Dort, wo der Bär und Luchs noch hausen… Mit diesen Worten beginnt das Gedicht, mit dem Alfred Hönig sein im Jahre 1920 veröffentlichte Buch „Karpatenjagd. Von Bären, Wölfen und anderen Siebenbürgern“ beginnt. Von allen Bergen, die das Burzenland umgeben, passt für den Königstein diese Präsentation am besten.
Das Reich der Stille
Nach vier Tagen Wandern rund um die Villa Hermani in dem Dorf Măgura, ist der letzte Wandertag gekommen, der auch der Höhepunkt werden soll. Zusammen mit unseren 15 Gästen aus Österreich wollen wir uns auf die Suche nach dem in der Burzenländer Senke eher vermissten Winter begeben.
Wir starten die Rundwanderung von der Pension Casa Dobre in Măgura, indem wir an dem linken Hofzaun den Abstieg beginnen. Vorbei an Bauernhöfen, ständig von wachsamen Hunden verbellt und von neugierigem Federvieh beäugt, erreichen wir nach einer Viertelstunde eine Pfadgabelung, an der wir oben links weitergehen und nach weiteren fünfzehn Minuten durch das eisige Bachbett die Forststraße, die von dem Botorog-Brunnen zur Curmătura-Hütte führt, erreichen.
Zehn Minuten später, an der Schranke, die nur Befugten die Zufahrt in den streng geschützten Kern des Nationalparks zulässt, betreten wir die Klamm von Zărnești, eigentlich ein Sammelname für die Haupt- und Nebenklammen. Wir betreten das Reich der Stille und, weil es mitten in der Woche ist, auch der Einsamkeit.
„Der bulgarische Entsafter“
Wir sind beeindruckt von dem, was das Wasser in Millionen Jahren im Kalkstein schuf. Bis zu zweihundert Meter überragen die steilen Wände die Enge der Forststraße und des Bachbettes. Manchmal, weil das Gestein unterschiedlich hart ist, weitete sich die Enge zu größeren Freiräumen aus. Der erste schafft Platz für eine Hütte der Bergwacht und wird nach links von einer Kletterwand begrenzt, die sich bestens für Anfänger eignet. Nicht für Anfänger scheint die Klettertour gedacht, die „Der bulgarische Entsafter“ heißt.
Die zweite Ausweitung des Tales führt unsere Basismarkierung, das rote Kreuz, nach links durch die Katzenklamm. In unmittelbarer Nähe erinnert ein Wegkreuz daran, das der Berg seine strengen Regeln hat, deren Missachtung das Leben kosten könnte. Da wir heute das Abenteuer nicht bevorzugen, folgen wir dem roten Kreuz nicht, wissend, dass wir es nach zwei Kilometern wieder treffen werden. Wir folgen dem Forstweg, widerstehen zwei zur Curmătura-Hütte lockenden Markierungen (gelber Punkt, blaues Band) und erreichen offenes Gelände.Ein Wegweiser zeigt nach rechts den Radweg zur Hütte an, wir biegen scharf nach links ab, nachdem wir uns mit dem Inhalt unserer Thermoskannen erwärmen und einem Wanderer mit Hund das Nachfolgen versprechen. An dieser Stelle sind wir schon seit zwei Stunden unterwegs.
Frische Wolfsspuren
Nach der Stille und Einsamkeit der Schlucht folgt das Gefühl, in der Wildnis angekommen zu sein. Hasenspuren überqueren den Forstweg, Eichhörnchenspuren kommen aus dem Wald und verschwinden in den Wald. Kurz nachdem die Katzenklamm am oberen Ende auf unseren Forstweg trifft und wir wieder dem roten Kreuz folgen, holen wir den schnellen Wanderer ein. Er leint seinen Hund an, weil vom Hang frische Wolfsspuren erschienen sind und in unsere Gehrichtung weiterführen. Zusätzlich müssen einige von uns die Schneeschuhe anziehen, um für diejenige zu spuren, die nur mit leichten Steigeisen (Grödeln) auszukommen hofften. Das Gefühl von Wildnis ist vollkommen.
