Zwischen den „Zwei Frauen auf Tahiti“ und der Asiatin „Eunji“ liegen 114 Jahre und viel Pazifik-Wasser, aber eigentlich keine Welten. Die Maler Paul Gauguin und Frédéric Léglise, beide Franzosen, sondieren die erotische und exotische Welt der Frau: Die Pose ist dieselbe, die Tahitianerinnen drücken eine Schale roter Früchte an ihre enthüllten Brüste, Eunji drückt ein herzförmiges Kissen mit Minnie und Micky in Hochzeitsoutfit an sich. Und damit ist der Punkt schon erreicht: Frédéric Léglise ist nämlich einer der bedeutendsten Repräsentanten der Gegenwartsmalerei in Frankreich und ist stark von der Pop-Art beeinflusst, wie der Kunstexperte Thomas Emmerling, einer der Redner bei der Vernissage der Ausstellung „Frédéric Léglise – der Künstler und das Modell“ im Kunstmuseum Temeswar am vergangenen Donnerstag hervorgehoben hat.
Auch zwischen Gustav Klimts „Judith“ und Frédéric Léglises „Ziqiao“ und kann man Parallelen ziehen, auch wenn letztere schüchterner dreinschaut und der goldene Hintergrund vom französischen Gegenwartskünstler mit Hilfe von Pailletten ausgeführt ist. Auch dieses Bild hängt nun in einem der Säle des Temeswarer Kunstmuseums.
Eingeteilt ist die Ausstellung in vier Abschnitte: „Vom Abstrakten zum Figurativen“, „Die weiße Periode“, „Das bunte Universum der Weiblichkeit“ und „Die Selbstporträts meines Schattens“. Dabei wird der Besucher durch Schaffensetappen und Themenwelten des Artisten geführt: Von der Suche nach eigener Ausdruckskraft bis zum Explorieren des diaphanen Weiblichen, dann auch des lasziven, erotischen Weiblichen und schließlich zu einer Serie „Selbstporträts“: Schädel mit mindestens drei, aber meist mit Dutzenden Augen, aus denen noch Buchstaben eines Buchblattes hervorlugen, das überbemalt wurde. Oder derselbe Schädel mit vielen Augen, hinter denen man das Bildnis einer Greisin, die ein bisschen an Holbein-Malereien erinnert.
Die Vernissage wurde durch den Museumsdirektor Victor Neumann eröffnet. Kuratorin Oana Ionel sprach über das Werk des Malers, das ihrer Meinung nach „die Linie des antiken Schönheitsideals der Frau weiterführt und dieses mit einem komplexen multikulturellen Kontext ergänzt, in dem die Personen unter dem Zeichen der Selbstständigkeit und der Selbstbewusstheit erscheinen. Somit wird die Nacktheit der Frauen aus dem erotischen Kontext entwendet und stellt eher eine ‚psychologische Nacktheit dar‘“.
Frédéric Léglise wurde 1972 in Nantes geboren, er lebt und arbeitet in Paris, unterrichtet an der Kunsthochschule in Grenoble und hat unter anderem in Frankreich, Griechenland, Südkorea, Belgien und Italien ausgestellt.