Vereine und Verbände der Siebenbürger Sachsen – eine unüberschaubare Vielfalt?

Historisches. In Österreich reichte es bereits um 1900 für siebenbürgisch-sächsische Vereinsgründungen, sogenannten Landsmannschaften, meistens von Studenten. Vor und im Zweiten Weltkrieg gab es nur vereinzelt Siebenbürger Sachsen in Deutschland, die dann auch vor Ort verblieben. Bis 1949 war Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt. In den Westzonen gab darin keine Koalitionsfreiheit, d.h. es war verboten Vereine, Verbände oder andere Einrichtungen zu gründen. Lediglich kirchliche Einrichtungen war als eine Aktivität gestattet. So kam es zur ersten Gründung eines siebenbürgischen Vereins, die des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk. Weitere Hilfskomitees gründeten die Bessarabiendeutschen, die Galiziendeutschen oder die Deutschen aus der Slowakei. Nach Gründung der Bundesrepublik konnten Landsmannschaften und andere Organisationen Aktivitäten aufnehmen. In der DDR allerdings nicht. Die deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge aus früheren deutschen Reichs- und Siedlungsgebieten, zusammengeschlossen im Bund der Vertriebenen, waren in Westdeutschland neben den Kirchen und Gewerkschaften der drittgrößte Interessenverband. Es gab mit 12 Millionen dieser Flüchtlinge, deren Unterbringung und Versorgung sowie sozialen Sicherung große Probleme. Man musste diese Personenkreise zufriedenstellen und integrieren und Konflikte in der westdeutschen Gesellschaft vermeiden. Dies gelang durch das Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz sowie den Lastenausgleich – beides große Sozialgesetze – in hervorragender Weise. Die Vertriebenen verblieben oder wurden neu ins deutsche Sozialversicherungssystem aufgenommen, vor allem ins umlagefinanzierten Rentensystem. Es gab für verlorenes Gut anteilmäßige Entschädigungen (Ausgleichszahlungen), günstige Baukredite, größere und günstigere Baugrundstücke, Leibrenten etc.

Die Gründung der Hilfskomitees, der Landsmannschaften sowie der Heimatortsgemeinschaften, künstlerischen und wissenschaftlichen Vereinen, Gründung von Vertriebenensiedlungen, Jugend- und Folkloregruppen vollzog sich bei allen diesen vertriebenen oder geflüchteten Gruppen parallel.
Wer war denn nun im Nachkriegsdeutschland aus Siebenbürgen anwesend? Es waren einzelne vor dem Krieg ausgewanderte Sachsen, etwa der Schriftsteller Heinrich Zillich, der in den 1930er Jahren mit seinen literarischen Werken im Deutschen Reich Erfolg hatte und im Dritten Reich von der Schriftstellerei leben konnte. Er war dann auch der erste Vorsitzende der Landsmannschaft, ebenso Träger des ersten Siebenbürgisch-sächsischen Kulturpreises. Eine zahlenmäßig größere Gruppe waren die in deutsche Militäreinheiten (Waffen-SS und Wehrmacht) eingegliederten Männer, die bei einer Rückkehr nach Rumänien mit einer Bestrafung zu rechnen gehabt hätten. Die Anfang 1945 in die Sowjetunion deportierten Siebenbürger Sachsen, die erkrankt und arbeitsunfähig waren, wurden in die Sowjetische Besatzungszone (Ostzone) abgeschoben. Viele gingen daraufhin bis zum Mauerbau in den Westen. Eine weitere Gruppe waren die Nordsiebenbürger Sachsen, die von September 1944 auf Befehl der deutschen Wehrmacht nach Österreich geflohen waren. Hierbei handelt es sich um rund 40.000 Personen. Etwa ein Viertel davon wurde auf der Flucht von der Roten Armee eingeholt und in die Heimat zurückgebracht. Die Häuser und Höfe allerdings waren von anderen Bewohnern zwischenzeitlich besetzt worden, so dass andere behelfsmäßige Unterkünfte gesucht werden mussten. Die in Österreich verbliebenen Sachsen lebten die nächsten zehn Jahre fast ausschließlich in Flüchtlingslagern. Sie erhielten sehr lange nicht die österreichische Staatsangehörigkeit und konnten nicht an der Eingliederung ins soziale Sicherungssystem Österreichs teilhaben. Österreich hätte diese Menschen als Nachfahren von Altösterreichern und österreichisch-ungarischen Staatsbürgern aufnehmen können, wie das etwa mit den Landlern nach 1990 geschah.

In Westdeutschland begann etwa im Jahr 1955 der Aufschwung, das „Wirtschaftswunder“. Kernzone dieses Wirtschaftswunders war das Ruhrgebiet mit seinem natürlichen Reichtum von Kohle, der die Erzeugung von Stahl ermöglichte. Es begannen Arbeitskräfte knapp zu werden. So sahen sich verantwortliche Politiker um, wo vielleicht solche zu bekommen wären und entdeckt u.a. auch die Nordsiebenbürger Sachsen in Österreich. Man machte ihnen ein Angebot bei Annahme einer Arbeit in Kohlebergwerken: Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit, Eingliederung ins soziale Sicherungssystem und Teilhabe am Lastenausgleich. Es wurden ihnen auch geschlossene Siedlungen mit dem geförderten Bau von Wohneigentum angeboten. Für einen Teil der Siebenbürger Sachsen war das Angebot attraktiv und so wurden einige Bergleute. Es wurden die Siedlungen Herten, Setterich und Oberhausen gebaut. Später, Anfang der 1960er-Jahre sollte in Gummersbach eine ländliche Siedlung gebaut werden. Die kam vorerst nicht zustande. Mitte der 1960-er Jahre schließlich wurde die Siedlung Drabenderhöhe im Oberbergischen Kreis ins Leben gerufen, die mit rund 4.000 Siebenbürger Sachsen bis heute die weltweit größte ihrer Art ist. Auch wurden in der Folgezeit viele Sachsen in der Kreisstadt Gummersbach angesiedelt. Ein Zentrum ihrer Siedlungstätigkeit war der neue Stadtteil Bernberg.

