angefangen. Was die Stadt betrifft, hat die Stadtverwaltung die Renovierungen an den Technischen Kollegs im Stadtzentrum, Ion I.C. Br²tianu und Emanuil Ungureanu (ehemals Miu- bzw. Electromotor-Lyzeum), am alten Rathaus und am Gebäude in der Vasile-Alecsandri-Straße begonnen. Das sind die Gebäude, die uns gehören. Am Nikolaus-Lenau-Lyzeum sollen die Arbeiten in diesem Jahr fertiggestellt werden“.
Die Temeswarer und die Besucher im Jahr 2021 warten nun darauf, dass das Abmontieren der Schutznetze und Baugerüste nach getaner Arbeit das lüften: den neuen alten Glanz der architektonischen Kleinodien der Stadt.