Als eine „kleine Schatzkammer“ bezeichnet der deutsche Architekt Sebastian Szaktilla die Kirchenburg in Radeln/Roadeş. Das kleine ehemals sächsische Dorf (rund 300 Einwohner, mehrheitlich Roma) im „Repser Ländchen“ ist nur seit wenigen Jahren richtig bekannt geworden, seitdem da der deutsche Rockstar mit Kronstädter Wurzeln Peter Maffay ein Ferienheim für traumatisierte Kinder unterhalb der Kirchburg im ehemaligen Pfarrhof über seine Stiftung („Peter Maffay Stiftung“) gegründet hat.
Szaktilla hat Radeln dafür vorgeschlagen wegen der ruhigen und landschaftlich schönen Lage, wegen der Nähe zur DN 13 (Kronstadt – Schäßburg) aber auch wegen der Nachbarschaft zur alten Kirchenburg. So kommt es, dass der freiberufliche Architekt Sebastian Szaktilla (48) der kein Siebenbürger Sachse und auch nicht evangelisch ist und der in Regensburg und Budapest arbeitet, nun alle zwei Wochen mehrere Tage in Radeln anzutreffen ist, wo er die intensiven Bauphasen am Kinderheim leitete und die Umsetzung der Projekte im Zusammenhang mit der Kirchenburg für die Maffay-Stiftung koordiniert. Im nachfolgenden Interview spricht Sebastian Szaktilla über den Stand der Renovierungsarbeiten an der Kirchenburg.
In welchem Zustand haben Sie die Kirchenburg vorgefunden?
Die Kirchenburg von Radeln gehört zwar heute der höchsten Denkmalkategorie 1 an, das heißt, dass da besondere Regeln gelten betreffend Planung, Umgang, Material und Nutzung. Sie selber war aber seit langem vernachlässigt, natürlich durch die Abwanderung der Sachsen und durch die sehr extensive schwache Nutzung. Reparaturen die in den 1980-Jahre geplant wurden, wurden nicht mehr ausgeführt, teilweise aus Materialmangel teilweise aus Auswanderungsgründen, sodass sich die Kirchenburg heute in einem Zustand befindet, wo man sagen muss, sie ist in ihrem Bestand akut bedroht.
Der Pfarrhof sah ein bisschen besser aus, der war vor 20 Jahren noch benutzt. Aber auch hier haben wir das ehemalige, 140 Jahre alte Pfarrhaus nach Denkmalschutzgesichtspunkten sorgfältig hergerichtet. An der Stelle einer langgestreckten baufälligen alten Scheune haben wir unseren Neubau eingerichtet in dem die Kinder untergebracht werden.
Als Kulturdenkmal ist für die Sanierung also auch die Genehmigung seitens des rumänischen Kulturministeriums erforderlich?
Das war eine zwingende Voraussetzung auch für die Genehmigung der Fördergelder aus Deutschland. Wir mussten eine Genehmigung einholen für eine Notmaßnahme („regim de urgenţă“). Auf Grund dieser kurzfristig erteilten Genehmigung haben wir die Arbeiten durchführen dürfen. Aber Bedingung dafür ist auch, dass wir ein technischen Projekt nachreichen und das ist jetzt in Arbeit.
Was für Arbeiten setzen diese Dringlichkeitsmaßnahmen voraus und wer finanziert sie?
Bei der Kirchenburg wird an der Reparatur der Dachdeckung gearbeitet, das heißt, Regenwasser kontrolliert vom Gebäude wegzubringen. Das ist die allererste und wichtigste Maßnahme, um später mit Sanierungsarbeiten im Inneren anzufangen. Wir haben bereits mit Unterstützung der Peter-Maffay-Stiftung vor zwei Jahren in einer ersten Runde kleinere Reparaturen durchgeführt.
Wir haben z. B. in der Sakristei pilzbefallene Böden entfernt und kleinere Reparaturen an den Dächern gemacht. Die Arbeiten zur Dachdeckung werden finanziert über den Haushalt des Beauftragten der deutschen Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, der zugesagt hat, bis zu 48.000 Euro bereitzustellen. In diesem Betrag ist die gesamte Leistung enthalten, angefangen von der Vorbereitung der Förderanträge über die Erstellung von Ausschreibungen, die Planung des technischen Projektes bis hin zur Durchführung der Maßnahmen einschließlich Bauleitung und Abrechnung.
Wer führt die Arbeiten am Dachwerk aus?
Es ist ein erfahrener Zimmerbetrieb aus dem Szekler Land sowie ein Blechner. Die sind seit Anfang Oktober zu Gange, sie sind mittlerweile fast fertig. Es sind bis zu acht Leuten vor Ort. Ein Aspekt der uns auch wichtig war, ist, dass wir die Firma ermuntert haben, aus dem Dorf Hilfskräfte anzuwerben und anzustellen damit auch die Dorfbevölkerung im Rahmen dieser Möglichkeit ein bisschen von dieser Arbeit profitieren kann und etwas Geld erhält.
Wieso werden auch alte Dachziegel wiederverwendet?
