Zu den internationalen Stereotypen gehört, dass „die Griechen fett und faul“ sind, dass sie „Souflaki und Oliven verzehren und dazu den ganzen Tag Ouzo trinken“, dass sie „nach jedem Mahl ihr Geschirr zerdeppern“, dass ihre „Frauen schön sind, solange jung“ sowie, dass die „Männer entweder homosexuell oder sexuelle Raubtiere“ sind.
Das jüngst von Alexis Tsipras` Regierungskoalition „Syriza“ initiierte Referendum dürfte einige dieser Stereotypen bedient haben. Über seinen Ausgang hatten nur die naivsten Beobachter Zweifel. Selbst wenn die Entscheidungsfrage auf dem Abstimmungszettel anders verfasst gewesen wäre, hätten sich die Griechen wohl kaum in ihr eigenes Fleisch geschnitten.
Tsipras hat sich als grinsender Krieger für Wohlstand auf Pump profiliert, der keine Zukunftslösungen hat, aber fest auf die Unterstützung der Bürgermehrheit bauen kann. Das „NEIN“ der Griechen zur „Erpressung durch die Gläubiger“, die am Abend der Wahl vom griechischen Finanzminister Yannis Varoufakis „Finanzterroristen“ wurden, ihr implizites „JA“ zu „Nationalstolz, Hoffnung, Würde und Demokratie“ – man wähnt sich im Theater des Griechen Caragiale, des profiliertesten rumänischen Satirikers.
Das ist ein Land, dass es sich jahrzehnteüber geleistet hat, jährlich 38 Milliarden Euro für Renten auszugeben, aber bloß 25 Milliarden aus eigenen Ressourcen zusammenkratzte (Defizit: acht Prozent des BIP), wo 580 Berufe auf der Liste der Frührentenberechtigten stehen (wegen „ungesundem Arbeitsumfeld“) und wo die Steuerquoten Ausnahmeregelungen haben, wodurch nur Alkohol, Tabak, Kleidung und Gegenstände für Langzeitnutzung mit den „obligaten“ 23 Prozent besteuert werden. Dass die Griechen auf ihren Wohlstand auf Pump nicht verzichten würden, das wird von ihren gegenwärtigen Führern nach dem Referendum als Mandat für die Fortsetzung der Verhandlungen mit den Geldgebern interpretiert, weil das NEIN ein Nein zur geforderten Sparpolitik sei. Fazit: Gebt uns weiter Geld, damit wir unser Leben leben wie bisher! Die Schuldner wollen am Schaltknopf bleiben.
Egal, ob Griechendland in der EU und im Euro-Raum bleibt: Das Renten- und Besteuerungssystem müssen reformiert, die Militärausgaben gesenkt werden, wenn das Land finanziell überleben soll, mit Euro oder Drachmen – darüber ist man sich international einig. Nur das Lustigduo Tsipras/Varoufakis zweifelt daran – und fährt das Land definitiv an die Wand. Die „48-Stunden-Lösung“, die sich Tsipras von den Gläubigern wünscht – lies: binnen zwei Tagen müsst ihr wieder den griechischen Banken Geld leihen, weil das griechische Volk es so will – war zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Meinung Wunsch. Darüber müsste unter den Staaten des Euro-Raums Einstimmigkeit herrschen – zumal sich am Wochenanfang konturiert hatte: Griechenland wird nicht fallengelassen.
Mit gutem Grund wird an Vergils „Aeneis“ erinnert: „Timeo Danaos et dona ferentes“ (= Ich fürchte die Griechen, auch wenn sie mit Geschenken kommen – das „Geschenk“ war das trojanische Pferd...)