In den 1860-70er Jahren war Siebenbürgen wirtschaftlich in den Weltverkehr hineingezogen worden und arbeitsuchende Sachsen wanderten aus und fanden im Ausland Arbeitsplätze, die besser bezahlt wurden als in Siebenbürgen. Es entstanden sogar sächsische Kolonien in einigen Städten Amerikas, Deutschlands, Österreichs und Rumäniens. In diese Wanderungen ist die „Entdeckung Amerikas“ durch einen Reichersdorfer Bauern einzureihen. Er löste durch Bekanntwerden seiner Erlebnisse als Auswanderer nach Amerika eine Auswanderungswelle in die USA aus, die vor allem die Weinbaugebiete Siebenbürgens erfasste. In diese war aus den USA in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Phylloxera (Reblaus) und Peronospera (Blattkrankheit) eingeschleppt worden und hatte in kurzer Zeit viele Weingärten vernichtet und damit eine Krise und Existenzangst heraufbeschworen. Die Weinfechsung sank auf etwa ein Drittel. In den betroffenen Dörfern hieß es bald „wenn unsere Weinberge abdorren, müssen wir nach Amerika, und es ist zu befürchten, dass die Phylloxera diesem Ruf in manchem Tale des Sachsenlandes ein nur zu deutliches Echo bereiten wird.“ In einer Schrift über die Folgen des genannten Weinbergesterbens wurde die Auswanderung abgelehnt, da sie den Bestand des „Sachsenvolkes“ so schwächen würde, dass es als nationale Minderheit von den Rumänen oder Magyaren assimiliert zu werden drohte. Es sollten vielmehr für die nationale Rettung geeignete Exsistenzmittel in der Heimat gesucht werden. Empfohlen wurde eine Innerkolonisation, das heißt eine Ansiedlung in Siebenbürgen. Vor allen in den Gemeinden des Komitatsbodens besaßen die Bauern zu wenig Grund, um davon leben zu können, da nach der Auflösung der feudalen Grundherrschaften die gewesenen hörigen Bauern nicht genügend Boden erhalten hatten. Sie bemühten sich, den adligen Teil der Grundherrschaft zu erwerben.
Bis 1900 wanderten in die USA etwa 20.000 Sachsen (das war ein Fünfzehntel der sächsischen Bevölkerung) aus, von denen vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges nur rund 5000 zurückkehrten. Die Auswanderer hatten meist nicht die Absicht, in Amerika zu bleiben, sondern wollten dort bloß rasch Geld verdienen, dann zurückkehren und ihre Schulden bezahlen, den Daheimgebliebenen helfen und sich mit dem erwirtschafteten Kapital in Siebenbürgen eine Existenz aufbauen. Die viel leichtere Arbeit in der neuen Welt, die weitaus besseren Verdienstmöglichkeiten als in der Heimat sowie die große Freiheit bewirkten jedoch ein Umdenken und Verbleib in der „neuen Welt“.
Durch diese Auswanderungsverluste und als Folge der Magyarisierungspolitik sowie der Unterwanderung sächsischer Ortschaften durch Rumänen gerieten die Sachsen immer mehr in Bedrängnis, als Minderheit von der anders nationalen Umwelt assimiliert oder überflutet zu werden.
In führenden sächsischen Kreisen, voran mit Carl Wolff, suchte man daher nach Mitteln gegen die Auswanderung und für die wirtschaftliche Stärkung der Bauernschaft und des Gewerbes. Statt auszuwandern sollten vielmehr durch Innerkolonisation, das heißt durch Erweiterung des sächsischen Siedlungsgebietes in Siebenbürgen, hier zu Lande Existenzmöglichkeiten geschaffen werden. Dafür musste Grund gekauft und für dessen Erwerb Kapital zur Verfügung gestellt werden. Mit solchen Aufgaben wurden mehrere Banken beauftragt, allen voran die „Bodenkreditanstalt“ (gegründet 1872), die „Raiffeisengenossenschaften“ (1885), die „Hermannstädter Allgemeine Sparkassa“(1811) und die „Siebenbürger Vereinsbank“ (1891). Diese Banken, Spar- und Vorschussvereine setzten sich zum Ziel, die Landwirte mit billigen Krediten zu versehen, um ihnen zu helfen, neuen Grund zu kaufen, den sächsischen Landbesitz zu behalten und ihre Betriebe vor dem Ruin zu bewahren. Die führende Gestalt dieser Wirtschaftspolitik war der Volkswirtschaftler, Experte in Bankgeschäften, Politiker und Journalist Carl Wolff (1859-1929). Über sein Leben und Wirken ist dieser Tage im Schiller-Verlag ein von mir (Michael Kroner) verfasstes Buch erschienen, das auf dem üblichen Weg erworben werden kann. Daraus geht hervor, dass Carl Wolff in den drei Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg nach dem Bischof der bedeutendste Volksmann seines Volkes war.