In diesen neuen Siedlungen – vermutlich aber auch in den österreichischen Flüchtlingslagern – wurden Nachbarschaften eingerichtet, Chöre, Orchester, Jugend-, Tanz-, Theater und Frauengruppen eingerichtet, Feste gefeiert, Brauchtum gepflegt. Wie alle Migrantengruppen weltweit, werden familiäre Kontakte besonders gepflegt. Man zieht zum Bruder, der Schwester, dem Onkel, der Tante. Die lassen einen bei einem wohnen und beschaffen Arbeit bis man auf eigenen Füßen steht. Es bilden sich Ortsgruppen, die für die Organisation der Feste und des Gemeinschaftslebens zuständig sind.

Parallel dazu beginnt die Organisation der Landsmannschaft mit Geschäftsstelle und Mitteilungsblatt. Für die Sachsen war dieses immer schon in München, da München die erste Großstadt im Südosten Deutschlands ist und es dort verstreute Siebenbürger Sachsen gab. München war (und ist) aber genauso für Tschechen, Ungarn, Ukrainer und Rumänen im Exil mit Wissenschafts-, Kultur- und kirchlichen Einrichtungen eine Hauptstadt.
In der Nachkriegszeit hatten die ehemaligen Kriegsteilnehmer, Vertriebenen und Flüchtlinge zunächst kaum Kontakt untereinander. So begannen alle diese Verbände mit der Organisation von Heimattagen. Hierzu eignete sich das Pfingstwochenende besonders, da die großen Städte, Stadien und Hallen weitgehend zerstört waren, musste man das unter freiem Himmel machen. Wo es ein Siedlungszentrum einer dieser Gruppen gab und sich ein Organisator fand, wurden diese Treffen abgehalten. Es wurde mit Fahrrad, Zug und Bus angereist, vielfach unter freiem Himmel in Zelten campiert. Die Sudetendeutschen Heimattreffen hatten in den 1950er und 1960er Jahren bis zu 200.000 Teilnehmer, also größer noch als Sportgroßereignisse oder Kirchentage. Die Sachsen fingen sparsamer an. So fand das erste Heimattreffen, damals Bundestreffen genannt, 1951 in Rothenburg ob der Tauber statt. Schon im Folgejahr musste man ins benachbarte Dinkelsbühl umziehen, da zu Pfingsten wieder ein traditionelles Volksfest in Rothenburg wiederauflebte. Seither fanden die Heimattreffen mit wenigen Ausnahmen – z.B. coronabedingt 2020 und 2021 – in Dinkelsbühl statt. Diese wuchsen sich zu Großereignisse mit bis zu 20.000 Besuchern bei schönem Wetter nach der Jahrtausendwende aus.
Auf diesen Veranstaltungen erfuhr man zunächst, dass man den Krieg überlebt hatte, wo man wohnte, welche Arbeit man hatte, ob die Familie beisammen war etc. Wenn man sich in späteren Jahren wiedersah, soll die häufigste Frage gewesen sein „Hast Du schon gebaut?“ Auf jeden Fall wurden für die Herkunftsgemeinden Treffpunkte in bestimmten Lokalen vereinbart. Für viele ist die Heimat nicht ganz Siebenbürgen, sondern vor allem der Herkunftsort, mit dem man besonders verbunden war.

Der meines Wissens älteste Verein ist das Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben, eine Institution mit kirchlicher diakonischer Ausrichtung. Es hatte eine Geschäftsstelle beim Sitz der Landsmannschaft und höchstes eine Halbtagskraft eingestellt. Über viele Jahre gab es die Beilage „Licht der Heimat“, die mit der Siebenbürgischen Zeitung versandt wurde. Das HIKO war eine von Honoratioren getragener Verein. Über viele Jahre war Hans Philippi, Oberstudienrat in Ansbach Vorsitzender. Im Selbstverständnis war das HIKO das „Sprachrohr der am Sprechen gehinderten evangelischen Kirche A.B. und Rumänien“.

