Die Schätze von Toplița

Eine Kleinstadt am Fuße der Berge wird zum Top-Reiseziel

Der kleine Wasserfall mit Thermalwasser zieht mit seinen ungewöhnlichen Farben und Texturen an. Fotos: Laura Căpățână Juller

Gabriela Hosszu spricht voller Begeisterung über die Sehenswürdigkeiten in der Gegend von Topli]a. Sie selbst hat viele davon gesehen, viele davon auch in den Bergen.

Die Pisten eignen sich perfekt für Anfänger. Die Preise sind erschwinglich und die Wartezeiten an den Kabeltransportmitteln nicht allzu lang.

Von der Skipiste aus eröffnet sich ein weiter Blick über die Stadt Toplița, deren Namen „Warmwasserquelle“ bedeutet.

Die Sommerrodelbahn in Topli]a ist die längste im Land. Eine Fahrt ist ein Erlebnis und ein Muss.

Wir hatten Glück. Das Spa war wochentags fast leer. Doch an Wochenenden und während der Ferien ist das Wellnesszentrum sehr gut besucht. Schwimmen, Sauna, Massage sind nur einige der Angebote.

Die gläsernen Unterkunftsmöglichkeiten in der Nähe des Restaurants Oxygen, an denen noch gearbeitet wird, sind Teil eines zukünftigen Komplexes. Dieser bietet auch eine Sommerrodelbahn an, die bereits funktioniert.

„Du schaffst es, aller Anfang ist es schwer, aber du hast es nicht vergessen“, ermutigt mich der Skilehrer Laurențiu. Ich hatte ihn gefragt, ob Skifahren so wie Fahrradfahren ist und man nie vergisst, wie es geht. Es ist punkt neun Uhr vormittags an einem Mittwoch Anfang März, die Sonne strahlt, der Schnee funkelt wie Tausende von kleinen Diamanten und wir hören den metallischen Klang des Skilifts, der sich gerade in Bewegung gesetzt hat. Wir befinden uns auf der 1000 Meter langen Anfänger-Skipiste in Toplița. Nach einer jahrzehntelangen Pause, die eingetreten war, nachdem ich mir als Schülerin beim Skifahren das Schienbein gebrochen hatte, hatte ich vor drei Jahren mit dem populären Wintersport wieder angefangen. Doch nach einer Panikattacke auf dem Roten Weg in der Schulerau kostete es mich immer viel Überwindung, die Skischuhe wieder anzuziehen. „Es war eine dumme Entscheidung, heute Vormittag Ski zu fahren. Es gibt ja so viele Dinge, die wir hier unternehmen können“, denke ich während ich Laurențiu den Hang nach unten folge und bei jeder Kurve zittere. Doch plötzlich geschieht etwas und es geht immer leichter bergab. Manchmal mache ich Fehler, aber der Skilehrer lobt jeden kleinen Erfolg und mein Vertrauen in die eigenen Kräfte ist schnell zurück. Das ist auch der Skipiste zu verdanken: sie ist nicht steil, dafür sehr breit und einen Kilometer lang. Eine der besten Pisten im Land für diejenigen, die noch unsicher sind. Und eine der günstigsten.

 

Die längste Bob-Piste Rumäniens und der thermale Wasserfall

Am Ende der anderthalb Stunden weiß ich, dass es die beste Entscheidung war, diesen Tag mit Skifahren zu beginnen. Mit viel Adrenalin geht es weiter, denn wir probieren die längste Bob-Piste Rumäniens aus: sie ist 1900 Meter lang und man kann sogar eine Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern erreichen. So mutig sind wir nicht und wir fahren eher behutsam – das hat auch seine gute Seite, denn man hat mehr Zeit, die malerische Berglandschaft zu bewundern, die uns umgibt. Am Ende holen wir noch ein Foto ab, das ein Automat von uns während der Bobfahrt gemacht hat. Danach besuchen wir den thermalen Wasserfall, ein Wahrzeichen von Toplița, der auch auf dem Stadtwappen abgebildet ist. Das Reservat, das durch die Ablagerung von Kalk und Travertin gebildet wurde, fiel aufgrund hoher Temperaturschwankungen und Erosion vor zehn Jahren zusammen.

