Die ält‘re Schwester gibt‘s schon lange hier, /Bartholomae/
mit reichen Feldern, Häusern, Prachtrevier.
Es wär‘ zu schön gewesen, hier zu wohnen,
doch immer drohten böse Invasionen.
Die eig‘ne Fliehburg, im Krieg ganz zerstört,
wird nicht mehr aufgebauet, wie man hört. (1421)
Die jüng‘re Schwester zog schon lange nach den Bergen, /Corona/
im Schutz der Mauern kann sie sich verbergen,
kann Zünfte gründen, Handel treiben, Bündnis schließen
und nebenbei groß Ansehen genießen.
Die Schwestern bau‘n die Stadtmauern, das Schloss, den Dom
der ihre schöne Kirche übertrifft an Wucht
und seinesgleichen in Europa sucht.
Belagerungen halten beide stand,
obwohl es manchmal kostet hohes Pfand.
So retten sie ihr Leben, nicht ihr Hab und Gut:
Oftmals versank die Altstadt in der Glut
der hölzern Häuser, die sie selbst entzündet:
in ohnmächtiger Wut
laut Weisung eigner Obrigkeit
zur Abwehr gegen Feind in böser Zeit.
Honterus sagt von Bartholomae:
hier wohnen „saxones agricolae“,
jahrhundertlang versorgten sie auch Andere.
Der Riesenstadtbrand gibt den Gnadenstoß dem Glanz der Stadt,
den diese niemals mehr erreicht hat.
Der Wiederaufbau wird nun konzipiert,
die inn‘re Stadt hat Ehrgeiz, Pläne investiert.
Patrizierstolz das eigne Landvolk ignoriert,
die Schwarze Kirche wird innen renoviert:
die neue Orgel, Fußboden, Altar, Glocken und so weiter,
der Sprachenkampf, soziale Unruh macht sich breiter. (1848)
Der Turm der Altstadtkirche stürzte ein! (1833)
Kein Geld der Kasse zu entlocken, mehrmals NEIN.
Die Kirchen-Steuern steigen unaufhörlich,
die ältere Schwester unzufrieden, wehrt sich;
es brodelt – die Zwietracht unerträglich.
Der Bruch der Schwestern ist vollzogen; (1863)
sieh! Ungarn heißt das neue Vaterland,
das pocht auf seine Rechte,
der Sachsenboden war mal Vaterland,
es kommen trübe Zeiten auch für den Kirchenstand,
nur schwer hält man dem Drucke stand,
das war den Sachsen vor- und nachher wohlbekannt.
Dann Weltkrieg und ein neues Vaterland Rumänien.
Nach wüsten Tagen
wünscht man den Schwestern klug Betragen,
Ruhe wahren ohne nachzutragen.
Trotz Leid und Stöhnen kein Versöhnen.
Es passiert gar oft, dass Schwestern uneins sind,
verzeihen sich geschwind.
- Es wär‘ gescheit gewesen,
befreit von all dem Bösen
damit Beziehung wieder kann genesen.
Verwurzelt war‘n die Sachsen mit ihrem Grund und Boden; (bis 1945)
des Lebensinhaltes beraubt ins Mutterland sie zogen …
Bei soviel Unruh, Krieg und Pandemie,
„Vergessen sei die 160 Jahre alt‘ gestörte Harmonie ...“ - aber wie?
Wo sind die Altstadt-Sachsen? Wo ist der Stolz von Cronen?
Zum Großteil ausgewandert, Besitz verloren,
viel Fremde hier nun wohnen.
„Im Westen lebt man doch am besten!“ (hört man),
wär‘ nicht das Heimweh und das Gestern.
Doch Heimat ist nur hier!
Wir müssen uns neu finden,
anpassend beraten, öffnen und begründen.
Die Eintracht ist ein Wort, das sehr gewünscht, geliebt;
wozu denn uneins sein, wenn‘s keine Nachteile mehr gibt?
Verwalten wir vertrautes Erbe, mit Stolz die Last von gestern,
an der wir keinen Beitrag hatten!
Und keinen Beitrag auch am Stress der Schwestern,
wir haben alles übernommen, sind mitgeschwommen!
Trotz Überalterung
bewahr‘n wir Schwung und Haltung.
Die Zeit seit uns‘rer Ansiedlung betrug 800 Jahr
verbracht in Einigkeit 640, in Uneinigkeit 160 Jahr.
Durch kirchliche Beschlüsse wurden wir einst entzweit,
ein Umdenken wär‘ nötig in nicht zu ferner Zeit.
In Deutschland ist das schon geschehen, es gibt die HOG,
viel einfacher, weil sie sich dort seltener sehen.
Die Jugend aber übergreifend geht nun neue Wege
beobachtet mit Wohlwollen, auch skeptischem Gepräge.
Strukturen der Gemeinde? Sie werden einbezogen.
Begrüßt sind neue Zuwanderer, die unseren Glauben loben,
sich daran halten mit uns Alten!
Die Croner und die „Mexikaner“,
sie führen Blau und Rot im Banner.
Die Schwestern sind aus gleichem Holz
und heimlich aufeinander stolz.
Konfliktstoff gibt‘s genug auf Erden,
so lasst es wieder Eintracht werden.