Etwa ab Mitte der 1950er Jahre gab es zwischen den Protagonisten der Landsmannschaft und dem HIKO Spannungen. In der Landsmannschaft sah man für die Siebenbürger Sachsen in Rumänien keine Zukunft mehr und plädierte für die totale Aussiedlung. Die angestrebte Aussiedlung wurde nicht als solche benannt. Man argumentierte, dass man den Ausreisewilligen helfen aber auch die Bleibewilligen unterstützen wolle. Im HIKO sah man aber durchaus Chancen für die Sachsen im Kommunismus zu überleben. Schließlich waren die Deutschen Rumäniens nicht – wie überall sonst in Ost- und Südosteuropa – vertrieben worden. Sie waren zwar vielfach enteignet und entrechtet und auch in die Sowjetunion verschleppt worden, aber eben nicht vertrieben. Ihnen wurde staatliches deutschsprachiges Schul- und Bildungswesen angeboten, ein deutsches Kulturleben mit Tages- und Wochenzeitungen, Theater, deutschsprachige Gottesdienste gestattet. Paul Philippi wies jahrzehntelang darauf hin, dass die landsmannschaftliche Programmatik, sowohl die Bleibewilligen als auch die Ausreisewilligen zu unterstützen, konträr seien. Je mehr Menschen ausreisten, desto mehr verschlechtern sich die Chancen der Bleibewilligen. Dieser lange Konflikt schwelte lange und eskalierte Anfang der 1980er Jahre. Das „Licht der Heimat“ wurde nicht mehr mit der Siebenbürgischen Zeitung vertrieben, so dass das HIKO kaum noch eine Leserschaft fand. Bei einer Mitgliederversammlung des HIKO und Neuwahlen des Vorstandes, kam es zu einer Ablösung der alten Vorstände. Das HIKO richtete sich unter dem langjährigen Vorsitz des 1977 ausgewanderten und in Drabenderhöhe heimisch gewordenen Pfarrers Kurt Franchy neu aus. Es nahm sich vor die ankommenden Aussiedler seelisch zu unterstützen. So wurden kirchliche Rüstzeiten für diese Kreise angeboten. Natürlich standen auch Hilfen, vor allem materielle, humanitäre und soziale, für die EKR weiterhin im Fokus. Jahrzehnte später hat das HIKO seinen Namen abgeändert und heißt jetzt „Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD/HIKO“. Seit der Wende ist das HIKO besonders in sozialen Projekten, etwa dem evangelischen Schülerheim in Hermannstadt engagiert. Zu den Aufgaben des HIKO gehörte vor allem auch die Publikation des „Siebenbürgisch-Sächsischen Hauskalenders“, seit längerem heißt es „Jahrbuch“. Es ist eine Publikation mit großer Verbreitung und der Vermittlung historischem und kulturellem Wissen für ein Breitenpublikum. Über Jahrzehnte hat das HIKO Wochentagungen meist für siebenbürgische Pfarrer im Sambachshof bei Bad Königshofen durchgeführt.

Das „alte HIKO“ hat sich in einem anderen Verein, dem Evangelischen Freundeskreis Siebenbürgen neu konstituiert. Dieser kleine Verein mit knapp 100 Mitgliedern hat sich über vor allem in den 1990 und Anfang der 2000er Jahre für den die Spendensammlung und den Bau der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Hermannstadt engagiert. Der EFS gibt die „Zugänge“ heraus, ebenfalls ein derzeit um die 100seitiges Heft mit historisch politischen Beiträgen zu Siebenbürgen. In den 1989er Jahren sind da vor allem die Auseinandersetzungen um „Gehen oder Bleiben“ geführt worden.

Ein weiterer wichtiger Verein ist der 1962 gegründete Arbeitskreis für siebenbürgische Landeskunde, der sich als Rechtsnachfolger des 1940 gegründeten „Vereins für siebenbürgische Landeskunde“ sieht. Dieser Verein mit heute rund 550 Mitgliedern, davon über 100 in Rumänien, veranstaltete zahlreiche wissenschaftliche Tagungen, die in der „Zeitschrift für siebenbürgische Landeskunde“ oder in einer Buchreihe „Siebenbürgisches Archiv“ erscheinen. Daneben gibt es noch die Reihe „Studia Transilvanica“, „Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens“, „Kulturdenkmäler Siebenbürgens“ und Einzelpublikationen. Dieser regen Publikationstätigkeit ist zu verdanken, dass Siebenbürgen im Vergleich zu anderen Regionen Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas recht bekannt und gut erforscht ist. So findet man auf dem deutschen Buchmarkt und in Bibliotheken zu Siebenbürgen enorm viele Veröffentlichungen. Diese Veröffentlichungen wurden und werden meistens mit öffentlichen Projektfördermitteln unterstützt. Viele aber auch nur durch die Bereitschaft der Mitglieder diese Reihen zu abonnieren und so zu erschwinglichen Kostenkalkulationen und Ladenpreisen zu kommen. Der AKSL ist seit Ende der 1960er Jahre auf Schloss Horneck beheimatet. Er hatte mit Balduin Herter über 20 Jahre einen ersten hauptamtlichen Geschäftsführer, der vom Institut für Auslandsbeziehungen finanziert wurde. Dem AKSL wurde auch die Einrichtung und Pflege der Siebenbürgischen Bibliothek anvertraut. Diese wiederum ist keine eigene Rechtspersönlichkeit sondern wurde initiiert vom LM; HIKO und AKSL. Zur gleichen Zeit wurde auf Schloss Horneck die ersten Heimatstuben errichtet aus denen dann das Siebenbürgische Museum e.V. entstand, auch mit einer ersten hauptamtlichen Mitarbeiterin Dr. Katrin Mönch. Der AKSL war eine „Akademie der Wissenschaften der Siebenbürger Sachsen“. In der Nachkriegszeit konnten einige Siebenbürger Sachsen wissenschaftliche Karrieren an deutschen Hochschulen starten und pflegten dabei auch immer siebenbürgische Themen. Hierbei sind zu nennen der Theologe und Diakoniewissenschaftler Prof. Paul Philippi, der Soziologe Prof. Georg Weber, die Pädagogen Prof. Walter König und Prof. Andreas Möckel, der Historiker Prof. Harald Zimmermann, der Naturwissenschaftler Dr. Heinz Heltmann u. a. Später waren Dr. Günter Tontsch, Dr. Ulrich Wien, Dr. Konrad Gündisch, Dr. Harald Roth, Dr. Erika Schneider, Dr. Gerald Volkmer u.a. führende Persönlichkeiten des Arbeitskreises.