Wellness und Mohnkuchen

Die 7500 Einwohner große Ortschaft Toplița im Kreis Harghita hat sich in den letzten Jahren zu einem Top-Reiseziel entwickelt. Hier gibt es unzählige Wander- und Mountainbike-Wege im Călimani-Gebirge, drei Pisten mit Skilift und Skiteppich, eine Rodelbahn und den längsten Alpine Coaster des Landes, der über 1900 Meter lang ist. Außerdem kann man sich nach dem Skifahren oder dem Wandern im Banffy-Wellnesszentrum am Fuße der Skipiste erholen und die Pensionen und Dreiecks-Häuser, die in letzter Zeit hier eröffnet wurden, sind auch einen Besuch wert. Topli]a liegt 190 Kilometer von Kronstadt entfernt, für den Weg (durch Miercurea Ciuc und Gheorgheni) braucht man knapp drei Stunden. Doch wir haben etwa acht gebraucht, denn im Szeklerland gibt es immer neue Sachen zu entdecken. Diesmal entdeckten wir eine neue Freizeitanlage auf dem Weg von Gheorgheni zum Roten See, wo man in Panorama-Häusern aus Glas mit traumhaftem Blick auf die Berge wohnen kann und wo auch eine Sommerrodelbahn zur Verfügung steht – OXYGEN. Und in der Nähe der armenischen Kirche in Gheorgheni gibt es auch einen Laden, wo es frisches Kartoffelbrot und köstlichen Mohnkuchen gibt.

In Toplița wohnen wir in einer großen Holzhütte mit Blick auf die Stadt und einer Badewanne mitten im Zimmer. Im riesigen Gästefoyer kann man am Abend sitzen und einen heißen Tee genießen. Hier gibt es auch einen Kühlschrank mit Bier und lokal hergestelltem Apfel-Ingwer-Saft. Man kann sich bedienen und legt dann das Geld in einen Becher, der ebenfalls im Kühlschrank steht. Von unserer Unterkunft sind es knapp 10 Gehminuten zum Wellness-Zentrum Banffy, das von der Stadt verwaltet wird. Hier kann man im Innenpool schwimmen (im Sommer gibt es auch zwei Außenpools mit Thermalwasser), im Jacuzzi faulenzen und in die Sauna oder ins Salzzimmer gehen. Überall sind die Leute freundlich: in der Sauna wird man gegrüßt, im Jacuzzi kommt man leicht ins Gespräch und auch auf der Suche nach einem Restaurant in der Nähe, das nach 21 Uhr noch offen hat, sind die Leute behilflich. Leider ist um diese Uhrzeit die Küche schon geschlossen – das ist nun eben so an einem Wochentag am Ende der Wintersaison. In die Stadt wollen wir aber nicht mehr fahren, und so besteht unser Abendessen aus Kuchen, leckerem Kartoffelbrot aus Gheorgheni und bayerischem Weihnachtsbier aus dem Kühlschrank.

Wölfe und Rhododendron

Auch unten in der Stadt sind die Leute nett. Besonders Gabriela Hosszu, die das Touristen-Infozentrum leitet. Seit der Eröffnung vor 10 Jahren gibt sie den Touristen Auskunft über Sehenswürdigkeiten, hat aber auch viele Geheimtipps, die einen ganz anderen Blick auf die Gegend geben. Sie erzählt uns mit leuchtenden Augen vom Monat Juni, wenn das Rhododendron im Călimani-Gebirge blüht, von den Nonnen, die im Doamnei-Kloster aus Moglănești, wenige Autominuten entfernt, Bio-Hautcremes und Seifen herstellen, von wunderwirkenden Ikonen und von einem Pfarrer, der in der Ortschaft Călimănel interaktive Astronomiekurse für Kinder hält.

„Ich erzähle Ihnen lieber die Kurzfassung, sonst sind Sie am Abend immer noch hier“, meint Hosszu lachend. Auf einer Landkarte zeigt sie uns die drei großen Gebirgsketten, an deren Schnittstelle sich Toplița befindet: Căliman, Gurghiu und Giurgeu. Vor allem ausländische Touristen holen sich bei ihr Auskunft für Wanderwege in dieser Gegend mit malerischen Tälern, dichten Wäldern und natürlichen Thermalquellen. Viele suchen bestimmte Pflanzen in Naturreservaten, wie die Zirbelkiefer oder der sibirische Goldkolben, die die Eiszeit überlebt haben. Hosszu erzählt, dass der berühmte britische Filmemacher und Journalist Charlie Ottley, der seit einigen Jahren in Șirnea lebt, gerne zur Beobachtung der Wölfe in die Gegend kommt. Rucksacktouristen aus Polen, Tschechien und Deutschland sind oft in der kleinen Stadt zu Gast. Sie suchen den größten Vulkankrater Rumäniens im Călimani-Naturpark, das Moor am Dobreanu-Bach, das ständig von Mineralquellen gespeist wird, die Wasserfälle. Auch eine Villa des Diktators Nicolae Ceaușescu im Călimani-Gebirge ist eine Attraktion. „Sie ist zwar ungepflegt und steht seit Jahren leer, hat weder Fenster noch Türen, doch manche Zimmer sind noch intakt”. Die Frau vom Informationszentrum erinnert sich an eine Gruppe aus Tschechien, die 1984 die Idee hatte, die Karpaten wandernd zu erkunden. „Seit 40 Jahren wandern sie im Urlaub durch die Karpaten. Sie waren bereits in Tschechien, der Slowakei, Polen, Ungarn, der Ukraine und Serbien. Die rumänischen Karpaten waren die letzte Station. Von Toplița aus sind sie dann nach Fogarasch gegangen“.

