Der Studentencampus kann als Abschreckung für die Attraktivität der Stadt und der Universitäten dienen. Mit solchen Aussagen geht der Rektor der Temeswarer West-Universität, Marilen Pirtea, auf Konfrontationskurs vor allem mit der Stadtverwaltung, da es seiner Meinung nach an einen „mittel und langfristigen Managementplan für den Temeswarer Studentencampus fehlt“. Die Universitäten selbst können in dem Stadtviertel wenig unternehmen, da in ihren Kompetenzbereich „nur die Studentenheime fallen und dazu einen Meter Fläche um die Außenwand herum“, sagt Pirtea.
Der Rektor der staatlichen Uni zeigt sich besorgt um die Art und Weise, wie der Studentencampus zusehends verwahrlost. „Von einer Woche auf die andere seien solche Zeichen klar sichtbar“, sagt Pirtea. Grünflächen werden zu improvisierten Parkplätzen, Gehsteige von Verkaufsbuden mit Anspruch auf Restaurant-Status eingenommen. Für die Infrastruktur des Areals gäbe es grundsätzlich keinen Plan zur mittel- und langfristigen Entwicklung, so Pirtea weiter. Nicht zuletzt weist der Uni-Rektor darauf hin, dass der Studentencampus höchstwahrscheinlich die Gegend mit der größten Einwohnerdichte in der gesamten Stadt ist, eine Gegend, auf der auf einer geringen Fläche Tausende Studenten und Anwohner unter- und zurechtkommen müssen.
Die Aufmerksamkeit, die dem Studentencampus seit vielen Jahren geschenkt wird, könne alle Interessenten nicht zufrieden stellen; vor allem jene nicht, die in diesem Stadtviertel wohnen, sagt Pirtea: „Wir sind Zeuge einer kontinuierlichen Verwahrlosung eines Areals, das über keine Entwicklungsstrategie der Infrastruktur und über keine attraktiven Leistungen für die Zielgruppe verfügt“, so Marilen Pirtea.
Um im internationalen aber auch im nationalen Wettbewerb bestehen zu können, müsse Temeswar ein attraktiver Studienstandort und im Vergleich zu anderen Universitätszentren konkurrenzfähig bleiben, sagt der Rektor. Temeswar müsse in diesem Kontext durch gebotene Leistungen und Möglichkeiten zur sozialen und kulturellen Entfaltung Studenten heranziehen. Der Rektor bezieht ich dabei auch auf Sicherheit und Sauberkeit, auf Zugang zu Kultur und Bildung. Das Studentenleben bedeute mehr, als nur die Stunden, die Jugendliche im Hörsaal verbringen, sagt Marilen Pirtea. Und in diesem Zusammenhang ziehen künftige Studenten bei der Wahl des Ortes, an dem sie sich 3-5 Jahre zum Studium aufhalten wollen, viele Kriterien in Erwägung. Dabei ginge es um das Bildungsangebot, aber um die soziale Komponente und um die Stadt im allgemeinen.
Dabei weist Pirtea darauf hin, dass vor allem für ausländische Studenten ein verwahrloster Campus zu einer Hürde wird, nach Temeswar zu kommen. Und nicht zuletzt sei die Stadt als Universitätszentrum eine Visitenkarte, doch diese werde durch das beschmutzt, was man „nur mit großer Mühe ´Studentencampus´ nennen kann“.
In diesem Kontext spricht die Universität ihre gesamte Offenheit den Verwaltungsbehörden gegenüber aus, sagt Pirtea, um Unterstützung für eine Entwicklungsstrategie für den Campus auszuarbeiten, „einen Plan, der in der Lage ist, langfristig den Erwartungen von Temeswar gerecht zu werden“.
Mediziner ist auch langfristig ein Spitzenberuf
Lyzealschüler beteiligen sich an Trend-Umfrage
40 Prozent aller angehenden Studenten wollen Medizin oder Wirtschaftswissenschaften studieren. Sie werden gefolgt von den Interessenten für Rechtswissenschaften, Sprachen/ Journalistik, Informatik/ Computerwissenschaften, Sport/ Kinetotherapie, Psychologie, Architektur oder sie wollen an die Polizeiakademie. Dies geht aus einer Studie der Temeswarer West-Universität hervor, die im Verwaltungskreis Temesch eine Trend-Umfrage unter Schülern der 11. (2/3 der Befragten) und 10. Klasse (1/3 der Befragten) veranstaltet hat.
