Am Sonntag, dem 28. Juli, war Deutsch-Kreuz/Criţ der Mittelpunkt des Haferlandes, diesmal vielleicht aber auch eines weit größeren Umfeldes. Bereits Stunden vor Beginn des Festgottesdienstes füllten sich die Straßen im Dorfzentrum mit Pkws der angereisten Gäste. Die Burzenländer Blaskapelle spielte schon ab 10 Uhr auf - die Blasmusik und später das Glockengeläut kündigten den Festtag an. Es sollten gut über 600 Teilnehmer zu dieser Veranstaltung eintreffen. Rund ein Sechstel der Anwesenden waren Deutschkreuzer, fast alle von ihnen aus Deutschland zum ersten Heimattreffen der HOG in Deutsch-Kreuz angereist.
Unter den Teilnehmern waren Persönlichkeiten des Landesforums anwesend (DFDR-Vorsitzender Dr.Jürgen Porr, Unterstaatssekretärin Christiane Cosmatu, DFDKK-Vorsitzender Wolfgang Wittstock) sowie aus der Führung der evangelischen Landeskirche (Bischof Reinhart Guib, Landeskirchenkurator Friedrich Philippi, Alt-Bischof Dr. Christoph Klein). Selbstverständlich fehlten jene nicht, denen die erste Auflage der Haferlandwoche zu verdanken ist: Peter Maffay und Michael Schmidt – die Initiatoren, durch ihre Stiftungen, dieser Veranstaltungsreihe.
Ein weiterer Mitveranstalter, der Verband der Siebenbürger Sachsen war durch seinen Vorsitzenden, Dr. Bernd Fabritius, auf höchster Ebene vertreten. Als Ehrengäste aus Hermannstadt begrüßt wurden der deutsche Generalkonsul Thomas Gerlach sowie der Hermannstädter Oberbürgermeister Klaus Johannis. Unter den Teilnehmern konnten auch weitere Persönlichkeiten aus der Politik (Senator Mircea Geoană, der Abgeordnete Bogdan Niculescu Duvăz), der Wirtschaft und der Kulturszene erkannt werden. Die überraschend große Resonanz des „Sachsentreffens“ in Deutsch-Kreuz, (wie diese Veranstaltung inoffiziell und spontan benannt wurde) ist wohl dem Bekanntheitsgrad der Hauptveranstalter zu verdanken, wie auch der Tatsache, dass diese Veranstaltungsreihe unter der Schirmherrschaft von Dr. h.c. Susanne Kastner, Vorsitzende der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages, steht.
Der bekannte Politologe und Journalist Emil Hurezeanu sagte gegenüber der KR, Deutsch-Kreuz sei dank dieses Fests zu „einem Ort der Erinnerungsgemeinschaft“ geworden. Er sei froh und überrascht, nach langer Zeit, so viele Leute aus so verschiedenen Orten und Bereichen bei so einer Veranstaltung anzutreffen. „Wenn es wieder solche Orte der Gemeinschaftserinnerung gibt, wie es die mittelalterlichen Kirchenburgen, Kirchen, und die damit verbundenen Feste sind, so bedeutet das auch eine Chance, dass wir im vereinten Europa wieder zusammenfinden“, so Hurezeanu. Rumäniens Botschafter in Berlin, Lazăr Comănescu, hob die Brückenfunktion der deutschen Minderheit aber auch jene der ausgewanderten Siebenbürger Sachsen in den rumänisch-deutschen Beziehungen hervor. „Ich bin sehr froh, an so einer schönen Veranstaltung teilnehmen zu können. Ich bin der rumänische Botschafter in Deutschland. Aber Michael Schmidt und Peter Maffay sind es auch“, sagte uns der Botschafter auf Deutsch.
So wurde die von der EU geförderten Kirchenburg zu einer Stätte der Begegnung, was sowohl in der Kirche als auch bei den anschließenden Ansprachen wiederholte Male hervorgehoben wurde – sowohl auf Rumänisch als auch auf Deutsch. Dr. Bernd Fabritius begrüßte die Tatsache, dass in Siebenbürgen sächsische Kultur und Traditionen lebendig bleiben; Dr. Jürgen Porr unterstrich etwas ganz Besonderes: gleichzeitig konnte eine evangelische Kirche und ihre wertvolle Orgel wiederhergestellt und eingeweiht werden. Und das geschieht in einer kleinen Ortschaft, die noch vor vier Jahren abgelegen und vergessen war, praktisch der „Versunkenheit“ preisgegeben, wie Landesbischof Reinhart Guib in seiner Festpredigt festhielt.
