Greta Thunberg wurde 18 und mit ihr eine Generation umweltbewusster und aktiver Jugendlicher volljährig. Was bedeutet dies für die nicht allzu weit entfernte Zukunft? Hoffentlich vieles und hoffentlich Gutes. Denn gerade sie ist zur Ikone einer Hinwendung zu einem bedachteren Leben geworden: weniger Konsum, mehr Achtsamkeit, wenn es um die Natur geht.
Uns erreichen täglich Bilder von Mikroplastik in der Arktis, von Seepferdchen, die sich an Wattestäbchen hangeln, oder von Plastik überwucherten Einst-Traumstränden. Wer meint, dass diese „fake“ sind, liegt falsch. Vor etwa sechs Jahren hat eine Reise nach CinqueTerre geführt, eines der Paradiese, die Italien den Touristen eröffnet hat: fünf Dörfer an den Klippen der Riviera Ligure di Levante, sonnig, bunt, mediterran-perfekt. Es sind vielleicht nicht die längsten und weißesten Strände, dafür aber eben „cosy“ und mit einem Blick aufs Meer einerseits, mit dem anderen auf die Bucht ringsumher, in der die Häuser, die wegen der Farben und dem „size“ an Macarons erinnern – Frankreich liegt ja so nahe! Es war weder Hochsommer noch Hochbetrieb, der Strand von Monterosso al Mare mündete in eine Enttäuschung. Der Mensch hat das auch im Paradies möglich gemacht: Plastik im Sand und Plastik im Meer überschatteten das sonst „picobello“ Bild. Im Sommer wird das wahrscheinlich anders sein, ohne Plastik im Paradies, damit es nicht das Auge stört.
Aus alt mach neu
Aber selbst das verteufelte Plastik kann ein zweites Leben bekommen. Eine Erinnerung nur: Vor wenigen Jahren warb man in großen Werbeplakaten in Temeswar für Recycling: „Wenn ich groß bin, will ich ein Spielzeugauto sein“, träumte eine Plastikflasche vor sich hin. Und spätestens seit dem Inauguration Day kennt nun ein jeder auch das Englische Wort „mittens“, als Senator Bernie Sanders die Handschuhe (eben „mittens“) anhatte, die jetzt so in sind: Sie bestehen teils aus der Wolle alter Pullover, teils aus Fleece, der aus recycelten Plastikflaschen stammt.
Und auch mein blaues Jackett ist neu. Und trotzdem alt. Es stammt aus einem Laden in der Mall, wurde zu einem „specialprice“ erstanden. Außer dem Preisschild hing daran ein weiteres mit der Aufschrift „showyou care“. Im Falle der Produkte aus dem betreffenden Laden kann es zweierlei heißen: Baumwolle aus nachhaltigeren Ressourcen oder recycelter Polyester (aus gebrauchten Plastikflaschen und alter Kleidung).
Und überhaupt: Recycling im Olympus des Konsums – damit meine ich die Mode – beginnt so langsam (wieder) ein Thema zu werden. Mitte November hatten die Vereine CRIES und „Temeswar – Europäische Kulturhauptstadt 2023“ im Rahmen der Veranstaltung „La Pas“ zu einer Online-Debatte zum Thema „Slow Fashion“ eingeladen. Wer meint, das wäre so etwas wie Slow Food, liegt… richtig. Es geht darum, nachhaltig zu denken. Zwei der geladenen Gäste kamen seitens des Ateliers REDU und zeigten, wie sie aus alten neue Kleidungsstücke herstellen, viele davon mit viel Pepp!
Porzellan, Ton, Glas – die Evergreens
Das Archäologische Museum von Igoumenitsa im Nordwesten Griechenlands ist klein, aber fein; der Bau und das moderne Innere stechen hervor in der griechischen Städtchenlandschaft, es wurde aus EU-Fonds errichtet. Die Touristen sind sicherlich von den Museen in Athen angezogen, aber dieses hier ist ein Besuch wert, sollte man gerade in der Gegend Urlaub machen und nicht nur Strände aufsuchen wollen. Es erzählt auch die Geschichte einer Frau, deren Grab ungefähr aus dem Jahr 200 vor Christus in der Nähe von Igoumenitsa ausgegraben wurde. Darin wurden unter anderem zahlreiche Töpfereiprodukte gefunden. Kann sich der Konsument der Wegwerfgesellschaft vorstellen, dass Behälter – ob aus Ton, Glas oder Porzellan – den Menschen so wertvoll waren, dass sie einen oft ein Leben lang begleiteten? Und das nicht nur in der Antike, sondern noch Anfang des 20. Jahrhunderts. Dahingegen: Wieviel Plastikgeschirr hat jeder von uns auf dem Gewissen?