Noch ein Einschub zum Schloss Horneck. Dieses war eine mittelalterliche Burg und der Sitz des Deutschen Ordens. Im Barockzeitalter wurde es als Schloss umgebaut. Es diente als Kaserne, Fabrik und Sanatorium. 1960 stand es mit weiteren Liegenschaften (Forsthaus, Komturei, Weinbergen) zum Verkauf. Eine Handvoll Siebenbürger Sachsen, die sich in der Umgebung niedergelassen hatten, waren am Erwerb des Schlosses zum Zweck der Errichtung eines Altenheims sehr interessiert, besaßen jedoch keine nennenswerten finanziellen Mittel. Sie waren offenbar von einem romantischen Bild über den Deutschen Orden, der von 1212 bis 1224 im Burzenland ansässig war, geprägt und sahen diese imaginäre Verbindung als wichtig an, so dass sie alles daran setzten diese enorm große Immobilie zu erwerben. Die Finanzierung gelang dadurch, dass der gegründete Trägerverein Johannes-Honterus die mit angebotenen Liegenschaften einzeln teurer verkaufte und somit das Schloss erwerben konnte. Es diente bis 2015 als Alten- und Pflegeheim. Nicht für diesen Zweck nutzbare Räume wurden dem AKSL sowie dem Siebenbürgischen Museum kostengünstig vermietet. 2015 wurde der Verein insolvent und das Schloss kam unter die Zwangsversteigerung. Durch eine beispiellose Spendenaktion mit über einer Million Euro konnte das Schloss erneut von einem Verein Siebenbürgisches Kulturzentrum Schloss Horneck (Schlossverein) erworben werden. Bei diesem Erwerb ist das herausragende Engagement von Dr. Bernd Fabritius und dann nach dessen Wahl in den Deutschen Bundestag, von Prof. Dr. Konrad Gündisch zu nennen. Besonders engagiert hierbei waren auch Dr. Axel Fröse, Heidrun Negura/Rau. Derzeitiger Vorsitzender des Schlossvereins ist Helge Krempels. Es gibt mit Martina Handel eine Bürokraft und einen Hausmeister, 1,75 Stellen, die auch zu bezahlen sind. Nach der Nutzung durch das Altenheim galt es Räume im Schloss für Museum, Bibliothek und Archiv zu erweitern und herzurichten. Aus den Bewohnerzimmern wurden Gästeunterkünfte geschaffen. Ein Hotelbetreiber vermarktet die Zimmer touristisch und zahlt dafür ebenso wie Bibliothek, Archiv und Museum dafür Miete. Die Umbauarbeiten erfolgten durch Bauunternehmen, es wurde und wird aber auch viel ehrenamtlich geholfen, so bei der Herrichtung der Außenanlagen. Die Institutsmitarbeiter Dr. Ingrid Schiel, Christian Rother u.a. haben sich aber auch an der Verlegung von Böden, Streichen von Wänden beteiligt. Eine denkmalgeschützte Immobilie von dieser Größe und Bedeutung zu erhalten ist eine wahre Sisyphus-Arbeit und verschlingt enorm viel Geld. Neben bestimmten öffentlichen Förderungen sind auch stetige Spenden, Zuwendungen und Nachlässe notwendig. Man denke nur an die Steigerung der Energiekosten im letzten Jahr!

In Deutschland wurden ab 1960 neben dem „Heimathaus Siebenbürgen“ noch je ein Altenheim in Osterode/Harz, in Rimstig am Starnberger See sowie in Drabenderhöhe gebaut bzw. eingerichtet. Die Altenheime sind auch nach dem Muster und den Bedürfnissen anderer deutscher Heimatvertriebener eingerichtet worden. Neben heimischer Küche, vertrauten Landsleuten sollte auch Kultur – etwa die Mundart oder Lieder – und Geselligkeit gepflegt werden. Bis zur Insolvenz des Heimathauses hat das auch über ein halbes Jahrhundert gut geklappt. Jedoch kamen die Bewohner in den letzten Jahren immer älter, kränker und pflegebedürftiger an und starben in immer kürzeren Abständen, so dass in der Belegung und damit in den Einnahmen Lücken entstanden, die schließlich nicht mehr zu kompensieren waren. Sicherlich sind aber auch Managementfehler gemacht worden, die auch die Existenz von Bibliothek und Archiv bedroht haben und immer noch bedrohen.

1957 übernahm das Land NRW die Patenschaft über die Siebenbürger Sachsen. In der Nachkriegszeit hatten sich beispielsweise viele Oberschlesier in NRW und viele Sudetendeutsche in Bayern angesiedelt, so dass diese Länder Patenschaften für die Vertriebenengruppen übernahmen. NRW hatte ja besonders unter den Sachsen in Österreich geworben und zeigte sich erkenntlich durch die Übernahme der Patenschaft. Dies war auch mit finanziellen Förderungen für kulturelle Maßnahmen verbunden. Alle siebenbürgischen Institutionen waren berechtigt beim Sozialministerium Förderanträge für ihre Projekte zu stellen. Das war der Verwaltung offenbar zu viel, so dass sie die Gründung eines Dachverbandes für kulturelle Anliegen der Siebenbürger Sachsen anregte. So schlossen sich der AKSL, die LM, das HIKO zum Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat zusammen. Später wurde dieser Kulturrat erweitert, etwa um die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung, das Siebenbürgische Museum, den HOG-Verband, den Verein der Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek, die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, den Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich, der Sektion Karpaten im DAV, Verein der Siebenbürger Sachsen in der Schweiz sowie nach 1990 der Landeskirche, dem Siebenbürgenforum und der Stiftung Kirchenburgen. Der SSKR wurde bis 2004 zu 2/3 vom Patenland NRW und zu 1/3 vom Land BW institutionell und auf dem Projektwege unterstützt werden. Damit konnte in Gundelsheim eine Geschäftsstelle mit einem Geschäftsführer, zweier Verwaltungskräfte sowie von zwei Bibliotheks- und Archivmitarbeitern erhalten werden. 2005 stieg das Land NRW aus der institutionellen Förderung aus. Die hauptamtlichen Mitarbeiter suchten sich neue Arbeitsstellen oder arbeiteten auf Minijobbasis oder ehrenamtlich weiter. Ihre Stellen wurden durch Zuwendungen des Vereins der Freunde und Förderer der SB finanziert. Es verblieb eine hauptamtliche Bibliothekars- und Archivarsstelle. Nach Balduin Herter war kurzzeitig Dr. Konrad Gündisch Geschäftsführer des Kulturrates, dann zwei Jahrzehnte Dr. Harald Roth, anderthalb Jahre Gustav Binder und seit 2015 Dr. Ingrid Schiel. Rund zehn Jahre gab es keine hauptamtliche Geschäftsführung. Gegenwärtig wird die Geschäftsführerin aus den Erträgen der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek sowie einem Nachlass bezahlt. Traditionell war der Vorsitzende des Arbeitskreises für siebenbürgische Landeskunde auch stets der Vorsitzende des Siebenbürgisch-sächsischen Kulturrates. Derzeit ist das Dr. Stefan Măzgăreanu, stellvertretender Vorsitzender ist Thomas Șindilariu.