Strindberg-Skijacken und Călimani-Kino

Vor dem Aufbruch in die Berge besuchen die meisten Touristen das Geschäft der Fabrik Strindberg, wo Wander- und Skikleidung hergestellt wird. Die Produkte sind von sehr hoher Qualität, deshalb sind die Preise für rumänische Verhältnisse hoch. Doch eine Skijacke von Strindberg kann auch 20 Jahre lang halten, meinen die Leute aus Toplița. Sie sind stolz auf diese Marke. 2013 bei der Jugend-Winterolympiade in der Schulerau wurde die offizielle Kleidung des Organisatorenteams auch von Strindberg hergestellt.

Wer sich am Ende des Tages bei einem guten Film entspannen möchte, muss nicht zum Laptop und schon gar nicht zum Handy greifen. In der Kleinstadt gibt es seit ein paar Jahren ein hochmodernes Kino mit bester Ausstattung, das 3D-Kino „Căliman“, wo Oscar-Filme und Neuerscheinungen gezeigt werden. „Manchmal zeigen wir Premieren noch einen Tag bevor sie beim TIFF (Internationales Filmfestival Transilvania aus Klausenburg) erstmals gezeigt werden”, meint Gabriela Hosszu stolz. So einen Saal zu haben, ist ein Luxus, wenn man bedenkt, dass landesweit die Zahl der Kinos nach 1989 stark gesunken ist. Das Angebot dieses Kinos, dem einzigen von Neumarkt bis Miercurea Ciuc, wird von Schulklassen aber auch von Filmliebhabern aus der Stadt und von Touristen angenommen.  Einen Tag vor unserem Besuch stand „Für immer hier“, ein Film über die brasilianische Politikergattin Eunice Paiva auf dem Programm. „Wie schade! Wenn wir gewusst hätten, wären wir gestern Abend ins Kino gekommen“, sagen wir. „Ich kann ihnen den Film jetzt im Kino zeigen. Haben sie zwei Stunden Zeit?“, antwortet Gabriela Hosszu. Das Angebot klingt unschlagbar. Doch wir müssen es leider ablehnen. Wir haben noch einen Termin und dann müssen wir zurück nach Kronstadt. Es war ein Fehler, nur zwei Tage für Toplița einzuplanen. Beim nächsten Mal werden es wenigstens doppelt so viele Tage sein.

 

Preise
Ski-Unterricht für anderthalb Stunden: 150 Lei
Ein Skipass für einen Tag: 130 Lei (ermäßigt 100 Lei)
Es gibt drei Skipisten, Bradul, Măgheruș und Toplița (eine von mittlerem Schwierigkeitsgrad und zwei von leichtem Schwierigkeitsgrad), die im Ganzen 2,5 Kilometer lang sind.
Eine Bobfahrt: 30 Lei
Eintritt 3 Stunden ins Banffy-Bad: 40 Lei
Eine Kinokarte: 15 Lei (mindestens 4 Besucher)
Eine Skijacke von Strindberg: ab 2300 Lei (aber es lohnt sich)

Gut zu wissen
Auf dem Weg nach Toplița unbedingt ausprobieren: Kartoffelbrot aus Gheorgheni, Käseprodukte der Fabrik KarpatenMilk in Valea Strâmb˛, Pflanzentee aus Ditrău, das Oxygen-Restaurant in Gheorgheni (auf dem Weg zum Bicaz-Klamm und dem Roten See), wo vor Kurzem auch eine Bob-Piste eingerichtet wurde
Nützliche Links
www.partiatoplita.ro: Aktuelles rund um die Skipiste
Facebook-Seite „Centrul de Informare Turistică Toplița“: Infos zu Konzerten, Gastspielen, Sportwettbewerben und anderen Veranstaltungen