Die Augen kaufen mit
In manchen Dorfhaushalten war es bis vor Kurzem und ist es wohl immer noch möglich Null Abfälle zu produzieren. In solchen Haushalten wurde alles Lebensnotwendige von Essen bis zur Kleidung produziert und konsumiert, die Essensreste kamen den Tieren zum Wohl.
Am 1. Januar ist in Rumänien das Gesetz für das Management des kompostfähigen Abfalls in Kraft getreten. Wer gegen das Gesetz verstößt, zahlt Strafe in Höhe von 400-800 Lei (Privatpersonen) oder 10.000-20.000 Lei (Firmen). In Städtchen und Gemeinden um Temeswar herum haben die Hausbesitzer nun außer den gewöhnlichen Tonnen und der Tonne für Recycling einen Komposter stehen. Wie das Umdenken und Umstellen jedoch bei einem Zehn-Etagen-Block funktionieren soll, wird sich noch zeigen.
Das Gesetz ist jedoch umso wichtiger, da eine Studie unter der Koordination der Universität für Agrarwissenschaften und Tiermedizin Klausenburg aus dem Jahr 2020 angibt, dass 83 Prozent der Einwohner Rumäniens unverbrauchte Lebensmittel wegwerfen. An der Studie haben sich Bürger aus Rumänien, der Republik Moldawien und Mazedonien beteiligt. Die Rumänen sind Spitzenreiter in dem traurigen Top (dahingegen haben nur 78,7 Prozent der Bewohner der Republik Moldawien und 67,2 Prozent der Mazedonier angegeben, Essen wegzuwerfen). Hierzulande landen gekaufte und unverbrauchte Früchte, Gemüse und Brot in den Müll. Man kauft mehr als man verbraucht.
Firmen können etwas fürs Recycling tun. Oder eben nicht
Recycling muss unterstützt werden und man fühlt sich vielleicht als Einzelner manchmal alleingelassen. Beispiele sollten (auch) die Firmen liefern. Manche tun es, manche lassen es aber aus. Eine Supermarktkette hat im Januar in den Parkplatzanlagen von insgesamt 64 Supermärkten Recyclingautomate aufgestellt. Wirft der Kunde drei Plastikflaschen, Gläser oder Dosen ein, wird er mit einem Voucher belohnt, den er für ein Produkt einlösen kann, das so verbilligt wird. Ein kleiner Schritt, aber einer, den man sieht.
Jedoch nicht alle Firmen bemühen sich. Wenn das Entpacken eines Spielzeugs ein Viertel Spielzeug und drei Viertel Verpackung ergibt, manchmal sogar als ein Mix aus Karton, Plastik und Metall (wenn das Objekt mit Drähten an den Karton angebunden ist), dann muss doch etwas falsch daran sein!
Oder wenn große Haushaltsobjekte nicht mehr die Ausdauer der Haushaltsobjekte von früher haben. Ein Ehepaar (Siebzig- oder Achtzigjährig) hat im Laufe des Ehelebens wahrscheinlich zirka zwei-drei Waschmaschinen (oder Kühlschränke) gehabt. Manchmal hielt so ein Ding ruhig 20 Jahre durch. Die erste Waschmaschine meiner Ehe funktionierte noch palletti nach 10 Jahren. Eine neuere (von demselben Hersteller) ist partout nach dem Ablauf der Garantie kaputtgegangen. Wir haben sie noch zwei Mal repariert, die Reparaturen waren jedes Mal ein Drittel von dem Gesamtpreis, das dritte Mal musste eine neue Waschmaschine her. Nun ist oder sollte zumindest so ein Koloss von Metall und Plastik kein Wegwerfobjekt sein, das man leichtfertig aufgibt, um sich dann schnellfüßig auf die Suche nach einem neuen zu begeben.
Die neue Normalität des verminderten und bewussten Konsums sowie des Recycelns wird mit dem Umdenken beginnen. Denn es geht nicht mehr mit Verbrauchen, Wegwerfen und Wegschauen.