Träger des Siebenbürgischen Museums ist ein Verein. Das SM wurde etwa seit den 1980-er Jahren institutionell gefördert, zunächst vom BMI dann vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Zeitweise waren dort vier wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt, weitere Mitarbeiter in der Verwaltung und im Bereich der Restauration. Die institutionellen Zuwendungen wurden reduziert, so dass nunmehr auch die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter auf zuletzt eine Person schrumpfte. Museumsdirektoren waren bzw. sind Dr. Kathrin Mönch, Dr. Volker Wollmann, Marius Tătaru und Markus Lörz. Seit 1999 ist Dr. Irmgard Sedler Vorsitzende des Trägervereins Siebenbürgisches Museum. Selbstverständlich ist auch dieser Verein auf Zuwendungen und Spenden angewiesen.

Eine ganz wichtige Arbeit in der Gemeinschaftspflege und der Sicherung von Kulturgut und auch mit Kontakten zur kirchlichen und politischen Heimatgemeinde sind die Heimatortsgemeinschaften. Dieses sind lose oder organisierte Zusammenschlüsse von einigen Bewohnern einer Ortschaft. In Siebenbürgen gab es rund 250 sächsische Ortschaften, so dass es potentiell auch 250 HOGs geben müsste. Allerdings haben sich nicht so viele HOGs gegründet.

Nach dem Muster anderer Landsmannschaften entstanden die ersten HOGs. Die erste Siebenbürgische war die 1952 von der Burzenländer Gemeinde Heldsdorf gegründete, gefolgt 1953 von Zeiden. Zu den Aufgaben der HOGs wurde die Abhaltung regelmäßiger Treffen, die Herausgabe eines Mitteilungsblattes, die Erstellung einer Ortsmonographie, Hilfen in die Heimat, Hilfen für ankommende Aussiedler, mancherorts genealogische Forschung, Chöre, Blaskapellen, Kinder- und Jugendfreizeiten. Diese bis in die 1970er Jahre sehr seltenen Heimatortsgemeinschaften hatten dann etwa ab 1980 einen wahren Gründungsboom. Das hing auch mit der Zunahme der Auswanderung aus Siebenbürgen zusammen. Während in den 1950er und 1960er Jahren eher Familienzusammenführungen im engeren Sinne stattfanden, dass also Frauen und Nachkommen von ehemaligen deutschen Militärangehörigen ausreisen durften, wurde das in den 1970er Jahren seitens des sozialistischen Rumäniens etwas liberaler gehandhabt, nicht zuletzt dadurch, dass die Sachsen und Schwaben verkauft wurden. Ab 1977 waren diese Quoten genau festgelegt und lagen bei rund 15.000 pro Jahr. So kann man davon ausgehen, dass von da bis zur politischen Wende in Rumänien 1989 rund 100.000 Sachsen ausgewandert sind und im Jahr 1990 wohl eben soviele.

Manche HOGs sind als eingetragene Vereine konstituiert, welches gewisse Formalia, etwa regelmäßige Wahlen und Kontakte zu Finanzamt und Registergericht voraussetzt. Manche HOGs – etwa die Burzenländer Gemeinden, Bistritz, Schäßburg, Mediasch, Hermannstadt, Heltau – und andere sind vorbildlich. Es ist enorm, was sie machen, wie sie auch in der Heimat durch Treffen, Workcamps, Feste, Gottesdienste, Sportveranstaltungen, Wanderungen etc. mitmachen und ihre Kinder mitnehmen. Anderen ist nur an der Organisation des Heimattreffens gelegen, das Wiedersehen mit Verwandten, Nachbarn, Schulkollegen. Auch diese Treffen sind nicht ganz einfach zu organisieren, da der Organisator bei einer Tagungsstätte genaue Teilnehmerzahlen angeben und in der Regel auch einen Buchungsvertrag abschließen muss. Über viele Jahre haben sich die Gäste aber spät oder gar nicht angemeldet und dem Organisator schlaflose Nächte bereitet. Manche haben auch resigniert aufgegeben. Ich schätze, dass die Hälfte der siebenbürgischen Ortschaften keine Treffen mehr durchführen. Heimatortsgemeinschaften sind sehr langlebig. Bei den Sudetendeutschen existieren sie noch 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die Siebenbürger Sachsen, die ja zur Hälfte bis 1990 und zur Hälfte danach ausgewandert sind, sind also noch weitere 30 Jahre möglich. Wenn man von 200.000 Siebenbürger Sachsen in Deutschland ausgeht, so sind im größten Verein, dem Verband der Siebenbürger Sachsen, etwa 20.000, vor allem die in den Siedlungszentren: München, Nürnberg, Ingolstadt, Heilbronn, Drabenderhöhe, organisiert. 90 Prozent, viele davon in der Diaspora, sind jedoch nicht organisiert. Sie werden jedoch durch die Heimatortstreffen oder die Publikationen erreicht.