Der Gedanke der dahinter steckt ist, dass zum Einen das schöne Bild dieser historischen Kirchenburg mit der Patina die sie hat, erhalten wird, indem man zu den gesunden alten Dachziegel hinzugefügte alte Ziegel von woanders verwendet.
Der andere Gedanke ist, dass unserer Erfahrung nach, die hundert-zweihundertjährigen Ziegel oft eine bessere Qualität aufweisen als neue Industrieziegel und dieses auch gezeigt haben, weil sie noch erhalten sind. Die Arbeiten an der Dachdeckung sind im Wesentlichen abgeschlossen. Wir sind jetzt dabei, noch einige Dachrinnen zu montieren, einige Fallrohre anzubringen; kleinere Arbeiten an den Traufen und an den Gesimsen werden noch durchgeführt. Und im Dachraum haben wir Laufgänge aus Dielen eingefügt. So wird es künftig jederzeit möglich sein, gefahrlos von innen heraus die Dachdecken zu kontrollieren und nach dem Winter einzelne Dachziegel nachzustecken.
Wie konnten im Inneren der Kirche alte Wandmalereien entdeckt werden?
Parallel zur laufenden Reparatur der Dachdeckung haben wir mit Unterstützung der renommierten Orgelbauwerkstatt aus Honigberg die teilweise beschädigten Orgelpfeifen aus der historischen sehr wertvollen Orgel entfernt, sorgfältig eingepackt und geborgen. So ist die Orgel für eine Sanierung bereits vorbereitet.
Ferner haben wir durch einen Restaurator aus Neumarkt/Tg. Mureş an den Wänden einige Freilegungen vornehmen lassen und sind auf sehr sehr schöne und gut erhaltene Wandmalereien gestoßen. Die Wandmalereien, die Orgel, alle weiteren zum Beispiel die bemalten Mobiliare werden natürlich im Rahmen einer zu planenden großen Sanierungsmaßnahme dann in dieses Großprojekt einbezogen.
Das Ziel ist, die Kirche in ihrer ganzen wertvollen Gestalt eines Tages wieder im alten Glanze erstrahlen zu lassen. Der von uns angestrebte Schlusspunkt dieser großen Sanierung wäre, dass der gestohlene aber wieder aufgetauchte und in Hermannstadt aufbewahrte wertvolle Radelner Flügelalter wieder in die Kirche hineinkommt.
Wie soll das Gesamtprojekt finanziert werden? Ist da der rumänische Staat mitbeteiligt?
Wir haben mit der evangelischen Landeskirche in Rumänien (Bezirkskonsistorium Kronstadt) vereinbart, dass wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten (die Kirchenburg gehört ja nicht uns), dafür einsetzen, dass die Kirchenburg mit externen Mitteln eines Tages saniert werden kann. Die Dachdeckung ist eine erste größere Teilmaßnahme. Vom rumänischen Staat kommt bisher keine Unterstützung, was aber nur heißt, dass der Staat vielleicht auf die große Maßnahme noch aufmerksam gemacht werden muss.
Wir versuchen dafür Interesse zu wecken. Der rumänische Staat geht ja so vor, dass er pro Jahr ein Budget für die Restaurierung von Kulturdenkmälern vorsieht. Je nach dem wie die Mittel vorhanden sind, können diese Mittel auch zielgerichtet verwendet werden. Das kann dauern.
Bis es soweit ist, werden wir mit Maßnahmen, wie die laufenden Vorhaben, versuchen, schon zu vorzuarbeiten. Eine weitere Vorleistung, die sehr interessant ist, ist das Aufmaß was gemacht worden ist vonseiten der Hochschule für Wissenschaft und Technik in Dresden, wo Professor Walter mit seinen Studenten in zwei aufeinanderfolgenden Kampagnen jeweils drei Wochen lang mit hochelektronischer Ausrüstung die teilweise auch durch die Peter-Maffay-Stiftung finanziert wurde, die Kirche innen und außen komplett aufgemessen hat. Dadurch stehen uns bereits jetzt Pläne zur Verfügung, die eine Erforschung und Planung ermöglichen.
Ist die Kirchenburg Radeln nicht auch eine touristische Sehenswürdigkeit?
Auf jeden Fall. Es ist ein Gesichtspunkt sämtlicher Aktivitäten und Bestrebungen, die von unserer Seite in Partnerschaft zur evangelischen Kirche im Gange sind, dass man die Kirche, angemessen zu ihrer kulturhistorischen Bedeutung wieder dem Tourismus eröffnet, bekannt macht, sie propagiert. Dadurch soll erreicht werden, dass ein wenig mehr Bewegung und Tourismus in das Dorf hineinkommt.
Vielleicht entsteht eines Tages eine Situation wo man sagen kann: In dieser strukturschwachen Gegend gibt es nicht nur den „Leuchttum Deutsch-Weißkirch“ der von Touristen bereits sehr beansprucht wird, sondern eines Tages könnten wir in Radeln, neben Weißkirch und vielleicht gemeinsam mit Reps, wo ja auch die Burg saniert wird, ein kleines touristisches Highlight schaffen.
Die Fragen stellte Ralf Sudrigian