Für ihre Darstellung der elfjährigen Iris aus „Das Mädchen im Goldfischglas“ von Morris Panych in der Regie von Radu Afrim ist die aus Sathmar/Satu Mare gebürtige Schauspielerin Silvia Török mit dem Debüt-Preis des Rumänischen Theaterverbandes UNITER ausgezeichnet worden. Die 26-Jährige ist seit Herbst 2011 festes Mitglied im Ensemble des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT). Sie ist heute Abend um 19.30 Uhr in „Die Kleinbürgerhochzeit“ von Bertolt Brecht in der Regie von Alexandru Dabija auf der Bühne des DSTT zu sehen. Raluca Nelepcu lernte die junge Schauspielerin kennen und führte mit ihr folgendes Gespräch.
Du wurdest vor Kurzem mit dem UNITER-Debüt-Preis ausgezeichnet. Was bedeutet dieser Preis für eine Schauspielerin, die am Anfang ihrer Karriere steht?
Der Preis hat eine sehr große Bedeutung für mich. Ich hätte nie gedacht, dass ich es in einer so kurzen Zeit so weit schaffen werde. Es war eine Überraschung. Das vergangene Jahr war voller Überraschungen und dieses Jahr kam dann die Krönung in Form dieses Preises. Der Preis sagt etwas über die Rolle, die ich interpretiert habe, aus. Was das weiterhin bedeuten wird, das werden wir noch sehen.
Deine Schwester, Olga Török, und Du selbst, ihr habt euch beide der Schauspielkunst verschrieben. Von wo kommt denn diese Liebe zum Theater?
Meine Eltern sind keine Künstler. Meine Mutter ist Buchhalterin und mein Vater Installateur. Das Wie ist eigentlich eine ganz witzige Geschichte. Wir hatten eine Theatergruppe am Johann-Ettinger-Lyzeum in Sathmar und da habe ich ab der fünften Klasse mitgemacht. Meine Schwester hat mich zum Theater geholt, denn sie brauchten für ein bestimmtes Theaterstück ein Kind in der Gruppe. Da haben sie mich einfach miteinbezogen. Von dort fing es sowohl für sie, als auch für mich an. Seitdem ließen wir das Schauspielern nicht mehr aus der Hand.
Das heißt, Du hast ab der fünften Klasse Theater gespielt...
Ja. Wir waren auch hier, an der Lenau-Schule, beim Jugendtheaterfestival, wo wir im vergangenen und in diesem Jahr auch einen Workshop geleitet haben. Letztendlich habe ich mich aber für Regie entschieden, nachdem ich das Lyzeum beendet habe, aber es hielt nicht lange – nur zwei Jahre. Das, was die Schauspieler im Theater machten, war für mich einfach zu faszinierend. So entschied ich mich, in Klausenburg Schauspielkunst zu studieren. Das Regiefach habe ich bis zuletzt auch beendet, aber zur Zeit sehe ich mich nicht als Regisseurin. Man weiß aber nie, was die Zukunft bringt.
Inwiefern kommt Dir die Tatsache, dass Du auch Regie studiert hast, in Deinem Beruf als Schauspielerin zu Gute?
Ich könnte sagen, dass ich die Sicht der Regisseure schon irgendwie besser verstehen kann, aber nicht vollständig und nicht bei jedem Regisseur. Man kann ein paar Tricks erkennen, aber letztendlich ist jeder Regisseur einzigartig. Kein Regisseur ist ein offenes Buch.
Da wir von Regisseuren sprechen: Mit wem hast Du bisher zusammengearbeitet bzw. wie war diese Zusammenarbeit?
