Unsere Erde ist ein lebendiger Planet. Wir als Menschen, die Pflanzen- und Tierwelt sind der beste Beweis dafür. Aber die Erde bewegt sich im wahrsten Sinne des Wortes. Dann gibt es Erdbeben, deren verheerende Folgen allgemein befürchtet werden. Das letzte große Erdbeben ereignete sich in Rumänien vor gut 37 Jahren am 4. März 1977. Jüngere Generationen kennen so ein Naturereignis hierzulande also nicht aus eigener Erfahrung. Hinzu kommt, dass, trotz aller wissenschaftlicher und technischer Fortschritte, der genaue Zeitpunkt eines Erdbebens nicht vorausgesagt werden kann.
Kronstadt, glauben viele, sei nicht direkt von Erdbeben betroffen, weil die umliegenden Berge die Stadt schützen. Das stimmt aber nicht unbedingt, sagt Erdkundelehrer und Honterus-Schulleiter Radu Chiv˛rean. Er kann genügend Erdbeben aufzählen, die für Kronstadt und das Burzenland im Laufe der Jahrhunderte in den Urkunden erwähnt werden. Das erste namentlich erwähnte ereignete sich 1471 in der Stadt am Fuße der Zinne und sei mit ein Grund, so Radu Chiv˛rean, dass die Schwarze Kirche auf den vorgesehenen Doppelturm verzichtete.
Heute müsste man sich in Rumänien, wenn die Daten berücksichtigt werden, an denen große Erdbeben zustande kamen, auf ein weiteres Ereignis dieser Art einstellen. Zum Kennenlernen und Beherzigen der Regeln, die im Falle so einer Naturkatastrophe eingehalten werden müssen, kommt hinzu, dass wir besser verstehen sollten, wieso uns so etwas treffen kann.
In dieser Hinsicht kann das Honterus-Nationalkolleg Einzigartiges im Kreis Kronstadt vorweisen. In einem Kellerraum des C-Gebäudes befindet sich nämlich seit Fe-bruar des Vorjahres ein Seismograph und ein Seismometer, mit denen Erdbeben gemessen und aufgezeichnet werden können. Der Standort sei ideal, sagte Drago{ T˛taru, Forscher des Landesinstitutes für Erdphysik bei der Vorstellung dieser Initiative. Zum Aufzeichnungsgerät kommt ein halbprofessionelles Messgerät hinzu, das selbst den Verkehr und sogar Geräusche vermerkt und durch Abweichungen von der Horizontale wiedergibt. Ein Beweis dafür: während der Nachtstunden sind die Linien flach; tagsüber erscheint eine Zick-Zack-Linie. Umso stärker sich die Erde bewegt, desto deutlicher sind diese Linien. Der ans Internet gekoppelte Seismometer ermöglicht einerseits das Weiterleiten der Daten der lokalen Erdbeben, die wir auf andere Weise nicht einmal wahrnehmen; anderseits können am Bildschirm Erdbeben, praktisch in Echtzeit, verfolgt werden, die sich tausende Kilometer fern, am anderen Ende der Welt, ereignen. Zwei Beispiele – das Erdbeben von Sonntag (4,1 Grad Richter-Skala) im Vrancea-Gebiet ist aufgezeichnet worden. Das in diesem Herbst verzeichnete Erdbeben in Japan wurde praktisch gleichzeitig auch von der Honterus-Messstation mitverfolgt. Kronstadt erscheint somit als Messort in der internationalen Vernetzung solcher seismologischen Labors.
Erste Reaktionen der Schüler war großes Staunen. Nach dem „Wow“ könnte nun das Wissen über Tektonik im Physik- und Erdkunde-Unterricht interessanter werden.