Der bekannte Kronstädter Bergsteiger und Trainer von mehreren Generationen von Bergkletterern, Mircea Noaghiu (76), stellte sich am Freitag, dem 17. September, nun von einer anderen Seite vor, die vielleicht viele überrascht. In dem Kulturzentrum „Redoute“ trafen viele seiner Bergfreunde ein, um ihn für seinen ersten Gedichtband „Crevasele sufletului“ (Gletscherspalten der Seele) zu beglückwünschen. Steluţa Pestrea Suciu beschrieb ihre Eindrücke beim Lesen dieses Bandes; die Dichterin Nadia Cella Pop las einige der Gedichte.
Mircea Noaghiu widerspricht dem Klischee des einsamen, harten Bergsteigers. Er sei ein gefühlvoller Bergmensch, für den die Lyrik einer der Fluchtmöglichkeiten aus der Einsamkeit darstelle, sagte Suciu. Seine Themen stehen selbstverständlich in Zusammenhang mit der Bergwelt, mit Felsenklippen, mit dem „vertikalen Pfad zum Himmel“. Seine Welt beschränkt sich aber nicht nur darauf. Es geht um Erinnerungen, um den Großvater, um die Jahrzehnte, in denen die Berge eine Insel der Freiheit indem tristen Alltag darstellte. Wenn es um Losungen, Anpassungen an die ideologischen Zwänge, um Kompromisse geht, wird Noaghiu sehr ironisch und kritisch. Ein Gedichtzyklus steht deshalb auch unter dem Titel „Das verleugnete Jahrhundert“.
Noaghiu bedauert zutiefst, in seinen besten Jahren nur in den Karpaten und, als Bonus, im Kaukasus geklettert zu sein. Als „die Pechsträhne vorbei war“ und die Grenzen sich öffneten, war es für ihn zu spät, denn der Spazierstock begleitete ihn nun. Mit gepacktem Rucksack, ständig bereit zum Aufbruch - ihm blieben nur die heimischen Berge offen. Aber die Verbitterung hält sich in Grenzen; Noaghiu beweist, dass er mehr als ein Gelegenheitsdichter ist. Er stellt Fragen, wundert sich über manch politisch-gesellschaftliche Wandlungen nach 1989. Die Jagd nach Geld und Ruhm, die Auswanderung, falsche Vorbilder, Gesetze, die nur für manche gültig sind – das alles prangert er an. Gute und weniger gute Tage im Gebirge, Entbehrungen im Kommunismus, Enttäuschungen des gegenwärtigen Alltags sind „Gletscherspalten der Seele“, Wunden, die als Narben sichtbar bleiben. Beeindruckend sind auch „Rugă alpină“ („Gebet im Hochgebirge“) und „O viaţă“ („Ein Leben“) - Bitte um göttlichen Beistand bzw. Geständnisse eines Mannes der viel erlebt hat und nun weiß, dass der höchste Richter das letzte Wort hat.
Anschließend stellte Mircea Vova Bârsan seinen Freund Noaghiu auch als Filmemacher vor. Gezeigt wurden zwei Filme und Fotografie-Serien. „Pamir 77“ ist ein Dokustreifen der rumänischen Expedition in der UdSSR, gedreht von Noaghiu – ein Zeitdokument wie auch die Aufnahmen von einer Salvamont-Bergretterschule im Bucegi Ende der 1970-er Jahre oder die Bildmontagen von Noaghius Kindheitsfreund, der leider verstorbene Kronstädter Fotograf Virgil Nastasi, zum Thema Pkw-Invasion am Bulea-See oder die Schönheit des Lebens auf dem Lande.