Aus der Nation, die bis 2007 – und auch danach – in Umfragen sich als die europabegeisterteste outete – ist eine europaenttäuschte Nation geworden, deren Politiker Europa voller Pfauenwürde anknurren, deren Fernsehpartei PPDD mit irrwitzigsten Versprechungen und dem instinktiv kultivierten Misstrauen gegen Politiker punktet, aber deren Politiker zeitgleich gewählt werden (die von anderen Parteirossen absprangen) und wo sich ein besorgniserregender Isolationismus gegenüber Europa mitten in der Regierungskoalition breitmacht.
Es hat bis 2007 in Rumänien keine ernsthafte Auseinandersetzung zum Thema EU-Mitgliedschaft gegeben. Genau so wie man hierzulande es nie für nötig fand, allen Ernstes über den Schengenbeitritt eine ergebnisoffene öffentliche Auseinandersetzung zu führen. Beides, EU- wie Schengenbeitritt, sind den Profiteilnehmern an Fernsehtalkshows zum verbalen Zermantschen überlassen worden. Dass letztendlich beide Beitritte politische Entscheidungen über das internationale Schicksal Rumäniens wurden und werden, dass sie nicht mit autorisierten und kompetenten Teilnehmern aus Rumänien durchgesprochen wurden und werden, das nehmen die „würdeerheischenden Vertreter“ Rumäniens Europa sogar noch übel, während sie, wenn sie unter sich sind, die ernstzunehmenden Gesprächspartner aus ihrem eigenen Land auf die Schippe nehmen.
Die zahlenmäßige Zunahme und die zunehmende mediale Präsenz der Politclowns auf den beiden exponierten Bühnen der rumänischen Politik, Abgeordnetenhaus und Senat, ist wohl der traurigste Ausdruck des fehlenden Interesses an einer Auseinandersetzung zu ernsthaften Themen des Binnen- und Außenschicksals Rumäniens. Aber es bleibt dabei: jede Demokratie verdient die Demokraten, die sie sich demokratisch wählt. Zur gleichen Zeit nagen Populismus und Europaskeptizismus an den Rändern des EU-Kuchens und machen ein Reinbeißen immer unappetitlicher.
Seit die Wunschvorstellungen vom Wohlstand per EU-Beitritt (ohne Verpflichtungen!) zerstieben, seit die Perspektivlosigkeit des Gemeinschaftsraums immer stärker und ausschließlicher als solche herüberstrahlt, ziehen hier wie dort Spekulantenparteien Wählerstimmen an – sofern es überhaupt noch Bürger gibt, die sich ihre Tage mit dem Gang zu den Urnen vergällen. Spaßparteien wie die des Beppe Grillo in Italien (20-Stunden-Woche, Rückkehr zur Lira als Währung) oder Frank Stronach, der in seiner Unternehmerpartei Jörg-Haider-Waisen und Parteienfrustrierte sammelt und in Österreich Ordnung schaffen will, haben mächtigen Zulauf, ebenso wie die ehemals einwanderungsfreundlichen Länder Holland und Finnland unter dem Druck Rechtsradikaler sich verkrampfen und wie Großbritannien in splendid isolation Fremdenhass zu schüren beginnt, sein Wahlvolk demoralisiert und in der Gefahr schwebt, in den Kessel des Populismus reinzuplumpsen.
Bei so viel intellektueller Verstopfung und Ideenverhedderung kann man die europäischen Perspektiven nur mit Zurückhaltung sehen. Oder mit Furcht.