Rumänien hat es Jan Koneffke angetan. Als Beweis stünde sein jüngster Roman „Die sieben Leben des Felix Kannmacher“, den der deutsche Schriftsteller Anfang Oktober in der Stadtgalerie Temeswar vorstellte. Das Buch würde die rumänische Seele gekonnt einfangen, schlussfolgerte Schauspieler Boris Gaza. Der Autor selbst bekannte sich mehrmals während der einstündigen Lesung zu seiner Liebe für das Land, von dem die Deutschen in der Regel zu wenig wissen. Bei Ceauşescu und Dracula hören die Grundkenntnisse auf. Literaten wären da etwas weiter, blieben allerdings oft bei der Literatur von Herta Müller hängen. Mircea Cărtărescu bliebe ein Geheimtipp von anderen rumänischen Autoren ganz zu schweigen. Darum staunte Gaza über die treffenden Darstellungen des osteuropäischen Landes und seiner Menschen in Koneffkes Roman. Sicherlich dürfte es auch etwas damit zu tun haben, dass der aus Darmstadt gebürtige Schriftsteller mit einer Rumänin verheiratet ist. Nicht unwichtig waren auch seine gründlichen Recherchen, die zehn Jahre in Anspruch nahmen und wofür er unter anderem von der Robert Bosch-Stiftung das Grenzgänger Stipendium erhielt. Er habe viel Zeit in Bukarester Antiquariaten verbracht, so der Autor.
Die Gründlichkeit seiner Recherchearbeit spiegelt sich in dem Roman sofort wieder. Koneffkes kurzes Fragment den er in Temeswar vorstellte, strotzte vor Details. Eine erste Fassung der rumänischen Übersetzung, die von Boris Gaza vorgelesen wurde, konnte sich hören lassen.
Auch deutsche Kritiker zeigten sich von „Die sieben Leben des Felix Kannmacher“ begeistert. „Die Welt“ nannte es einen „absoluten Höhepunkt in der deutschen Literatur“ des vergangenen Herbstes. Auf Lesungen würde sich das Publikum mit Fragen oft zurückhalten, weil das nötige Wissen über das Land nicht bestünde. Dafür werde der Autor immer wieder gefragt, wie er auf Rumänien gestoßen ist. Da spielt seine Frau keine ausschließliche Rolle. Schon während seines Studiums durfte er durch seinen Studienkollegen Ernest Wichner mehr über das Land erfahren. Wichner gehört zu den Gründungsmitgliedern der Aktionsgruppe Banat und ist heute Leiter des Literaturhauses Berlin. Koneffke hatte auch den verblichenen Dichter Rolf Bossert eine Woche vor seinem tragischen Ableben kennengelernt.
Als er 1998 seine Frau in Rom kennenlernte, überraschte der Schriftsteller sie aufgrund seiner bereits vorhandenen Kenntnisse über das Land.
„Die sieben Leben des Felix Kannmacher“ erzählt von einem jungen Klavierspieler aus Berlin, der nach einem Zwischenfall mit den Nationalsozialisten im Jahr 1934 Deutschland verlassen muss und durch seinen ehemaligen Klavierlehrer, den Rumänen Victor Marcu, an die Schwarzmeerküste zieht. Dort gibt Kannmacher der Tochter dessen Klavierunterricht und verliebt sich unsterblich in sie. Die 66-jährige Geschichte erzählt des Weiteren über Rumänien während des Zweiten Weltkriegs, der russischen Besatzung und den kommunistischen Nachkriegsjahren. „Ich wollte an der Geschichte des Felix Kannmacher auch zeigen, wie absurd diese ganze Zeit gewesen ist“, meint Koneffke. „Dazu gehört eben, dass er gleich mit zwei Identitäten ankommt.
Das ist seine Identität als Reichsdeutscher Emigrant, dann bekommt er von seinem Beschützer Victor Marcu noch eine Schutzidentität verpasst, nämlich die eines Siebenbürger Sachsen.“
Temeswar besuchte der Schriftsteller zum ersten Mal. Zum Thema „rumänische Seele“ meinte er nur, man könne es nicht Verallgemeinern. Es hängt doch von den einzelnen Regionen ab. Die Unterschiede wären deutlich. Zwischen dem Banat und der Dobrudscha wären sie besonders augenscheinlich. Aber gerade das würde Rumänien und dessen Geschichte, die er in seinem Roman anzureißen versucht, so faszinierend machen. An der Nahtstelle zwischen dem Orient und dem Okzident kommen unterschiedliche Kulturen zusammen und haben über die Jahrhunderte gelernt friedlich miteinander zu leben.
Der Roman „Die sieben Leben des Felix Koneffke“ kann von der Bibliothek des Deutschen Kulturzentrums ausgeliehen werden.