Die Daten der Temeswarer staatlichen Uni zeigen aber auch, dass Schüler vor allem zu subjektiven Kriterien bei der Studienwahl geneigt sind (z.B. ob es ihnen gefällt, was sie machen werden). Dies kann die öffentlichen Politiken beeinflussen, da das Risiko besteht, dass es irgendwann eine große Anzahl an Fachleuten gibt, die sich jedoch für Bereiche mit einem schwierigen Zugang auf den Arbeitsmarkt entschieden haben. Bei den Jugendlichen mit hoher Mittelnote (über 9.00), sind Zugang zu Praktika, die Überzeugung, dass die gewählten Bereiche zukunftsträchtig sind, sowie das Prestige der jeweiligen Uni, bei der Studienorientierung ganz wichtig. Nicht zuletzt: Die guten Schüler entscheiden sich grundsätzlich früher für ihren künftigen Beruf. Ein Hochschulstudium absolvieren ist nach wie vor im Trend: 76 Prozent der Schüler möchten nämlich an die Uni. 65,6 Prozent an eine Rumänien, 10,5 der Befragten wollen im Ausland studieren. Die restlichen etwa 24 Prozent, die nicht an einem Hochschulstudium interessiert schienen, wollten in etwa zu gleichen Prozentsätzen nach dem Abitur in Rumänien bleiben bzw. auswandern.
Interessant ist auch die Auffassung der Schüler über gewisse Berufe oder Jobs, auf den diversesten Ebenen. Einkommen, Perspektiven des zukünftigen Berufes, Sinnhaftigkeit des Berufes für die Gesellschaft standen dabei bei den gesetzten Prioritäten ganz oben. Die Resultate ergaben ein positives Image vor allem für Medizinerberufe und für die Programmierer. Wenn es den Befragten um Einkommen ging, fanden sie den Arztberuf am attraktivsten und am wenigsten attraktiv den Beruf eines Lehrers, einem Journalisten ordneten sie die geringste soziale Bedeutung bei, die meiste dem Mediziner. In Sachen Nachfrage erhielten Programmierer die höchste Quote, am wenigsten gefragt sind den Aussagen nach die Mathematiker. Die größte Herausforderung kommt den Daten nach einem Mediziner zu, die geringste einem Priester. Die beiden Berufe werden auch am häufigsten genannt, wenn es um die Nachfrage in zwei Jahrzehnten geht: Mediziner sind auch langfristig im Trend, während Pfarrer in 20 Jahren kaum noch gesucht sein dürften.
Unfallversicherung für Berufsschüler
Auch Arader erhalten eine duale Ausbildung
Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachleuten hat auch Arad sozusagen „verpflichtet“ neue Wege in der Berufsausbildung zu gehen. Vorreiter ist auch hier – genauso wie in vielen anderen Städten Rumäniens – der Deutschsprachige Wirtschaftsklub. Der Deutsch-Rumänische Wirtschaftsverein DRW Arad hat nun verlässliche Partner für das Projekt der dualen Ausbildung und ab kommendem Schuljahr werden zwei Klassen mit Berufsausbildung mit direkter Implikation der Firmen laufen: Am Technischen Aurel Vlaicu-Kolleg in Arad wird eine Klasse für Schweißer und eine für Fachleute an CNC-Maschinen gegründet.
„Wir haben große Schwierigkeiten, Fachleute zu finden“, sagt der deutsche Bernd Böse, Geschäftsführer des Waggonbauers Astra Rail Industries, und seit kurzem Vizepräsident des DRW Arad. Solche Anregungen aus der Wirtschaft sind für den Vereinspräsidenten Manfred Engelmann nicht neu. Seit geraumer Zeit sucht der Wirtschaftsverein nach Lösungen, um das System der dualen Ausbildung umzusetzen, wie dies ihre Kollegen in Kronstadt und Temeswar bereits getan haben. Derzeit sind Schule und Wirtschaftsklub noch auf der Suche nach neuen Partnern, die Praktikumsplätze anbieten können. „Alle Firmen sollen mitmachen“, sagt Vereinspräsident Engelmann, denn „das ist die Zukunft“. Und dies sei keineswegs „eine Vision, sondern Überzeugung“. In Arad will man mit Einführung des neuen Bildungsmodells sogar eine Etappe überspringen und nicht erst einmal ein Pilotprojekt mit zweijähriger Bildungsdauer ankurbeln, sondern das von den Unternehmern landesweit geforderte Modell mit drei Ausbildungsjahren sofort einführen. Michaela Borza, Direktorim am Aurel Vlaicu-Kolleg, ist überzeugt, dass sich die Lehrkräfte anpassen und dem gehobenen Standard der Technik in den Werken gerecht werden. Und ganz neu in dieser Hinsicht. Eine Versicherungsgesellschaft bietet den Schülern für die gesamte Ausbildungszeit eine kostenlose Unfallversicherung an.
Für die beiden Klassen können sich Schüler melden, die die 8. Klasse abgeschlossen haben. Mit der Perspektive einer guten Berufsausbildung und einem Stipendium, das von zunächst 400 auf 500 Lei pro Monat steigen wird, biete sich hiermit eine gute Alternative zum Lyzealunterricht; was nicht zuletzt die Perspektive ergebe, besser zu verdienen, ohne auswandern zu müssen, sagt Waldemar Steimer von Arader Wirtschaftsverein DRW.