Deutsch-Weißkirch bei Reps ist heutzutage international ein Begriff, wenn es um sehenswerte touristische Attraktionen, um vorbildlich erhaltene Bausubstanz oder allgemein um Erfolgsprojekte in Rumänien geht. Dazu haben nicht nur das hohe persönliche Engagement von Prinz Charles oder die Anerkennung der Ortschaft als UNESCO-Weltkulturerbe beigetragen, sondern auch das tatkräftige Wirken der Weißkircherin Caroline Fernolend.
Sie ist seit 1992 ununterbrochen Gemeinderätin in Bodendorf, der Ortschaft zu der neben Deutsch-Weißkirch auch Meschendorf, Radeln und Deutsch-Kreuz gehören. Caroline Fernolend hat die Fakultät für Internationale Wirtschaftsbeziehungen in Kronstadt absolviert und arbeitet seit bald fünfzehn Jahren für die Stiftung Mihai Eminescu Trust (MET), seit 2005 als deren Vizepräsidentin. Sie setzt sich unter anderem für den Erhalt des Kulturerbes, die Wiederbelebung der authentischen siebenbürgischen Dorfgemeinschaft, die Ausbildung von Handwerkern in traditionellen Berufen oder die Integration der Roma ein und wurde 2004 für ihr soziales Engagement mit dem Ecce homo-Preis ausgezeichnet. Im Gemeinderat vertritt sie das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien. Mit Caroline Fernolend sprach KR-Redakteurin Christine Chiriac.
Frau Fernolend, mit welchen Schwierigkeiten kämpft die Gemeinde Bodendorf?
Zuallererst würde ich meine eigene größte Sorge nennen, die Bodendorf, aber auch viele andere Ortschaften in Rumänien betrifft – und zwar, dass viele Gemeinderäte sich ihrer Rolle nicht ganz bewusst zu sein scheinen. Oft vertreten sie nicht die Interessen der Gemeinschaft, sondern ihre eigenen, und damit setze ich mich schon seit den neunziger Jahren auseinander. Es wäre wirklich wünschenswert, in diesem Sinne konstruktiver für die Gemeinschaft zu arbeiten.
In Deutsch-Weißkirch selbst gibt es heute weniger Schwierigkeiten als vor Jahren. Beispielsweise erhalten nur noch drei Familien Sozialhilfe ein gutes Zeichen. Aber in Radeln haben wir große Probleme mit Kindern, die nicht zur Schule gehen, beziehungsweise von ihren Eltern nicht zur Schule geschickt werden oder geschickt werden können. Im Gemeinderat wird die Verantwortung dafür gern abgeschüttelt. Ich bin froh, dass sich in Deutsch-Weißkirch diesbezüglich positive Ergebnisse zeigen. Seit zehn Jahren gibt es dort ein Programm für Nachhilfestunden und heute gehen sechzehn Kinder aus unserem Dorf ins Lyzeum.
Wer sind die Menschen, mit denen Sie in den Dörfern zusammenarbeiten?
In Deutsch-Weißkirch beispielsweise sind von 420 Einwohnern nur noch 15 Siebenbürger Sachsen. Die meisten Dorfbewohner und auch Mitarbeiter sind Rumänen oder Roma
Welches ist die Motivation dieser Menschen, zu dem Erhalt des – vornehmlich siebenbürgisch-sächsischen - Kulturerbes beizutragen?
Die siebenbürgisch-sächsische Kultur haben sie zwangsläufig „geerbt“, doch wichtiger ist ihnen wohl, dass sie vom Dorftourismus gut leben können. Sie sind stolz, dass sie ein ansehnliches, bekanntes Dorf und eine schöne Kirchenburg haben, die sie der Welt zeigen können.
Und was motiviert Sie, als Gemeinderätin weiterzumachen?
