Mit dem XI. Parteitag der RKP beginnt die Reihe der letzten vier Kongresse, die alle bis 1989 (XIV. Kongress) im November abgehalten wurden. Der XI. Kongress (der vom 21. bis zum 24. November stattfand) bringt die Wiederwahl von Ceau{escu zum Generalsekretär der Partei mit sich, aber auch die Annahme des „Programms der Rumänischen Kommunistischen Partei“. Dies Dokument wird in der KR 48 vom 30. November 1974 vorgestellt als „die ideologische, theoretische, und politische Charta der Partei, die die Perspektive einer neuen Epoche in der Entwicklung Rumäniens erschließt und die strategische Generallinie, die taktischen Ausrichtungen für die Schaffung der vielseitig entwickelten sozialistischen Gesellschaft und das Voranschreiten unseres Landes zum Kommunismus weist.“ Es verbürgt sozusagen „den kollektiven Willen und die kollektive Weisheit der Partei, des ganzes Volkes. Es ist das Programm der ganzen sozialistischen Nation zur Hebung des Vaterlandes auf die lichtvollen Gipfel der kommunistischen Zivilisation“.
In der KR nehmen die Berichterstattung des Parteitages, der vorangehenden Kreisparteikonferenz, die Erörterung der Parteidokumente immer mehr Platz ein. Hinzu kommen Gedichte, Gemälde und Weiteres zur Huldigung der Partei und ihres Generalsekretärs, wobei dazu nicht nur Parteileute, sondern Arbeiter und Intellektuelle, Künstler und Wissenschaftler, Schüler und Lehrer instrumentalisiert werden.
In der letzten KR des Jahres, wo man eigentlich etwas mehr Unterhaltsames erwartet hätte (Humor ist nur auf der letzten Seite vertreten), erfahren die Leser auf mehr als einer Zeitungsseite, wie der ideale Kommunist sein sollte. Das wird im „Kodex der Normen und Prinzipien der Arbeit und des Lebens der Kommunisten, der sozialistischen Ethik und Rechtlichkeit“ festgehalten. Die Wörter „müssen“ und „sind verpflichtet“ kommen dabei am häufigsten vor. Ein Beispiel dieser hohen Ansprüche, wo es zu einer Gratwanderung zwischen Nationalismus und Internationalismus kommt, wäre der Punkt 31: „Die Mitglieder der Rumänischen Kommunistischen Partei und des Verbandes der Kommunistischen Jugend, alle Bürger des Vaterlandes müssen unter allen Gegebenheiten glühende Vaterlandsliebe, nationale Würde und Stolz sowie Achtung vor den anderen Völkern beweisen. Mit aller Entschiedenheit müssen sie sowohl nationalen Exklusivismus und Katzbuckelei vor dem Ausland zurückweisen und verurteilen.“
Zum Glück stellen interessante, lesenswerte Beiträge das Gleichgewicht zur Propaganda-Funktion der KR wieder her. Jene auf der Heimatkundeseite gehören dazu. Zum Beispiel der Artikel von Dipl.-Ing. Josef Schobel (1974 feierte der anerkannte Agrarexperte seinen 75. Geburtstag): „Bäuerliche Massenschulung in Siebenbürgen. Streiflichter aus der Tätigkeit des Siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaftsvereins“, wo wir erfahren, dass dieser Verein 1871 die Gründung der Ackerbauschulen in Bistritz, Marienburg und Mediasch angeregt hatte oder dass man in den 1840er Jahren um Hermannstadt und bei Neustadt begonnen hatte, das Brachfeld mit Futterpflanzen anzubauen. Wie interessant die Geschichte sein kann, wenn man auch Einblick hinter den Kulissen bekommt, beweist Univ.Prof. Dr. habil. Kurt Horedt in der KR 50/13. Dezember mit seinem Beitrag „Machtkampf und Ränkespiel. Zur Berufung des Ritterordens in das Burzenland“. Er ist der Meinung, dass Königin Gertrud von Andechs Meranien als Gemahlin von Andreas II der von 1205 bis 1235 regierte, einen großen Einfluss auf das Geschehen am Königshof hatte. Was sich dort zutrug, wäre „Stoff für ein Shakespeare-Drama“. Der Artikel endet mit folgender Überlegung: „Es wäre eine lohnende Aufgabe in einer eingehenden Analyse das Wechselspiel der politischen Kräfte zwischen König, Adel, Ritterorden und den Siedlern der Hermannstädter Provinz in den Jahren 1222 bis 1225 zu untersuchen, das in der Gewährung der ‚Goldenen Bulle‘, des ‚Goldenen Freibriefes‘, in der erneuten Vergabe des Burzenlandes an die Deutschritter und schließlich in ihrer endgültigen Vertreibung zum Ausdruck kommt.“ Interessant ist auch die Dokumentation von Michael Kroner über die ersten Winterbesteigungen in den Burzenländer Bergen („Zauber der verschneiten Höhen“ in der KR 52 vom 27. Dezember). Wir erfahren, dass die erste bekannte Winterbesteigung des Schulers am 21. November 1857 erfolgte durch Eduard Gusbeth und Eduard Copony. Viel später erfolgte, laut den zur Verfügung stehenden Unterlagen, die „Eroberung“ des Hohensteins: „Der Hohenstein ist nachweislich im Winter erstmals am Anfang der 1890er Jahre durch Franz Josef Zeidner bestiegen worden, obwohl hier seit 1885 eine Hütte stand.“
Die KR informierte immer wieder über Vorträge, Konzerte, Theateraufführungen, Vernissagen, die die deutsche Kulturszene in Kronstadt und anderen Ortschaften anzubieten hatte. Und das waren nicht wenige wie es z.B. die Ankündigungen in der KR 45 vom 8. November beweisen: Jurist Paul Schuster (Bukarest) spricht in der Aula des Hontereuslyzeums über die Bevölkerungsexplosion; Anselm Honigberger dirigiert Lehrkonzerte für Studenten (im Musiktheater) und Schüler (in der Redoute); in Zeiden sprach Dr. Heinz St˛nescu (Bukarest) über die Rolle der rumäniendeutschen Literatur; anschließend stellte Deutschlehrerin Freya Klein neue Bücher vor, darunter auch den Reportagenband „Wegzeichen der Heimat“ von KR-Chefredakteur Eduard Eisenburger – ein Band der in derselben KR auch von Prof. Dr. Carl Göllner rezensiert wird.