Marlen Haushofers Leben
Am 11. April dieses Jahres jährt sich Marlen Haushofers Geburtstag zum hundertsten Mal. Sie wurde in einem Forsthaus in Effertsbach, Oberösterreich geboren, wo Marlen Haushofer ihre glückliche Kindheit verbrachte...Im Herbst 1939 beginnt sie ihr Germanistik-Studium an der Universität Wien, das sie aber nicht abschließt...
1947 siedelt sie mit ihrem Mann nach Steyr in Oberösterreich über, wo sie bis zu ihrem Tod lebt. In den letzten Jahren ihres Lebens leidet Haushofer an Knochenkrebs. Sie stirbt am 21. März in einer Wiener Klinik im Alter von 49 Jahren.
Das Werk Marlen Haushofers
Ab 1946 erschienen ihre ersten kurzen Erzählungen in österreichischen Zeitungen und Zeitschriften...Einen ersten Erfolg erzielte sie mit der Novelle Das fünfte Jahr, in der sie ein Jahr im Heranwachsen eines Kindes beschreibt...Ihre ersten beiden Romane Eine Handvoll Leben (1955) und Die Tapetentür (1957) beschreiben nach Christa Gürtler scheiternde „weibliche Befreiungsversuche". 1958 erscheint ihr von vielen Kritikern als Meisternovelle eingestuftes Buch Wir töten Stella...
1963 erscheint ihr Roman Die Wand, der ihr zeitlebens die meisten Leser einbrachte und den die Schriftstellerin als ihr Meisterwerk einschätzte... Sie erhält 1968 für den Roman den österreichischen Staatspreis für Literatur. Ein Jahr nach ihrem Roman DieWand veröffentlicht Haushofer das Kinderbuch Bartls Abenteuer...In der Folge veröffentlicht sie noch weitere Kinderbücher, mit welchen sie zu Lebzeiten paradoxerweise größeren Erfolg als mit ihrem restlichen Werk hatte...
Rezeption des Romans Die Wand
Die Erstveröffentlichung der Wand im Jahr 1963 brachte der Schriftstellerin nicht den verdienten Erfolg... Durch die Neuauflage der Wand 1983 in einer durch die Angst vor dem Atomtod geprägten Gesellschaft erhielt das Buch die gebührende Aufmerksamkeit ... Allerdings wurde dadurch die Lesart des Romans als Science-fiction-Literatur, als apokalyptischer Roman begünstigt...
Der biographische Deutungsansatz bringt den Roman mit dem Leben der Schriftstellerin in Verbindung... Der Roman wurde auch als Kritik an der Gesellschaft und Zivilisation rezipiert oder als Überlebenskampf einer Frau inmitten der Natur, als weibliche Robinsonade gelesen...Der Roman erfuhr auch psychologische Deutungen, da die Wand als „häufigste Metapher für Schutzmechanismen und Kommunikationsbarrieren” fungiert... Auch wenn alle diese Deutungen ihre Berechtigung haben, handelt es sich meiner Meinung nach mit der Wand um einen existenziellen Roman, der sich auf die Lebensbewältigung der weiblichen Hauptgestalt konzentriert...
Dem Roman wohnt auch eine utopische Komponente inne, in der Auffassung, dass es nur durch die Liebe möglich wäre, die Welt zu retten...
Das Ende des Romans bleibt offen für gegensätzliche Interpretationen...In der vom Konsum und Internet bestimmten Welt des 21. Jahrhunderts, in der die Zeit immer knapper wird und daher der verantwortungsvolle Umgang mit ihr im Leben des Einzelnen immer größere Bedeutung gewinnt, bleibt Haushofers Meisterwerk von großer Aktualität.
Gekürzte Fassung der literarischen Studie