Etwas war heuer anders im Vorfeld der Leipziger Buchmesse: die Stimmung. Vom notorischen „Katastrophismus“ (Wagenbach-Verlegerin Susanne Schüssler), seit jeher Markenzeichen der deutschen Buchbranche, war heuer nicht viel zu spüren. Die Angst vor dem Internetbuchhandel scheint gedämpft zu sein. Natürlich ist das auch ein Verdienst der Verlage, die sich dem neuen Medium nicht mehr verschließen, sondern es auf vielfältige Weise zu nutzen gelernt haben. Die Umsätze des Sortimentbuchhandels sollen 2013 sogar um 0,9 Prozent gestiegen sein.
Diese Stimmung war auch tatsächlich in den Hallen des Leipziger Messezentrums an den Tagen zwischen dem 13. und 16. März spürbar. Bücher wohin das Auge sah, aber auch Menschen auf Schritt und Tritt. Und Lesungen satt. Zu den 1944 Ausstellern gesellten sich sage und schreibe 3000 Autoren & Moderatoren, die sich an 410 verschiedenen Orten in der Stadt und auf dem Messegelände in 3200 Veranstaltungen dem Publikum präsentierten. Zu all dem kommt natürlich noch ein riesiges Medienecho mit unzähligen Stunden Direktübertragungen und Berichterstattungen in Radio und Fernsehen.
Auch die fünfzehn Preise tragen zur steigenden Beliebtheit der Leipziger Buchmesse bei: Alfred-Kerr-Preis, avj-medienpreis, BuchMarkt-Avard, Bücher-Rallye, Druckgrafik-Wettbewerb, Indie Autor Preis auf der Leipziger Buchmesse, Kurt-Wolff-Preis, Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, Leipziger Lesekompass, Lesekünstler des Jahres, Literaturpreis SERAPH, Preis der Leipziger Buchmesse, prix des lycéens allemands, Schulbuch des Jahres, Schönste Bücher aus aller Welt. Unter diesen Auszeichnungen ist der Preis der Leipziger Buchmesse der renommierteste. Heuer haben ihn Robin Detje (Übersetzung), Helmut Lethen (Sachbuch/Essayistik) und Saša Stanišic (Belletristik) erhalten.
Für den Übersetzerpreis waren neben Robin Detje (aus dem amerikanischen Englisch) noch Paul Berf (aus dem Norwegischen), Ursula Gräfe (aus dem Japanischen), Hinrich Schmidt-Henkel (aus dem Französischen) sowie der aus dem Banat stammende Autor, Übersetzer und Literaturmanager Ernest Wichner nominiert. Wichner hat das „Buch des Flüsterns” von Varujan Vosganian (Paul Zsolnay Verlag) aus dem Rumänischen übersetzt. Die Begründung der Jury für diese Nominierung lautet: „Ernest Wichners kristalline Übersetzung erschließt uns das blutig-pittoreske Epos eines versprengten Volkes – der Armenier in Rumänien, die wussten, dass nicht die Generäle Geschichte schreiben, sondern die Dichter.“
Als Gastland präsentierte sich heuer die Schweiz auf der zweitgrößten Buchmesse Deutschlands. Wie jedes Jahr spielte aber auch Ost- und Südosteuropa eine wesentliche Rolle. In der Halle 4 trafen Verleger, Autoren und Übersetzer, die das Thema Rumänien in irgendeiner Weise anschnitten oder eingehend behandelten, auf interessiertes Publikum. Im Café Europa, im Forum International, beim Stand des Rumänischen Kulturministeriums oder im Traduki-Südosteuropa-Forum, aber auch an anderen Orten außerhalb des Messegeländes fanden Lesungen und Diskussionen mit rumänischen und aus Rumänien stammenden Büchermenschen statt. Zu den Protagonisten dieser Veranstaltungen zählten: Horst Samson, Daniel Bănulescu, Ernest Wichner, Hannelore Baier, Ernst Meinhardt, Harald Roth, Georg Aescht, Gert Fabritius, Ştefan Baghiu, Ioan Groşan, Jan Cornelius, Helmuth Frauendorfer, Cătălin Dorian Florescu, Dana Grigorcea, Tatiana Nicolescu und nicht zuletzt Traian Pop, der mit seinem Literaturverlag einen unschätzbaren Beitrag zur Vermarktung des Namens Rumänien in der deutschen Literaturszene leistet. Der POP-Verlag war wie in den Jahren zuvor in der Halle 4 präsent.
Am ersten Tag der Leipziger Buchmesse wurden die wichtigsten Preise für Print-Ausgaben vergeben und am letzten Tag die besten Self-Publishing-Werke mit Auszeichnungen bedacht. So scheint sich ein Kreis geschlossen zu haben, der doch einige Jahre brauchte, um seine Kontur zu finden.Verlags- und Eigenverlagsprodukte (vorwiegend im E-Book-Format) können also auch einträchtig nebeneinander existieren. Film und Fernsehen haben es doch auch geschafft. Warum sollten Print und Internet es also nicht können.