Das „Alpin Film Festival“ bot in der vorigen Woche, außer Filmvorführungen und Fotoausstellungen, auch die willkommene Gelegenheit zu Veranstaltungen, bei denen es diesmal um die Berghütten in den rumänischen Karpaten ging, sowie um die Würdigung eines Pioniers in der touristischen Erschließung dieser Berge – Karl Lehmann (1894 – 1990).
Wer an beiden Veranstaltungen im neu eröffneten Olimpia-Sportmuseum teilnehmen konnte, bekam die Möglichkeit eines Vergleiches zwischen dem Bergtourismus vergangener Jahrzehnte und jenem unserer Zeit. Hinzu kamen die Herausforderungen, mit denen sich ein umweltfreundlicher und nachhaltiger Berghüttenbau in den rumänischen Karpaten auseinander setzen muss. Die Protagonisten der beiden Veranstaltungen waren Marcel Șofariu, Präsident des Siebenbürgischen Karpatenvereins (SKV), Manfred Kravatzky von der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins (DAV) und Dipl.-Architekt Nicolae Tulban. Kravatzky bot einen kurzen historischen Überblick zur Entstehungsgeschichte des SKV und stellte die so vielseitige und bemerkenswerte Tätigkeit Karl Lehmanns vor. Dieser ist vor allem dank seiner zahlreichen Bergfotografien bekannt. Er war aber viel mehr: er leitete Wandergruppen, wurde beim Bau von Hütten zu Rate gezogen, fertigte dreisprachige Wegweiser an, half bei Wegmarkierungen mit, legte Statistiken in Sachen Bergunfälle an, initiierte den Bau einer ersten Hütte als Basis für Einsätze am Schuler. Die 1938 fertiggestellte Hütte war lange vernachlässigt und soll nun mit Unterstützung der lokalen Forstregie „Kronstadt“ vom SKV saniert werden und über die Anfänge der rumänischen Bergwacht informieren, teilte Marcel [ofariu mit, der mit Fotografien von und mit Karl Lehmann diesen Vortrag illustrierte. Fazit des Vortrags war: Lehmanns Persönlichkeit sollte allen Bergfreunden des Landes unabhängig ihrer ethnischen Herkunft in lebendiger Erinnerung bleiben. In diesem Sinne wäre z.B. die Herausgabe eines Kalenders oder eines Albums mit Lehmann-Fotos zu begrüßen. Der Kronstädter Architekt Gruia Hilohi stellte dafür zum Teil noch nicht ausgewertete Rollfilme und sogar Glasplatten zur Verfügung. Der Klausenburger Bergveteran Dinu Mititeanu erinnerte in seiner Wortmeldung an den unlängst verstorbenen Bergkletterer Valentin „Butzi“ Garner.
Bei dem Vortrag am Wochenende kam das Schicksal der Berghütten zur Sprache. Der SKV hatte bekanntlich die ersten Berghütten in Siebenbürgen gebaut. Heute besitzt der 1996 wiedergegründete Verein eine einzige Hütte (Julius Römer/Post˛varul am Schu- ler) die rückerstattet wurde. Viele der Hütten von einst sind abgebrannt, die meisten nach 1989, als auch für sie Rückgabe-Anträge seitens des SKV gestellt wurden, wie Șofariu hervorhob.
Eine ausführliche Untersuchung zum Zustand der Berghütten ist Teil eines Projektes für Verringerung der Treibhausgas-emissionen in rumänischen Berghütten – ein Projekt der Europäischen Klimaschutzinitiative (EUKI) durchgeführt von dem SKV mit der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins (DAV) als Partner. Darüber hat die KR bereits berichtet. Die Schlussfolgerungen stellte [ofariu vor. Sie unterstreichen, wie dringend notwendig heute weitere Berghütten sind. Lediglich zwei Berghütten sind heute im Besitz von Wandervereinen: die bereits erwähnte Julius-Römer-Hütte und die Hütte am Hohenstein des ungarischen Wandervereins EKE.
Architekt Nic Tulban, ein großer Bergfreund, der sowohl SKV- als auch DAV-Mitglied ist, besuchte mehrere Hütten in den Alpen und Pyrenäen, um zu sehen, wie dort heute ökologische Hütten funktionieren und um danach entsprechende Empfehlungen in Form eines Good-Practice-Guidelines (ein Handbuch) im Rahmen des von EUKI geförderten SKV-Projektes vorzustellen. Für die KR griff Tulban auf die Beschreibung ungünstiger Wetterbedingungen zurück, als er seine bisherige Arbeit im Rahmen dieses Projektes in einen allgemeinen Kontext stellen sollte. Es herrsche dichter Nebel und ein heftiger Gegenwind sei zu spüren. Aber oben am Kamm oder bei der Berghütte (also einmal am Ziel angekommen), wird wohl die Ruhe eintreten und eine schöne Aussicht zu genießen sein. Aus dem Vortrag und den anschließenden Wortmeldungen (u.A. EKE-Präsident Lehel Kovács, der stellvertretende Vorsitzende von „Asocia]ia Montan˛ Carpa]i“, Valeriu Costea, SKV-Mitglied und Rechtsberater Octavian Arsene) war deutlich ersichtlich, was unternommen werden sollte, um einem nachhaltigen Hüttenbau zu einem Aufwind zu verhelfen: In erster Linie müsse das Parlament ein Gesetz ausarbeiten das den Begriff Berghütte definiert und deren Betrieb regelt. Zur Zeit gibt es nur eine Ministerorder, wobei z.B. unter dem Begriff „cabana“ alles unter einen Hut gebracht wird: von Schutzhütte bis Wochenend-Haus oder Pension im Donaudelta. So würde sich der Nebel lichten. Dafür ist Lobbyarbeit notwendig – die Wandervereine müssen eine Allianz gründen und gemeinsam ihre Anliegen vorbringen. Den Anfang haben bereits SKV, EKE und Clubul Alpin Român getan. Denn in den rumänischen Karpaten, die rund die Hälfte der Karpatenkette umfassen, sind neue Hütten eine Voraussetzung für eine verbesserte Wander-Infrastruktur. Dabei geht es, was unterstrichen werden muss, um abgelegene, echte Hütten, zu denen man, mindestens die letzten 30 Gehminuten, nur zu Fuß gelangen kann. Heute gibt es Hotels in den Bergen, die per Pkw oder Drahtseilbahn leicht erreichbar sind. Wanderer, die mit eigenen Kräften den Berg besteigen, sind seltener anzutreffen. Der Bergtourismus hat sich gewandelt – das wäre der Gegenwind, mit dem man rechnen muss, wenn es um Baukosten und Folgekosten der Berghütten geht.