Temeswarer Geschichtsstunde mit Schwabenbischof

Kleines Fest für Pacha-Straße/ Szenette nach Text von William Totok aufgeführt

Zeitsprung in das Jahr 1951: Szenette um den Volksbischof Augustin Pacha beim Fest der geichnamigen Straße in der Temeswarer Altstadt. Foto: Zoltán Pázmány

Mit einem Straßenfest nach deutschem Muster- Nach dem Fest der Piaristengasse, Savoyen- und Mercy-Straße, nun das der Augustin-Pacha-Straße- bot der Ariergarda-Kulturverein am Wochenende eine neue Geschichtsstunde und brachte die Temeswarer ihrem wertvollen Kulturerbe ein Stück näher. Die kleine aber geschichtsträchtige Straße der Temeswarer Altstadt trägt heute den Namen des Schwabenbischofs Augustin Pacha (1870-1954), wurde in 260 Jahren jedoch unzählige Male, nach der politischen Epoche, umbenannt: Von der Karls-, Domgasse, Bischofsstraße zur Straße der Freien Presse (während der Revolution von 1848), zu Harry-Truman-, Lonovici-, Voltaire- oder Rodnei-Straße. Höchst interessant in diesem Sinne als Einführung die historische Präsentation der einzelnen Häuser, ihrer Innenhäfe und Geschichten durch den Lokalhistoriker Ioan Haţegan: Diese Revue führte vom Klapka-Haus (15.Mai 1815 erste öffentliche Leihbibliothek Österreich-Ungarns), zum Sitz der Akademie (1889, erster Sitz des Banater Museums), zu den ehemaligen Nobelgaststätten „Zum goldenen Ochsen“ und „Zum Trompeter“ (heute Cuza-Kaffeestube), dem römisch-katholischen Bischofspalais, dem ehemaligen „Goldenen Hirsch“, dem früheren „Deutschen Haus“.

An einen der wohl berühmtesten Söhne der Stadt, den Maler Karl Brocky (geb. 1807 in der Temeswarer Savoyen-Straße Nr. 12, gest. in London 1855), der es zum Hofmaler des englischen Königshofs gebracht hat, wurde im Kunstmuseum gedacht: Zwei der drei Gemälde, seit 1967 in Museumsbesitz, die Bildnisse von Franz und Barbara Weldin, wurden zu diesem Anlaß dem Publikum präsentiert.

Zum Höhepunkt des Festes gestaltete sich ein hierzulande ungewöhnliches Stück Straßentheater über den Volksbischof Augustin Pacha und über das von Gewalt und Terror gekennzeichnete erste Jahrzehnt der kommunistischen Epoche in Rumänien. Die Inszenierung des Kulturvereins Avangart (Leiter Sabin Popescu) hatte den Text des Banater Autors William Totok „Der Bischof, Hitler und die Securitate“, in rumänischer Sprache auch in Buchform beim Verlag Polirom Jassy erschienen, als Vorlage. Das kurze Zwei-Personen-Stück (Bischof Pacha, der Angeklagte, in einem riesigen symbolischen Vogelkäfig, Staatsanwalt Frăţilă auf dem Motorrad) führte vor der Zuschauermenge, direkt vor dem Bischofspalais, ein Fragment aus dem Gerichtsverhör von 1951 vor. Pacha, 1930 zum Bischof ernannt, wurde 1950 von der Securitate verhaftet und in einem typischen Schausprozess 1951, gemeinsam mit anderen Prälaten, vom Militärgericht wegen Spionage für den Vatikan zu 18 Jahren Kerker verurteilt. Pacha, 1954 schwerkrank entlassen, starb im gleichen Jahr und wurde in der Temeswarer Domkrypta beigesetzt.

Das Straßenfest hatte bis zum späten Nachmittag noch weitere Kulturevents zu bieten: So eine von Viorel Marineasa moderierte Veranstaltung über „Literatur und Musik in einem Innenhof“, eine Ausstellung zum Thema Innenhöfe mit Werken von Sorin Nicodim, Camil Mihăescu und Gabriel Kelemen. Dr. Vasile Docea moderierte eine Diskussion über kulturelle, touristische und sozial-ökonomische Perspektiven dieser historischen Straße.