Am 18.5. hat in Bukarest die dritte vom Zentrum für unparteilichen Journalismus (Centrul pentru jurnalism independent) organisierte Lehrerkonferenz zur Förderung von Medienkompetenz stattgefunden. Mehr als 120 in diesem Bereich ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen haben sich daran beteiligt.
Medienkompetenz ist zwar kein neuer Begriff, hat aber im aktuell gesellschaftspolitischen Kontext weltweit Hochkonjunktur. Dabei wird oft verkannt, dass es sich um ein höchst komplexes Feld handelt. Denn Medienkompetenz umfasst die Dimensionen Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung, wofür sich auch das CJI in Bukarest konsequent einsetzt.
Seit 2017 entwickelt das CJI, eine Nichtregierungsorganisation (NGO), die sich seit über 29 Jahren für den Schutz der Demokratie und demokratischer Werte in Rumänien einsetzt, das größte Medienbildungsprogramm in Rumänien und setzt es in die Tat um. Die wenigen Mitarbeiter kooperieren mit Schülern, Lehrern, Studenten und Universitätsprofessoren sowie mit anderen sozial engagierten Organisationen, um die Medienkompetenz allgemein zu fördern und zu festigen. Bis heute wurden, laut Angaben des CJI, insgesamt über 700 Lehrer und Lehrerinnen von 260 Schulen in über 100 Städten geschult, die ihr Wissen und Können anschließend im eigenen Unterricht an 90.000 Schüler weitergegeben haben.
Darüber hinaus entwickelt das CJI kontinuierlich didaktisierte Materialien (in rumänischer Sprache) zur Medienbildung, die kostenlos über die Seite educatiemedia.cji.ro abrufbar sind. Das jüngste Materialpaket zu Fakten und Meinungen wurde von ca. 4000 Lehrern mit über 100.000 Schülern verwendet, laut Angaben des NGOs. Die multimedialen Inhalte sind außerdem mit dem Podcast Laboratorul de educa]ie media verknüpft, wodurch das Programm zur Medienbildung an Aktualität und Authentizität gewinnt. Von besonderer Bedeutung sind auch die vom CJI durchgeführten Studien zur rumänischen Medienlandschaft und die Untersuchungen zum Medienkonsum junger Menschen.
Die am 18. Mai in Bukarest stattgefundene Konferenz hat sich aktuellen Problematiken im Bereich der Förderung von Medienkompetenz im rumänischen Schulwesen gewidmet. Die Veranstaltung verlief unter dem Motto Medienkompetenz – die Superkraft der Lehrkräfte und versuchte damit, einerseits an die neuen Heroisierungstendenzen des Alltags anzuknüpfen, andererseits die Bedeutung des weiten Bereiches zu betonen. Im Eröffnungsvortrag brachte die Leiterin des CJI, Cristina Lupu, Argumente für die dringende Notwendigkeit des Einsatzes von Medienbildung im Unterricht und unterbreitete die These der damit verbundenen und sich davon ableitenden Superkräfte. Es folgte ein Dialog mit dem Unterstaatssekretär vom Bildungsministerium, Bogdan Cristescu, der erfreulicherweise bestätigen konnte, dass die Förderung von Medienkompetenz in den Lehrplan gehört. Dabei wurde immer wieder betont, dass der Umgang mit Medien unseren Alltag bestimmt, sodass ständiges Hinterfragen, kritisches Denken, überprüfen von Fakten, wenn auch lästig, erforderlich sind. Bianca Rus vom CJI informierte anhand einer komplexen Umfrage über die Art des Medienkonsums bei Kindern und Jugendlichen und betonte die Dringlichkeit, Bildungsinhalte differenzierter und anpassungsfähiger zu gestalten. Ein aktuelles Projekt zur Förderung von Medienkompetenz auf EU-Ebene, die Plattform COPE: Covering Cohesion Policy in Europe, wurde von der Hochschuldozentin Dr. Cristina Nistor von der journalistischen Fakultät der Babeș-Bolyai-Universität vorgestellt. Höhepunkt der Konferenz war der Vortrag von Prof. Dr. Renee Hobbs von der Rhode-Island-University zum Thema der Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und deren Handhabung in der Medienbildung. Potentielle Gefahren sowie Vorteile des Einsatzes von KI wurden von der Vortragenden aufgegriffen und multiperspektivisch beleuchtet.
Am späteren Nachmittag erteilte Cristina Lupu praktische Tipps zum Üben der angewiesenen „Superkräfte“ im Bereich der Medienkompetenz. Die Konferenz endete mit einem Rundtischgespräch zu der Frage, in wie weit und in welcher Form sich Medienkompetenz im Curriculum und in Abituraufgaben wiederfinden (sollen/müssen), geleitet von Horia Corcheș und Monica Halaszi, beide Rumänischlehrkräfte und bereits seit Längerem Tutoren des vom CJI angeleiteten Programms.
Moderiert wurde die gesamte Veranstaltung von der Journalistin Julia Nagy, selber Tutorin im CJI-Programm zur Förderung von Medienkompetenz, die dafür sorgte, dass intensiv und offen über problematische Punkte diskutiert wurde.
Die Philologische Fakultät in Kronstadt nimmt seit 2023 an dem Projekt Educație media teil, sodass die Abgänger der Kronstädter Philologie in Zukunft hoffentlich besser auf die multimediale Welt vorbereitet sein werden. So brisant und notwendig Medienbildung erscheinen mag, so musste ich während der Konferenz doch immer wieder an Immanuel Kant und seine Aufforderung Sapere aude! denken: Wie jeher sind Vernunft und kritisches Denken besonders gefragt!