In derselben Predigt vor einer vollen Kirche unterstrich der Bischof: „Gott hat aber noch viel mit uns vor.“ Es ginge um eine Weichenstellung, um neue Wege, deren wir uns einzeln aber auch als Gemeinschaft in Gottesvertrauen bewusst sein sollten. Peter Maffay griff diesen Gedanken auf, als „absoluter Optimist“, der aber nicht realitätsfremd sei, wie er der KR erklärte. In Bezug auf den Zusammenhalt, ohne den nichts erreicht werde, sagte er: „Es schwingt immer ein bisschen Sentimentalität mit. Aber es bleibt dabei. Das bestätigt sich immer mehr. Aus allen Teilen der Gesellschaft kommen Leute zusammen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: nämlich diese Geschichte, diese Lebenskultur zu respektieren, lebendig zu machen. Und das fängt an zu gelingen.“
Die einmalige siebenbürgische Landschaft habe „unglaublich viel zu bieten: menschlich, kulturell, geschichtlich in jeder Form. Das muss man für die nachkommenden Generationen erhalten.“
Dieser Aufgabe hat sich auch die „Michael Schmidt Stiftung“ verschrieben. Michael Schmidt hatte nämlich den Vorschlag, als er von Peter Maffay von dem „Tag der offenen Türen“ in Radeln hörte (am Samstag im Programm der Haferland-Woche), auch andere Ortschaften dieses Gebietes („Haferland“) in eine Veranstaltungsreihe mitaufzunehmen. Das sind: Bodendorf, Meschendorf, Deutsch-Kreuz, Deutsch-Weißkirch, wobei auch Reps hinzukommt. „Ich bin zufrieden. Wir hoffen, dass alles gut läuft“, fasste Michael Schmidt die ersten Eindrücke zusammen, wobei er auch viel Wert darauf legte, dass für das leibliche Wohl sämtlicher Teilnehmer gesorgt wurde (die Stiftung spendete nämlich das Festessen).
Über weitere Pläne der Stiftung für seine Heimatgemeinde Deutsch-Kreuz sagte Schmidt auf KR-Anfrage: „Was wir uns vorgenommen haben, werden wir fertigbringen. Leider gab es dieses Unglück mit dem ehemaligen Pfarrhaus. Wir haben inzwischen aber alle Genehmigungen und werden das Haus genauso herrichten, wie es war.“ Dafür werden alle Kräfte konzentriert, sodass andere ursprüngliche Projekte (die der Kirchenburg direkt benachbarte ehemalige deutsche Dorfschule, heute eine Bauruine, als Pension einzurichten) wohl noch aufgeschoben werden müssen.
Dipl.-Ing. Karl Hellwig dankte in seiner Ansprache all jenen von nah und fern, die zum Gelingen dieser Renovierungen beigetragen haben, sei es durch Spenden, Arbeitseinsatz, moralische Unterstützung oder auch … durch Kritik, die die Verantwortlichen aufmerksamer und pünktlicher gemacht hätten. Ein besonderer Dank ging an alle Deutsch-Kreuzer aus dem Dorf aber auch von der HOG Leitung (Vorsitzender Johann Hellwig und der ehemalige Vorsitzende, gegenwärtig Ehrenvorsitzender Johann Imrich).
Blasmusik und die Aufführung der Kronstädter Korona-Tanzgruppe sorgten für den Folklore-Teil des Festes – der Beweis, dass die sächsische Volkskunst weiter lebt. Nicht nur, aber besonders dafür, gab es reichen Applaus. Die Wanderausstellung mit Roll-ups, mit Fotos und Begleittexten zu den Haferland-Ortschaften, zusammengestellt unter Leitung von Dr. Martin Rill (auch als Teilnehmer in Deutsch-Kreuz mit dabei) war im Eingangsbereich der Kirchenburg zu sehen. Sie und auch das Dorfmuseum in Räumlichkeiten der Wehrmauer untergebracht (mit alten Werkzeugen und Haushaltsgegenständen sowie Fotos und Malereien), sprachen vor allem von der Vergangenheit aber auch von der Gegenwart dieses ehemals sächsischen Dorfes.
Am Nachmittag folgte ein besonderes Festkonzert zu Ehren der Thois-Orgel ,die nun zu ihrem 200-jährigen Jubiläum, gleichzeitig auch das Jubiläum der Deutsch-Kreuzer Kirche, mit klarem, sauberem Klang die Zuhörer und Gottesdienstteilnehmer erfreuen kann. Das Konzert bestritten an der Orgel Steffen Schlandt, Ursula Philippi, Wilhelm Schmidts und Klaus Untch begleitet von einem Projektchor mit Sängerinnen und Sänger aus Kronstadt und Hermannstadt (Solisten Melinda Samson, Sopran, und Wilhelm Schmidts, Bass) sowie ein Kammerorchester (Solist Horst Schuster, Klarinette), beide unter Leitung von Kurt Philippi.
Der Dirigent schlüpfte gekonnt auch in die Rolle eines erzählenden Moderators, als es um die Geschichte eines aus Schweischer stammenden Organisten ging, der auch an dieser Orgel gespielt hat. Einleitend hatte Ferdinand Stemmer die Orgel anhand von Musikbeispielen von Steffen Schlandt vorgestellt. Die Orgel wurde nämlich unter Leitung von Ferdinand Stemmer und Barbara Dutli von den Mitgliedern der Honigberger Orgelbauwerkstatt restauriert. Es war ein interaktives Konzert, weil auch die Zuhörer bei drei Liedern durchs Mitsingen einbezogen wurden. Dank moderner Technik konnte das Publikum auf einem Großbildschirm auch die Organisten an der Altarorgel mitverfolgen, da ansonsten aus dem Kirchenraum kein Sichtkontakt besteht.