Bukarest (ADZ) - Premierminister Marcel Ciolacu hat zum Auftakt der Regierungssitzung, auf der die Reformvorlage verabschiedet wurde, keinen Hehl aus dem Ernst der Fiskalschieflage gemacht: Rumänien könne sich „Erleichterungen und Privilegien im Wert von 75 Milliarden Lei sowie eine Steuerhinterziehung von jährlich 150 Milliarden Lei nicht mehr leisten“, sagte er. In Rumänien herrsche ein absurdes Paradox: Europaweit die höchste Besteuerung der Arbeit, die fast geringste des Kapitals. Als Ministerpräsident sei Ciolacu aber verpflichtet, die Interessen Rumäniens über die Interessen von Konzernen zu stellen. Zu diesen Interessen gehören die Auszahlung der europäischen Mittel von 75 Milliarden Euro, aber auch der Beitritt Rumäniens zur OECD, erklärte der Sozialdemokrat. Deshalb schreite die Regierung zur „ambitioniertesten Reform des Haushaltsapparats seit der Wende.“
Der Wirtschafts- und Sozialrat (WSR), dem neben der Regierung auch Arbeitgeber und Gewerkschaften angehören, zeigte sich unbeeindruckt und gab im Vorfeld ein ablehnendes Gutachten ab. Die Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand seien „nicht überzeugend“. Die Regierung wolle 100 Milliarden Lei mehr kassieren; somit müsse die Privatwirtschaft 85 Prozent der Anstrengung zur Austarierung des Haushalts schultern, während beim Staat nur 16 Milliarden Lei unter den Sparstift kommen, rügte das Gremium. Eine höhere Steuerbelastung des Privatsektors habe bisher eine gegenteilige Wirkung gehabt – es sei daher sehr wahrscheinlich, dass die Haushaltseinnahmen infolge dieser Maßnahmen eher sinken als steigen werden, da tendenziell Steuervermeidung gefördert werde und Behörden bisher weitgehend unfähig waren, Hinterziehung und Schwarzarbeit in Griff zu bekommen, so der WSR.