Der Verband der Siebenbürgisch-sächsischen Heimatortsgemeinschaften hat sich 1997 als eingetragener Verein organisiert, nachdem er sich einige Jahre informell zum Erfahrungsaustausch getroffen haben. Zunächst veranstaltete der HOG-Verband im Zweijahresrhythmus Tagungen. Ab 2005 ausschließlich in Bad Kissingen.

Ab 2013 kam dann immer jährlich alternierend zur Tagung ein gefördertes Seminar in Zusammenarbeit mit dem Heiligenhof zustande. Durch die eingeworbenen Finanzierungen war der Teilnahmebeitrag moderat und die Referentenkosten – davon stets auch Vertreter von Forum und Kirche – konnten weitgehend durch die Förderungen aufgebracht werden. Diese HOG-Veranstaltungen sind stets mit etwa 100 Personen besucht. Inhaltlich haben sich viele mit dem Erhalt der Kulturgüter in Siebenbürgen, vor allem Kirche, Pfarrhaus und Schule beschäftigt. Es wurden Initiativen und Projekte sowie Förderungen vorgestellt. Bei diesen Veranstaltungen war und ist der Blick sehr auf die Heimat ausgerichtet, auf Kooperation und Verbindungen. So wurde das „Große Sachsentreffen“ in Hermannstadt 2017 maßgeblich mit vom HOG-Verband vorbereitet, umrahmt von vielen weiteren lokalen Events. 2024 soll erneut ein solches Treffen veranstaltet werden, nachdem eine frühere Wiederholung coronabedingt mehrfach verschoben worden ist. Der HOG-Verband ist Mitglied im Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat und führt auch an diesen einen Mitgliedsbeitrag aus. Die HOG-Vorstände sind alles erfolgreiche, mitten im Leben stehende Personen, die sich über ihr berufliches und familiäres Umfeld vorbildlich für die Gemeinschaft und die Herkunftsgemeinde engagieren. Derzeit ist Ilse Welther die Vorsitzende. Neben dem bundesweiten HOG-Treffen, arbeiten regionale Gliederungen zusammen und veranstalten regelmäßige Treffen.

Viele siebenbürgisch-sächsische Institutionen sind durch persönliche und wagemutige Initiativen gegründet worden. Beispielhaft sei an den ersten (1960) und zweiten (2015) Erwerb von Schloss Horneck erinnert. Viele Personen haben sich jahre- und jahrzehntelang hierbei ehrenamtlich bis zur Erschöpfung engagiert. Leider konnte für viele kulturelle Einrichtungen keine ausreichende öffentliche Förderung organisiert werden. Das betrifft vor allem Bibliothek, Archiv, Kulturrat und Museum. Bei diesen Einrichtungen ist hauptamtliches und professionelles Personal unabdingbar. Sowohl der Mitarbeiterstab von Museum und den anderen kulturellen Institutionen in Gundelsheim sind auf ein Minimum reduziert.

Bereits 1992 wurde – auch von Balduin Herter – der Verein der Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek gegründet. Er hat rund 200 Mitglieder die mindestens 20 Euro Mitgliedsbeitrag bezahlen. Viele bezahlen mehr und spenden auch, so dass über die drei Jahrzehnte wohl rund 375.000 Euro eingeworben wurden. Damit wurden Nachlässe, Bücher, Archivalien, Fotoplatten, historische Aktien etc. angekauft, Regale, Scanner, Kopierer, aber auch Transportkosten oder Fortbildungen oder Löhne der Mitarbeiter bezahlt. Der Verein der Freunde und Förderer ist ein Lückenfüller, der schnell und unbürokratisch hilft.

1999 wurde vom Ehepaar Dr. Roswitha und Martin Guist aus Wiehl, die lebenslang in sächsischen Organisationen, der Kinder- und Jugendarbeit, der Frauen-, HOG- und kirchlichen Bereichen aktiv waren, die Summe von 100.000 DM gestiftet und die gemeinnützige und steuerbegünstigte Stiftung Siebenbürgische Bibliothek errichtet. Im Laufe der Jahre gab es zahlreiche Zustiftungen und Unterstiftungen. Um Stiftungsgelder wird besonders unter den sächsischen Eliten geworben, vor allem bei freudigen (etwa Geburtstagen) und traurigen (Todesfällen) Familienereignissen. Das Stiftungskapital ist besonders gewachsen durch einige wenige Nachlässe, etwa von Immobilien kinderloser Erblasser. Das Stiftungskapital beträgt rund vier Millionen Euro. Bei der Errichtung der Stiftung ging man davon aus, dass ein Grundkapital von zwei Millionen Euro ausreichend sei für eine dauerhafte Förderung und Teilfinanzierung von Bibliothek und Archiv. Damals jedoch gab es feste und langfristige sowie risikoarme Zinssätze für Kapitalanlagen. Durch die Finanzkrise 2007 sind solche Anlagemöglichkeiten sehr geschrumpft. Über viele Jahre gab es kaum Zinserträge, dafür hohe Risiken bei der Geldanlage. Dennoch, ohne die Zuwendungen der Stiftung SB, hätte die bereits sehr reduzierte Arbeit wohl ganz eingestellt werden müssen. Eine Stiftung ist auf „ewige Zeiten“ angelegt und soll nur die Stiftungserträge ausschütten und nicht das Grundkapital angreifen. Dieses soll erhalten und gemehrt werden, und dem ideellen Zweck der Stifter dienen, auch wenn diese nicht mehr auf Erden weilen.

