„Ich hatte eigentlich keine Etappen. Auch keine Meister. Ich bin das Kind des 20. Jahrhunderts, und als Künstler habe ich von Beginn an alles, was um mich herum geschieht, aus einer entschiedenen Perspektive betrachtet und meinen Weg konsequent und geradlinig beschritten. Für mich sind nicht die Vorgänge dominierend, sondern der Mensch selbst“.
Diese Worte von Hans Mattis-Teutsch stehen in einem der Ausstellungsräume im Kronstädter Kunstmuseum neben seinen Werken. Die Gemälde an den Wänden sind vielfältig und begleiten den Besucher durch die gesamte Schaffenszeit des Kronstädter Künstlers. Die Werke aus verschiedenen zeitlichen Perioden unterscheiden sich stark voneinander, und gleichzeitig ähneln sie einander: was sie vereint, ist eine Art mathematische Präzision und eine gewisse Harmonie der Formen und Farben. Vor manchen Werken kann der Besucher minutenlang verweilen- sie sind wie Labyrinthe, in denen man sich gerne verliert. Andere Bilder sind wie Schatzkisten, die sich langsam öffnen und in denen man jedes Mal etwas Neues entdeckt- manchmal tanzende Menschensilhouetten, manchmal Gesichter mit riesigen Augen. Manche Werke zeigen symbolische Darstellungen der Natur mit wogenden Landschaften, andere oszilieren zwischen figurativ und non-figurativ.
„Hans Mattis Teutsch. Die Sammlung des Kronstädter Kunstmuseums“ ist eine der wichtigsten und wertvollsten Künstlersammlungen aus dem Besitz des Museums. Die Sammlung vereinigt 55 Kunstwerke (Linogravur, Aquarell, Pastell, Staffelei-Gemälde, Skulptur), die die Entwicklung des Künstlers von den ersten bis zu den letzten Schaffensjahren zeigen. Die Sammlung wurde in den Jahren 1955-2018 erstellt. „Mattis Teutsch war ein Künstler, der mit großen Namen wie Kandinski, Chagall oder Paul Klee ausgestellt hat. Die Sammlung unseres Museums zeigt Werke aus seiner gesamten Schaffensperiode, von den ersten Werken bis zu den Werken, die er in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts geschaffen hat“, erklärte Museumsleiter Radu Popica bei der Ausstellungseröffnung am 19. Dezember 2019.
In wichtigen Künstlerkreisen geschätzt
Hans Mattis-Teutsch war ein vielschichtiger und komplexer Künstler (Maler, Grafiker, Bildhauer, Kunsttheoretiker und Lyriker), dessen Werke zum relevanten Repertoire der Avantgarde im zentraleuropäischen Raum gehören. 1884 in Kronstadt geboren, besuchte er die Staatliche Fachschule für Holz- und Steinindustrie. Anschließend studierte er Kunst in Budapest, München und Paris, um 1908 als renommierter Lehrer in seine Heimat zurückzukehren. In den Budapester und Münchner Künstlerkreisen zu Beginn des 20. Jahrhunderts geformt, wird er beeinflusst von der Abstraktion und vom Expressionismus, von der Zusammenarbeit mit der Budapester Avantgarde, der Münchner Kunstszene und der Berliner Bewegung „Der Sturm“. Die Vergleiche, die zwischen seinem Werk und demjenigen von Künstlern wie Wassily Kandinsky und Franz Marc gezogen wurden, offenbaren, abseits visueller und formaler Ähnlichkeiten, seine Lust für die Erkundung des Neuen und den Platz, den er im Rahmen der europäischen Avantgarde einnimmt. Seine Teilnahme an der 99. Ausstellung der Berliner Avantgarde „Der Sturm“ im Jahre 1921 an der Seite von Künstlern wie Paul Klee oder Marc Chagall, beweist die Wertschätzung, derer er sich im Kreis dieser Künstler erfreute. Ähnlich wie Wassily Kandinsky, dessen Werk er in seinen Münchner Studentenjahren kennenlernte, entwickelte sich Mattis-Teutsch über eine abstrakte Formensprache in Richtung des Expressionismus. Er war immer offen für die vorherrschenden Tendenzen der europäischen Kunst, unterwarf sich jedoch diesen nicht und interpretiert sie auf seine eigene Weise.
Kunst verändert die Welt
Mattis-Teutsch wird auch zu einer aktiven Erscheinung im Rahmen der rumänischen Avantgarde bei der Bukarester „Contimporanul“ Gruppe zusammen mit Marcel Iancu, Victor Brauner, M. H. Maxy und bei„Integral“sowie bei der Kronstädter Vereinigung „Das Ziel“. Seine Arbeiten wurden im Jahre 1924 in der vom „Contimporanul“ organisierten internationalen Austellung neben den Werken von Kurt Schwitters, Hans Arp, Paul Klee und Constantin Brâncu{i gezeigt. Unter dem Einfluss der in der Zeitschrift „Integral“ publizierten theoretischen Texte synthetisiert er seine Schaffensideen im Band „Kunstideologie“ (1931). In der Nachkriegszeit gründet Mattis-Teutsch eine Künstlergesellschaft in seiner Heimatstadt. Gegen Ende seiner künstlerischen Schaffenszeit glaubt er stark an sozialistische Ideale und eröffnet eine Freie Kunstschule. In seiner eigenen Version des Realismus, die er „konstruktiven Realismus“ nennt, schafft er eine einzigartige Synthese aus Figurativem und Ab-straktem. Er glaubt an den Menschen, an Spiritualität und Gemeinschaft und vor allem an die Kraft der Kunst, die Welt zu verändern. Die Ausstellung „Hans Mattis Teutsch. Die Sammlung des Kronstädter Kunstmuseums“ kann bis zum 20. März 2020 besucht werden. Mehr Informationen unter www.muzeulartabv.ro.