Ich habe schon während der Uni mit Radu Afrim am Rumänischen Nationaltheater in Klausenburg gearbeitet. Es war zwar keine große Rolle, aber für mich war es eine Riesenerfahrung. Dann durfte ich, ebenfalls während der Uni, am neu eröffneten Kunsttheater in Diemrich/Deva arbeiten. Da habe ich Wendla in einem Stück in der Regie von MC Ranin gespielt – das war eine Riesenrolle für mich und ich habe sie sehr gemocht. Ich hatte auch die Chance, mit Kollegen zusammenzuarbeiten, nachdem ich die Uni abgeschlossen hatte. Wir waren ein Team und das hat man auch gefühlt, jeder hat uns gemocht und für das Publikum in Diemrich war es etwas Neues. Leider spielen wir das heute nicht mehr. Dann kam ich zum Deutschen Staatstheater Temeswar. Ich kann mich glücklich schätzen, dass mir das passiert ist. Hier dufte ich mit Radu-Alexandru Nica und mit Florin Fieroiu zusammenarbeiten, aber auch mit Ida Gaza in dem Kinderstück „Heute kommt der Nikolaus“. Meine jüngste Erfahrung war mit Alexandru Dabija in „Die Kleinbürgerhochzeit“, wo ich eine Braut spiele.
Wie lebt man sich denn in eine Rolle ein?
Ich glaube, jeder hat seine eigenen Methoden. Es ist ein bisschen Intuition, ein bisschen Recherche, ein bisschen vom Regisseur und dann kommt das alles gut zusammen. Man kann sich was auch immer vorstellen. Man muss nur genug Selbstvertrauen haben, um es auf die Bühne zu bringen. Jeder hat seine eigene Fantasie. Ich habe manchmal Schwierigkeiten mit dem Selbstvertrauen, aber man muss sich einfach überwinden können.
Wie war Dein allererster Auftritt überhaupt auf einer Bühne?
Das war mit der Schülertheatergruppe in Sathmar. Damals wusste ich nicht, was ich tue (lacht). Das war lustig, ich bin dann mit dem Kopf voran auf die Bühne und hatte kein Problem damit – es war einfach nur lustig. Ich spielte eine zwölfjährige Göre, die überall mit Butter verschmiert war, die viel aß, laut und frech war.
Wusstest Du damals schon, dass Du Schauspielerin werden willst?
Nein, überhaupt nicht. Es ist ein sehr schwieriger „Job“, man muss hart dafür arbeiten. Von Rolle zu Rolle ist es ein neuer Anfang und man muss echt hundert oder mehr Prozent von sich geben, um etwas zu schaffen.
Inwiefern gibt es Interferenzen zwischen der Bühne und dem Privatleben?
Jeder spielt eine Rolle. Das Theater ist die Essenz des Lebens. Im Theater wissen wir, dass wir Rollen spielen, aber im tagtäglichen Leben spielen wir Rollen, ohne es zu wissen. Ich glaube, das tut jeder. Deswegen ist das Theater auch so spannend für jemanden, der das Theater nicht praktiziert, weil er eigentlich etwas sieht, was tagtäglich passiert, nur hier ist es sehr konzentriert und deswegen auch sehr aufregend.
Wie stehst Du zum Film?
Ich hatte die Chance, mit dem Regisseur Marian Crişan in dem Film „Rocker“ zu arbeiten. Ich hatte zwar eine Nebenrolle dort, aber es war eine Super-Zeit. Das Team war auch klasse und die Arbeit am Set war neu für mich. Marian Crişan ist ein sehr guter Regisseur, der mit den Schauspielern sehr professionell arbeitet. Der Unterschied zwischen Theater und Film ist groß, denn man benutzt beim Film eine völlig andere Technik. Man muss sich selbst treu bleiben. Ich liebe das.
Wann, glaubst Du, ist ein Schauspieler vollkommen, wann braucht er nichts mehr dazuzulernen?
Ich weiß nicht, ob es so etwas wie einen vollkommenen Schauspieler gibt. Ich habe auch schon ältere Schauspieler gesehen, die immer noch sehr viel suchen, wenn sie eine Rolle interpretieren müssen. Ich glaube nicht, dass ein Schauspieler jemals sagen kann, dass er jetzt Technik und Seele hat und so geformt ist, dass er nichts mehr dazulernen muss. Dieser „Job“ geht mit der Zeit. Weil sich die Zeiten ständig verändern, müssen wir sehr flexibel sein und mit der Zeit gehen und das an den Mann bringen, was gerade aktuell ist, um das Publikum bewegen zu können.