Es gibt auch einen Museumsverein für das Siebenbürgische Museum. Auch dieser hat Mitglieder und wirbt um Spenden. Unter den Spendensammlern für soziale Zwecke gehört das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen e.V., welches maßgeblich von Peter Pastior, dem früheren Geschäftsführer der Landsmannschaft, geleitet wurde. Heute wird es von Dr. Johann Kremer geleitet. Es ist vor allem mit der Weiterleitung an Spenden- und öffentlichen Geldern an Bedürftige und Organisationen in Siebenbürgen tätig.

Zu erwähnen ist auch die bereits 1979 von Ernst Habermann gegründete Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung die von Hans-Christian Habermann weitergeführt wird. Sie wurde mit einem Stiftungskapital von 500.000 DM ausgestattet. Sie hat denkmalschützerische Projekte (Kirchenburgen), soziale Projekte, Publikationen (Heimatbücher) und wissenschaftliche Nachwuchspreise gefördert. Auch diese Stiftung ist Mitglied im Kulturrat. Mir scheint es, dass die Aktivitäten dieser Stiftung nachgelassen haben. Generell soll eine Stiftung ja nur erwirtschafteten Zinsen ausgeben und die Kapitalsubstanz unangetastet lassen. Das Stiftungsvermögen wuchs durch Zustiftungen in den ersten 20 Jahren auf das Siebenfache, also auf 3,5 Millionen DM. Wie es danach weiterging, ist der Homepage der Stiftung nicht zu entnehmen.

Es gibt sicher eine Reihe von Vereinen und Gesellschaften, die ich in diesem Referat übergangen habe. Eines was nicht zu vergessen ist, ist das Heimatwerk Siebenbürgen, mit Sitz in Drabenderhöhe. Es ist um die Pflege der Tracht bemüht, um das Nähen, Sticken und die Ausstattung von Trachten- und Trachtenteilen für nachwachsende Generationen und Gruppen bemüht. Darüber hinaus vertreibt das Heimatwerk siebenbürgische Keramik, Bücher und andere Medien vor allem auf dem Heimattag in Dinkelsbühl. Besondere und jahrzehntelange Verdienste um das Heimatwerk hat sich Uta Bekesch erworben. Derzeitige Vorsitzende ist Kathi Drotleff.

Viele Vereine – nicht nur im siebenbürgischen Bereich – haben mit rückläufigen Mitgliederzahlen, rückläufigen Beitrags- und Spendeneinnahmen, nachlassendem Engagement, Problemen bei der Findung von Führungspersonal zu tun. Andrerseits gibt es immer wieder Neugründungen von Kinder-, Tanz, Theatergruppen und Chören. Wo früher keine sächsischen Nachbarschaften waren, gibt es Faschings- und Kronenfeste, Advents- und Weihnachtsfeiern. Unzählige Männer und vor allem Frauen – sie sind die hauptsächlichen Motoren in der Zivilgesellschaft – engagieren sich ehrenamtlich mit finanziellem und vor allem großem zeitlichen Aufwand für die Gemeinschaft. Man muss lange in der deutschen Gesellschaft suchen, wo es noch vergleichbares Engagement gibt. In meiner Kirchengemeinde vor Ort jedenfalls nicht.

Und es gibt immer wieder auch neue Vereinsgründungen. Vereine, die sich für ein einzelnes Projekt einsetzen, etwa die Kirchenburg Holzmengen. Ähnliche Vereine und Initiativen gibt es weitere, so die Carl-Wolff-Gesellschaft von unternehmerisch tätigen Landsleuten. Neuerdings hat sich in Erlangen ein Verein gegründet, der sich um „Nachhaltigkeit“ im Alltag kümmert. Auch über soziale Netzwerke halten viele Siebenbürger Sachsen den Kontakt untereinander und mit Menschen und Organisationen in der Heimat aufrecht. Hierbei sind insbesondere die Web-Administratoren von siebenbuerger.de zu nennen. Früher gab es auch Auswanderungen, wie z.B. nach Amerika im 19. Jahrhundert. Man schrieb den Geschwistern und Großeltern dreimal im Jahr einen Brief. Siebenbürgen und Deutschland waren durch einen Ozean voneinander getrennt. Heute kann man die Zeitungen und Publikationen aus Siebenbürgen abonnieren und größtenteils auch ganz im Netz lesen.

Ebenso kann man rumänisches Fernsehen und Medien sehen, vielleicht auch die deutsche Sendung von TVR Akzente. Neben der Mitgliedschaft im Verband der Siebenbürger Sachsen, der in München eine Geschäftsstelle mit hauptamtlichen Mitarbeitern, Geschäftsführung, Kulturreferat, Zeitungsmitarbeitern, Internetpräsenz. Das kostet alles viel Geld. Der Erhalt dieser Arbeitsplätze mit diesen einzigartigen Kompetenzen ist absolut wichtig. Diese Mitarbeiter stützen die ehrenamtliche Verbandsarbeit, organisieren am Heimattag Ausstellungen, Vorträge, Infostände, Verkaufsstände, Umzüge, Einladungen, Programmbroschüren, mieten Zimmer und Veranstaltungsräume, organisieren den Verkauf von Eintrittsplaketten etc. Sinkende Mitgliederzahlen und Beitragseinnahmen gefährden die Existenz und Leistungsfähigkeit des Verbandes. Daher bitte um Mitglieder werben! Bekanntlich ist nur jeder 10. Zahlendes Mitglied, viele aber Zweit- und Drittleser der Siebenbürgischen Zeitung sowie des Internetauftritts. 

