50 Jahre seit der Gründung der Rumänischen Kommunistischen Partei (RKP) am 8. Mai 1921 mussten auch in der „Karpatenrundschau“ gefeiert werden. Noch kommt es dabei nicht zum Personenkult um dessen Generalsekretär Nicolae Ceaușescu, aber die Anzeichen dafür häufen sich. Bis zu den Juli-Thesen waren es ja auch nur noch wenige Wochen. Ein Beispiel dafür, wie auch für die „hölzerne Sprache“, die sich in der Presse Platz macht, finden wir im „Glückwunsch-Telegramm“ der Kronstädter Parteiorganisation an die Parteiführung: „In Ihren (Ceau{escu – Anm. d. Verfassers) wertvollen Hinweisen, in Ihrem ständigen und direkten Dialog mit den Parteimitgliedern, mit dem Volke, sehen wir eine unversiegbare Quelle schöpferischer Energien, den lebendigen Ausdruck der Tatsache, dass unsere ganze Partei, das ganze Volk an der Leitung unseres heimatlichen Werdens teilhat, den Ausdruck gegenseitigen grenzenlosen Vertrauens zwischen Partei, Volk und Führung, der unzerstörbaren Einheit.“ Die RKP-Gründung sei „ein Markstein in der rumänischen Geschichte“, heißt es in einem KR-Titel (KR 14). Mehrere Artikel auf den Heimatkundeseiten wollen beweisen, dass es auch in Kronstadt eine aktive Arbeiterbewegung gab mit Streiks, Verteilung von Manifesten, Parteizellen usw. Vorgestellt mit Fotos werden drei Kronstädter RKP-Veterane (Michael Schuster, Wilhelm Melas, Robert Szemancsak). Ein alter Illegalist, Emmerich Stoffel, Chefredakteur der „Neuen Literatur“, erinnert in einem Interview (KR 16) an seine Verhaftung in den 1930er Jahren in der Blumenau. Es wird über Arbeiterprozesse in Kronstadt geschrieben, ohne aber schon Ceaușescu zu erwähnen, der bekanntlich in den Enddreißiger Jahren auch auf der Anklagebank saß. Die KR bleibt trotz dieser Pflichtbeiträge durchaus lesenswert und bietet manche Überraschungen. So z.B. in der KR 11, wo ein Rundtischgespräch mit einem Team von Anthropologen veröffentlicht wird. Es untersuchte auch die sächsische Bevölkerung des Burzenlandes, wobei Vergleiche zu einer älteren Untersuchung von Prof. A. Hermann von 1937 gezogen werden konnten. Die Studie startete in Heldsdorf „weil hier die ursprüngliche Bevölkerung wohl am reinsten erhalten ist“ (Dr. Theodor En˛chescu). Erste Schlussfolgerungen lassen aufhorchen: unter den Burzenländer Sachsen soll es fünf verschiedene Menschentypen geben. „Noch weit überraschender ist, dass zum Beispiel in Heldsdorf und Tartlau der gleiche Typ aufritt, während die Schädelform des Honigbergers – eine Gemeinde also, die mitten zwischen den beiden anderen liegt – einer anderen Gruppe angehört“ (Dr. Susana Grin]escu-Pop). Heute, mitten in der weltweiten Anticorona-Impfkampagne, ist es sicher sehr interessant, etwas über das älteste siebenbürgische Impfzeugnis zu erfahren. Die genauen Daten, sowie die Abbildung des „Zeugnis vor der Kuhpocken-Impfung“ bietet Dr. Arnold Huttmann in derselben KR 14. Es geht um eine Bestätigung, unterzeichnet von Dr. Michael Binder, „Stuhlphysikus von Reps und Großschenk“, am 1. Februar 1810, „dass er bereits am 12. Februar 1809 das 13 Jahre alte Mädchen Katharina Fernolend aus Deutsch-Weißkirch mit Erfolg geimpft habe“.
Andere interessante Beiträge, die im April und Mai 1971 in der KR erschienen, sind: eine Chronik von Horst Anger zu einer Ausstellung des Kronstädter Malers Friedrich Bömches im Arta-Saal - „Keine stille Augenweide“ (KR 14), die Vorstellung des Kronstädter Kunstmuseums („Schätze an der Wand“ von Anca Popp, KR 16), ein Beitrag von Prof. Dr. Otto Folberth zu einem der bekanntesten volkstümlichen Lieder „ ‘Äm Honterstreoch‘. Ein Lied wandert um die Welt“. Komponist ist der aus Thüringen stammende Chordirigent des Mediascher Musikvereins Hermann Kirchner; Dichter des in Mundart verfassten Textes ist Carl Römer. In der KR 20 wird ein im Münchner Verlag Hans Meschendörfer erschienenes Album siebenbürgisch-sächsischer Kirchenburgen des aus Schäßburg stammenden Architekten Franz Letz von Michael Kroner vorgestellt. In der dazu gehörenden Abbildung lautet der Untertitel „Die Bauernburg von Frauendorf“, obwohl im Untertitel und im Text stets der Begriff „Kirchenburg“ verwendet wird. Neue Lernmethoden und Verbesserungen im Geschichts-unterricht werden von Lehrkräften vorgeschlagen. In KR 17 ist ein Rundtischgespräch zu neuen Perspektiven des Tourismus von Alfred Wagner zusammengefasst. Kronstadt wächst in dieser Zeit: in KR 19 wird das Modell des Hochschulbaus am Mühlberg abgedruckt, wohin, laut Verfasser Heinz Barthmes, die Studenten noch in jenem Herbst einziehen sollten. Es entstehen „Eigenheime, die sich die Werktätigen mit Hilfe staatlicher Bankdarlehen bauen lassen“, erfahren wir in einem Kurzgespräch mit Nicolae Tutoveanu, Leiter des Kronstädter Amtes für Eigenheime. Für 1971 sind für Kronstadt fast 1400 Blockappartements geplant. Als Neubauviertel gelten das Gebiet zwischen der Honigberger und der Zizinului-Straße. Ein weiteres soll „entlang der Mihai-Viteazul-Straße auf dem Gelände der alten Eisenbahnlinie“ in Angriff genommen werden; für 1973 ist der Einzug der Bauleute ins Ragadotal geplant, um dort Wohnblocks zu bauen. Die Nachfrage sei sehr groß, am Schlossberg werde aber nicht weiter gebaut, „denn die genehmigte Baufläche ist bereits besetzt worden“. Bauen würde man gern auch auf der Warthe. Man wisse nur nicht wann. „Weil es hier keine kommunalwirtschaftlichen Einrichtungen gibt, und sie zu schaffen, kostet eine gute Stange Geld.“ Nach 1989 haben private Anbieter dieses Problem gelöst.