Über die Vlădușca-Alm, ständig ein neues Auftauchen des Hauptkammes aus den Wolken erspähend, erreichen wir eine der wichtigsten Kreuzungen von Wanderwege im Königstein. Wir sind bei „La table“ und eine Viertelstunde vom Joaca-Sattel (1445m) entfernt. Wir raffen uns zusammen und stehen bald am Sattel. Wo wir im Sommer eine Stunde verbringen, geht es bei – 7 Grad zügig zu. Der letzte Schluck Tee ist getrunken, das Essen gegessen, seit vier Stunden unterwegs, wir denken an Heimkehr. Mit rotem Kreuz und rotem Band beginnen wir den Abstieg in Richtung Dorf Peștera.
Ein Meer von Schnee
Nach zehn Minuten stehen wir am Marterl (troi]˛), die Sonne lässt sich wieder einmal kurz blicken und unser Wortschatz beschränkt sich auf „Wahnsinn“ und „Des gibt’s net“: Hinter uns der Hauptkamm mit dem weissen La Om-Gipfel, um uns herum die Alm als weißes Schneemeer, umzogen von schneebeladenen Fichtenwäldern.
Dann kommt die Schranke, die uns von der Wildnis trennt, die ersten Häuser von Pe{tera. Die Schneeschuhe sind nicht mehr notwendig, wohl aber die Grödel. Das rote Kreuz biegt nach rechts ab, wir folgen dem roten Band in Richtung M˛gura. Die Häuser werden immer dichter.
Eine ältere Frau schleppt ihren Kater ins Haus, er ist vor Fuchs und Wolf draußen nicht sicher. Die deutsche Wandergruppe, die ihrer Unterkunft zustrebt, wird nur kurz begrüßt und befragt. Nach sieben Stunden schließen wir den Kreis und erreichen die Villa Hermani. Kaffee, Sauna, Abendessen. Danach Lagerfeuer, Glühwein, Wahre Freundschaft, Bergvagabunden.
1400 Meter Höhenunterschied
Allgemein lässt sich die Wanderung als leicht bis mittelschwer einstufen.
Die Strecke entspricht fast durchgehend einem befestigten Forstweg, breit genug, um drei Personen das Nebeneinandergehen zu ermöglichen. Es besteht keine Absturzgefahr, die Orientierung ist leicht, die durchschnittliche Steigung beträgt 8%.
Dennoch handelt es sich bei dieser Tour um keinen banalen Spaziergang. Wir bewältigten insgesamt 1400 m Höhenunterschied, die Hälfte hinauf und die Hälfte hinunter und legen 18km in fünf bis sechs Stunden zurück. Im Winter führen wiederholtes Tauwetter und Frost zu Eisbildung, wodurch man immer leichte Steigeisen dabeihaben sollte. Die Schneemenge steigt auch mit der Höhenlage und meistens misst die Schneedecke im oberen Bereich (Joaca-Sattel, 1445m) über 50cm. Das macht Schneeschuhe unverzichtbar, es sei denn, man weiß, dass bereits gespurt wurde.
Für den Abstieg aus dem Dorf M˛gura in die Z˛rne{ti-Schlucht wird der Einsatz von Wanderstöcken empfohlen.
Markierungen
Der Abstieg in die Schlucht ist nicht markiert. Auf der Forststraße , die uns nach links in die Schlucht führt, treffen wir auf das rote Kreuz. Wir verlassen sie an der Stelle, wo sie in die Katzenklamm (Cheile Pisicii) hineinführt und gehen ohne Markierung bis zum oberen Ende der besagten Schlucht. Ab dort folgen wir wieder dem roten Kreuz, bis wir auf das gelbe Dreieck treffen, an der Tafel mit der Königstein-Karte. Nach rechts biegt der Weg nach Pe{tera ab, wir gehen den oberen linken Weg weiter bis ins Dorf M˛gura, keinen der beiden nach rechts abbiegenden Wege folgend.