Eine besonders bedeutende Stelle unter den siebenbürgisch-sächsischen Persönlichkeiten nimmt der vor 150 Jahren in Fogarasch geborene Sprachforscher, Historiker und Volkskundler Adolf Schullerus ein. Er hat ein Werk von über 300 Titeln wichtiger Schriften in den Bereichen der Dialektologie, Folkloristik, Literatur, Literaturkritik und -geschichte, Theologie, Pädagogik und Publizistik hinterlassen. Aber auch die von ihm hinterbliebene Korrespondenz, die er mit Persönlichkeiten seiner Zeit geführt hat, bietet weiteren Aufschluss über sein Gedankengut und Meinungen zu verschiedenen Aspekten des kulturellen, geistigen und politischen Lebens. Allein aus dem Briefwechsel mit Oskar Netoliczka sind das 91 Schriften, mit Gustav Kisch (34), Franz Oberth (19), Victor Roth (16) u.a. erhalten geblieben. Interessante Meinungsaustausche hat er auch mit rumänischen Persönlichkeiten seiner Zeit wie Ion Mu{lea, Sextil Pu{cariu, Alexandru Rosetti geführt.
Als Schulmann hat er der Lehrerschaft mit wichtigen Anleitungen helfen können. Als Theologe der auch Stadtpfarrer von Hermannstadt und Bischofsvikar war, hat er zu Erneuerungen in der Evangelischen Kirche beigetragen. Mit Konsequenz hat er sich für die Pflege des Volksgutes eingesetzt und war ein würdiger Vertreter der Volkskundler gleich welcher der da lebenden Ethnie sie angehörten. In den rumänischen Kreisen hat Ovidiu Papadima zum ersten Mal auf die Bedeutung des Schaffens von Adolf Schullerus hingewiesen und somit einen weiten Kreis auf dessen wissenschaftliche Tätigkeit aufmerksam gemacht. Als Herausgeber des Korrespondenzblattes des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde hat Adolf Schullerus darin auch eine Rubrik „Zur Volkskunde“ ins Leben gerufen, in der er Besprechungen, Mitteilungen, Rezensionen u.a. Materialien zur Volkskunde, auch der rumänischen und ungarischen veröffentlichte.
Nicht zu vergessen sein „Siebenbürgisches Märchenbuch“ das 22 der schönsten deutschen, rumänischen und ungarischen Märchen aus Siebenbürgen umfasst, oder die heiteren „Geschichten vum Tschiripik“. Sehr hilfreich waren das von ihm herausgebrachte „Magyarisches Sprach- und Lesebuch für Volksschulen mit deutscher Unterrichtssprache“ dessen erster Teil 1900, der zweite Teil ein Jahr darauf in Hermannstadt erschienen sind. Seine theologischen Schriften erschienen 1923 in der Sammlung „Die Augustana in Siebenbürgen“ und „Geschichte des Gottesdienstes in der siebenbürgisch-sächsischen Kirche“ (1928).
Geboren wurde Adolf Schullerus am 7. März 1864 in Fogarasch als Sohn des dort amtierenden Pfarrers Gustav Adolf Schullerus und dessen Gattin Josephine geborene Friedsmann. Es folgten schöne Jahre der Kindheit in Schönberg wohin sein Vater als Pfarrer berufen worden war. Ersten Unterricht erhielt er im Elternhaus wie auch in der Volksschule der Gemeinde. An das Hermannstädter Obergymnasium wurde er im Alter von 13 Jahren immatrikuliert und bestand das Abitur 1882. Im gleichen Jahr schrieb er sich an die Universität Bern ein, wo er sich der Theologie und Germanistik widmete. In den nächsten zwei Jahren, 1883 – 1885, setzte er das theologische und germanistische Studium in Leipzig fort. Hier erhielt er bei Rudolf Hildebrand, der an an dem von den Brüdern Grimm eingeleiteten Deutschen Wörterbuch arbeitete, Anregungen für das von ihm später eingeleitete Siebenbürgisch-sächsische Wörterbuch an dem er selbst jahrelang aktiv wirkte.
Er arbeitete seine Dissertation über den altnordischen Valhollglauben aus, die er 1886 in Leipzig verteidigte und damit den Doktortitel im Bereich der Philosophie erhielt. Obwohl er Angebote bekam und sicher eine bedeutende wissenschaftliche Karriere in Deutschland einschlagen hätte können, kehrte Schullerus in die Heimat zurück. 1887 treffen wir ihn in Agnetheln an, wo er das Amt als Rektor der Volks- und Gewerbeschule antrat. Nach zwei Jahren schon folgte er der Berufung an das Landeskirchenseminar in Hermannstadt. Elf Jahre wirkte er an diesem. Zusätzlich zu seinen Aufgaben als Lehrer am Landeskirchenseminar ist Adolf Schullerus 1892 mit der Redaktion des „Korrespondenzblattes“ beauftragt worden, das er bis bis 1927, ein Jahr vor seinem Tod, redigierte. Gemeinsam mit Friedrich Teutsch brachte er nach 1895 den Kalender des „Siebenbürger Volksfreundes“ heraus und gehörte 1897 zu den Begründern der „Kirchlichen Blätter“.
Schullerus war voll eingespannt in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben und erfüllte auch andere Aufgaben. Beispielsweise war er Schriftführer im Allgemeinen evangelischen Frauenverein, Mitglied im Ausschuss des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, im Vorstand des Männerturnvereins.
Adolf Schullerus wurde 1900, nach dem Tod seines Vaters, zum Pfarrer in Großschenk berufen. Das Hermannstädter Stadtpfarramt mit dem er sieben Jahre später beauftragt wurde, erteilte ihm auch die Zuständigkeiten für die evangelischen Volksschulen, das Gymnasium, die Mädchenschule und das Brukenthalmuseum. Auch hat er sich besondere Verdienste in der Betreuung der Armen durch die Erweiterung des Waisenhauses und Hilfe für die Mittellosen erworben. Seine theologische und wissenschaftliche Arbeit setzte er auch als Bischofsvikar fort, wobei er besondere Bedeutung der Fortbildung der Pfarrerschaft schenkte. Auch politisch war Schullerus sehr aktiv.
Er sprach sich gegen die Magyarisierungstendenzen aus, die vor der Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien 1918 immer akuter wurden. Somit wurde er 1917 zum Vorsitzenden des Sächsischen Zentralausschusses gewählt und leitete dessen erweiterte Versammlung vom 8. Januar 1919, in der sich dieser für den Anschluss an Rumänien aussprach. Als Senator gewählt, sprach sich Adolf Schullerus in diesem öffentlichen Rahmen immer wieder für die Rechte der deutschen Bevölkerung im nun entstandenen Großrumänien aus. 1926 verzichtete er, erneut für den Senat zu kandidieren, da mehrere der ursprünglich gemachten Versprechungen für die deutschen Angehörigen des Landes nicht eingehalten worden waren.
Im Sommer 1927 hatte Adolf Schullerus einen schweren Herzanfall, an dessen Folgen er schließlich am 28. Januar 1928 erlegen ist. Sein hinterlassenes literarisches, theologisches und volkskundliches Erbe verdient auch heute immer wieder nachgelesen zu werden und bietet eine reiche Thematik für die Forscher.