Als Direktor der Hermannstädter „Allgemeinen Sparkasse“ initiierte Wolff 1885 die Gründung von Raiffeisengenossenschaften, die als ländliche Spar- und Kreditvereine eine segensreiche Tätigkeit entfalteten und das Gesellschafts- und Wirtschaftsleben der Sachsen nach der Auflösung ihrer mittelalterlichen Privilegien den Zeiterfordernissen entsprechend modernisierte. Die im Jahre 1891 auf seinen Vorschlag gegründete „Siebenbürger Vereinsbank“ erwarb vor allem adlige Güter und verkaufte diese dann parzelliert an sächsische, zum Teil auch an schwäbische Bauern. Solche Adelsgüter wurden in Weißkirch bei Schäßburg, in Benzenz bei Broos und Batiz bei Simeria angekauft und zunächst mit Banater Schwaben besiedelt. Durch Ankauf von Adelsboden in Durles, Schorsten, Abtsdorf, Wassid, Kallesdorf und Törnen wurde der Grundbesitz der dortigen sächsischen Bewohner erweitert. Mit dem am Ende des 19. Jahrhunderts in Weißkirch von der aus Nürnberg stammenden Grafenfamilie Haller gekauften Grund gründete Wolff in dem damals rumänischen Dorf eine sächsische Siedlung, die sich als Diasporagemeinde lebensfähig erwies. Die Siedler stammten aus 17 Gemeinden, die nun eine neue Gemeinschaft bildeten. Der Verfasser dieses Aufsatzes und des Wolff-Buches stammt aus Weißkirch.
In der Gemeinde Kirieleis (Nordsiebenbürgen) kauften die Sachsen 1916 mit Hilfe der Hermannstädter „Vereinsbank“ eine Fläche von 800 Joch in der Gemeinde Kinteln und verteilten den Boden unter die Gemeinden Baierdorf, Kallesdorf und Kirieleis. Im Jahre 1917 erwarben mehrere Gemeindemitglieder aus Kirieleis von einem ungarischen Großgrundbesitzer in der Gemeinde Sirioara 300 Joch Weide und 315 Joch Wald, die auf 74 Anteile an die neuen Besitzer übertragen wurden. Man bemühte sich in führenden sächsischen Kreisen vor allem, die ehemaligen Untertanen vom Komitatsboden beim Kauf von Grund zu unterstützen. So konnten sich ehemalige untertänige Gemeinden wirtschaftlich erholen.
Die Auswanderung nach Amerika konnte jedoch nicht gestoppt aber reduziert werden. Auch in der Zwischenkriegszeit lockte die „neue Welt“. Die Auswanderer hatten zwar meist nicht die Absicht, in Amerika zu bleiben. Die viel leichtere Arbeit in der neuen Welt, die weitaus besseren Verdienstmöglichkeiten als in der Heimat sowie die große Freiheit bewirkten jedoch ein Umdenken. Der größte Teil der Auswanderer entschloss sich, für immer in den USA zu verbleiben. Das übte auf die Landsleute in der Heimat, die mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten kämpften, eine Sogwirkung aus. Bis Mitte der 30er Jahre soll die Zahl der aus Siebenbürgen stammenden „Amerikaner“ auf 30.000 gewachsen sein. Sie schlossen sich in evangelische Gemeinschaften zusammen und wurden von der siebenbürgisch-evangelischen Landeskirche betreut. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind sodann sächsische Flüchtlinge aus Nordsiebenbürgen nach einem Zwischenaufenthalt in Österreich und Westdeutschland in Nord- und Südamerika gelandet. Die heutige Gesamtzahl der Amerikaner mit sächsischer Abstammung beträgt in den USA 100.000 und in Kanada 8000. Kleine Gemeinschaften gibt es auch in Staaten Südamerikas.