Die Kirche in Charlottenburg steht nicht nur vom Baulichen her im Zentrum des einstigen Schwabendorfes sondern wiederholt wird sie auch zum Mittelpunkt eines geistigen und kulturellen Lebens. Interethnisch und auch interkulturell geht es ab, wenn im Oktober das Kirchweihfest stattfindet und dann noch einmal im Dezember, wenn das Weihnachtskonzert angesagt ist. Deutsche, Rumänen, Ungarn fanden sich im Dezember nun schon zum zweiten Mal zu einem solchen Weihnachtskonzert ein. Diesmal noch größer, irgendwie vollständiger und parallel dazu mit mehr Zuschauern und Zuhörern als bei der Premiere dieser Veranstaltung ein Jahr zuvor. Geschätzte 150 Personen in der kleinen Kirche in Charlottenburg - das sind fast doppelt so viele wie es Sitzplätze gibt und sieht rekordverdächtig aus.
Beibehalten hatten die Organisatoren all das, was sich bereits ein Jahr zuvor schon erfolgversprechend gezeigt hatte. Die heilige Messe, die Weihnachtslieder des Ortschores, der Auftritt des „Orchestra Classica Timișoara“ unter der Leitung von Enrico Cannata. Diese Weihnachtsstimmung tragen Veranstalter und Teilnehmer dann hinaus auf den Weihnachtsmarkt vor der Kirche, in den Duft von Kaffee, Kuchen und Glühwein – gleich daneben handgefertigte Souvenirs. Dazu anschließend das gesellige Beisammensein im Lokal „Das Haus“. Dieser Name, die deutsche Ortsbezeichnung und die beiden deutschen Veranstaltungen unterstreichen den „deutschen“ Charakter, der derzeit den Ort eingenommen hat.
Der katholische Ortspfarrer Ioan Cădărean hat es geschafft, in dem kleinen Dorf, in dem noch ein einziger Deutscher lebt, den Geist des Kulturellen und der Tradition wieder aufleben zu lassen. Um den Seelsorger versammelten sich Ana-Maria Dascălu, Vorsitzende des Deutsch-Rumänischen Kulturgesellschaft, und ihr Gatte Bogdan, beide tonangebende Personen, wenn es in der Adventszeit um Weihnachtskonzert, Weihnachtsmarkt, Brauchtum und Kulturpflege in Charlottenburg geht, ein Ort in dem in den 1970er Jahren mit seinen über 120 Katholiken – davon über 100 Deutsche - noch größtenteils Schwaben lebten. Das bestätigten mir vor einigen Monaten gebürtige Charlottenburger. Laut Wikipedia mit Berufung auf die Volkszählung von 1977 werden noch 79 Deutsche in Charlottenburg angegeben. Für Pfarrer Cădărean ist eine solche Veranstaltung in der Adventszeit eine gute Gelegenheit, sich „geistig auf Weihnachten einzustellen“, für die deutsche Konsulin Regina Lochner ist es „Vorfreude auf Weihnachten“ und die Mitinitiatorin und Veranstalterin Ana-Maria Dascălu freut sich darüber, dass viele Vereine, Konsulate und Honorarkonsulate, aber auch die Kommunal- und Kreisverwaltung mitmachen, „dass das kulturelle Leben in der Gemeinde Neuhof/ Bogda neuen Aufwind erhält und auch die Tradition des Weihnachtsmarktes aus dem deutschsprachigen Raum hier fußfassen konnte“.
Heute, mit vielen Neubürgern, die sich aus Temeswar oder Lippa angesiedelt haben, hat sich die Bevölkerungsstruktur in Charlottenburg radikal verändert, doch ein Weihnachtskonzert mit professionellen Musikern, eine dreisprachige heilige Messe, ein Konzert mit Weihnachtsliedern eines inzwischen vor Ort gegründeten Chores tragen erneut auch das Deutsche hinaus in die Gassen von Charlottenburg und über klassische und neue Medien hinaus in die Welt. In der Kirche drängen sich etwa 150 Gläubige zum Konzert, bei dem auch der Erstklässler David Chiș vom Temeswarer Musiklyzeum auftreten darf. Seine Musiklehrerin Iolanda Banyacskay zeigt in der ersten Reihe ihre Begeisterung über den Auftritt des jungen Violinisten. Deutschlands Konsulin Regina Lochner ist ebenfalls dabei, und füllt mit ihrer sonoren Stimme den Raum des Gotteshauses bis über die Empore hinaus, die mit Blumen geschmückt ist.
Zustande kommt das großangelegte Adventsfest im kleinen Charlottenburg auch deshalb, weil die Gemeindeverwaltung versteht, wie wichtig es ist, über überlieferte Kultur den Tourismus anzukurbeln, weil der Kreisrat, lokale Fördervereine und die Gastronomen das Potenzial der kleinen idyllischen Dörfer an den Ausläufern der Lippaer Hügel erkennen, und weil sich der noch junge Rekascher Verein „Gutedel“ zwar nicht mit Gegorenem der gleichnamigen Traubensorte dafür aber mit Wurstwaren nach banatschwäbischen Rezepten und mit Tanz aus dem Banater deutschen Kulturgut beteiligt.
Die Solisten, die das Publikum begeistert haben, waren: Chiș Marta, Konsulin Regina Lochner, Violeta Osorhean Ogîrcin, Vanzelli Gianluca, Grigore Teodorescu und David Chiș.
Zu den Organisatoren gehörten: das Bürgermeisteramt der Gemeinde Neuhof / (Bürgermeister Iasmin Iovănuț), der Verein Comeat-Lichtenwald, die Rumänisch-Deutsche Kulturgesellschaft Temeswar, die Römisch-Katholische Kirchengemeinde Charlottenburg (Pfarrer Ioan Cădărean), der Kulturverein Fucina Italica Griselini aus Temeswar und der Kreisrat Temesch. Partner der Veranstaltung waren: das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar (Konsulin Regina Lochner), das Demokratische Forum der Deutschen im Banat, der Verein Gutedel Rekasch, das Honorarkonsulat Italiens in Temeswar und die Gesellschaft „Dante Alighieri“ aus Temeswar.