Ich sage mir immer wieder, dass dieses Engagement von der Gemeinschaft gebraucht wird. So manchen Streit könnte ich mir gern sparen, andererseits bin ich froh und zufrieden, wenn ich merke, dass die ‘einfachen’ Menschen immer mehr Verantwortung für ihre Ortschaft übernehmen.
Den ersten Ansporn, Gemeinderätin zu werden, bekam ich von einem Professor aus Texas, Glen E. Lich, der uns zufällig im Jahr 1991 in Weißkirch besuchte. Er überzeugte mich von der Notwendigkeit, eine politische Funktion zu haben, um für das Dorf sprechen und das Kulturerbe erhalten zu können. Ich habe anfangs stark gezögert, als junge Frau, als Angehörige einer Minderheit.
Er hat mich aber ermutigt, einen „Businessplan“ für Deutsch-Weißkirch zu machen – das Wort hörte ich damals zum ersten Mal und wusste nicht recht, wie ich anfangen sollte. Seither sind viele Jahre vergangen, und es ist uns gelungen, Positives für die Entwicklung unseres Dorfes zu bewirken. Dafür möchte ich mich weiterhin einsetzen.
Erfolge gibt es in Deutsch-Weißkirch und der Gemeinde Bodendorf zur Genüge. Nennen Sie bitte einige, die ganz frisch und vielleicht weniger bekannt sind.
Die erste „ökologische Kläranlage Rumäniens, die wir 2011 in Deutsch-Weißkirch eingeweiht haben, wurde nun von dem „Mihai Eminescu Trust“ an die Gemeinde übergeben und soll von letzterer betreut werden. Ich möchte aber ein anderes, ganz neues Projekt erwähnen. Vor wenigen Tagen hatte ich in Weißkirch eine Besprechung mit den Pferdewagenbesitzern das sind einige wenige Rumänen und zahlreiche Roma. Wir haben beschlossen, ab dem 1. Mai in unserem Dorf Pferdewagentaxis einzuführen.
Ich konnte die Gemeinde überzeugen, einen Parkplatz außerhalb des Dorfs einzurichten, wo die Pferdewagen geparkt werden können. Mittlerweile haben unsere „Taxifahrer“ einheitliche Wagen, alle dunkelgrün gefärbt, doch wir haben uns im Laufe unserer Besprechung gefragt, was wir zusätzlich machen könnten, damit die Touristen unsere Taxis als vertrauenswürdig erkennen und sie nutzen. Aus der Runde kam die Idee, einheitliche Westen mit der Inschrift „Turism Viscri“ und dem jeweiligen Vornamen des Fahrers einzuführen.
Ich finde, dieses Projekt ist ein Erfolg, auch weil die Initiative von den Menschen selbst kommt. Erfreulich ist zudem, dass die Touristen nicht mehr mit ihren Autos bis zur Burg fahren werden, manchmal im Sommer haben wir 300 Besucher pro Tag und der Weg ist dermaßen voll geparkt, dass nicht einmal die Heuwagen mehr durchkommen. Und stolz bin ich auch auf die Tatsache, dass zwei dieser Pferdewagenbesitzer, die selber nicht schreiben und lesen können, nun ihre Kinder aufs Gymnasium geschickt haben. Das ist schön zu sehen - und ebenfalls ein großer Erfolg.
Würden Sie auch einen Misserfolg nennen?
Die vom Kreis verwaltete Straße ist immer noch sehr schlecht. Wir haben zig Mal Unterschriften von den Dorfbewohnern gesammelt, man hat uns versprochen, dieses Problem zu beheben, aber noch warten wir darauf.
Welches sind Ihre Pläne für das Dorf?
Zurzeit wird in der Gemeindeverwaltung ein Projekt vorbereitet, das die Pflasterung von ganz Deutsch-Weißkirch vorsieht. Die Kirchgasse wurde bereits von der MET-Stiftung gepflastert, die Neugasse von der Gemeinde. Ich träume zudem davon, dass der Strom unterirdisch gelegt wird, aber ob ein solch ambitioniertes Vorhaben gelingt, steht noch in den Sternen.