Ich selbst bin Mitglied im Verband, im AKSL seit etwa 1986, im Verein der Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek von Anbeginn an und seit 2019 sogar Vorsitzender, im Evangelischen Freundeskreis Siebenbürgen. Ich beziehe die Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, die Spiegelungen, die Zugänge, das Jahrbuch, die Hermannstädter und Neue Kronstädter Zeitung – auch diese ein Verein – die Schäßburger Nachrichten u.a. Von 1997 – 25 Jahre nach meiner Auswanderung – bis 2000 war ich bei der Evangelischen Akademie Siebenbürgen tätig, von 2000 bis 2004 beim Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat in Gundelsheim. In dieser Zeit war ich sozusagen „Berufssachse“. Dieser Weg war mir nicht vorgezeichnet. In den ersten Jahren nach meiner Auswanderung lebten wir in der Diaspora. Sachse sein war dem privaten und familiären Raum vorbehalten. Ich war schnell assimiliert, hatte einen bundesdeutschen Freundeskreis, keinen fremden Akzent. In meiner Zwischenheimat Gummersbach gab es aber viele Siebenbürger Sachsen mit zahlreichen Aktivitäten. Das war mir aber alles sehr suspekt, ihre Art in verrauchten Schützenhallen zu feiern. Die ersten zehn Jahre war ich kein einziges Mal in Dinkelsbühl. Meine „Bekehrung“ zum Sachsen geschah auf dem ersten Heimatortstreffen der Seiburger in Drabenderhöhe 1982, wohin meine Mutter mich mitnahm. Praktischerweise wurden dort die Jugendlichen an gemeinsamen Tischen platziert. Es entstanden neue Freundschaften und wir beschlossen über Silvester ein Haus zu mieten und mit Vorträgen und Geselligkeit die Gemeinschaft zu pflegen. Das Finden und Mieten eines Hauses oblag mir. Leider war diese Silvesterfreizeit nicht nachhaltig. Die Eltern drängten uns nach ein paar Jahren dieses zu wiederholen. Wiederum übernahm ich die Organisation und machte ein kirchliches Selbstversorgerhaus im Westerwald ausfindig. Als Student hatte ich mich mit der Reformationsgeschichte Siebenbürgens beschäftigt und war seither von der Multikulturalität und -konfessionalität Siegenbürgens begeistert. So suchte ich nach Mitstreitern für eine Siebenbürgische Ferienakademie über den Jahreswechsel 1986/87. Bei meinen Literaturrecherchen war ich auf den Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde gestoßen und Mitglied geworden. Der AKSL schaltete seinen Jahrestagungen damals Nachwuchstagungen vor. Beauftragt für die Nachwuchsförderung war damals die Historikerin und Geschäftsführerin des Südostdeutschen Kulturwerks, heute Institut für Kultur und Geschichte der Deutschen in Südosteuropa Dr. Krista Zach. Hierbei lernte ich den damaligen Abiturienten Harald Roth kennen, den ich für die Idee einer Ferienakademie gewinnen konnte. Er suchte in seinem Umfeld auch nach Mitstreitern und brachte diese mit. Schließlich waren an Silvester 1986 an die 30 junge Leute, meist Studenten und Schüler versammelt. Diese Ferienakademie und deren Konzept sich mit Geschichte und Kultur ganz Siebenbürgens, aller Ethnien, Konfessionen, Gruppen etc. zu beschäftigen wurde zu einem Selbstläufer und einer Talentschmiede. Harald Roth wurde Bundesjugendleiter, später promovierte er in Geschichte und war nahezu 20 Jahre Geschäftsführer von AKSL und Kulturrat. Seit 2008 ist er beim Kulturforum östliches Europa, seit zehn Jahren dort Direktor. Gerald Volkmer hat ebenso promoviert und ist Stellvertretender Direktor des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa. Thomas [indilariu ist in Rumänien Unterstaatssekretär. Stefan M²zg²reanu Vorsitzender des Kulturrats. Hakan M²zg²reanu Vorsitzender der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek. Die Siebenbürgische Ferienakademie, heute Akademiewoche, funktioniert seit über 35 Jahren weiter, ohne Vereinsgründung, ohne Satzung, ohne Vorstände in Eigenregie, wenn auch gestützt von AKSL-Geschäftsführung, Siebenbürgen-Forum, IKGS. 

Seit 2005 bin ich in Bad Kissingen auf dem Heiligenhof tätig. Schien es in den ersten Jahren so zu sein, dass ich mit Siebenbürgen nicht mehr viel zu tun habe, so hat sich das doch ganz anders, und ich glaube sehr erfolgreich entwickelt. Schon 2005 kam der HOG-Verband und tagte in Bad Kissingen, bislang 13 mal, ebenso kamen erste siebenbürgische Frauengruppen. Auch das Frauenreferat des Verbandes tagt seit 2008 im Zweijahresrhythmus hier. Es hat sich ein neuer Genealogenverband gegründet, der zweimal im Jahr hier tagt, bislang 28 Mal. Der Verband der Siebenbürger Sachsen hat zweimal hier getagt und wird im Herbst 2023 erneut kommen. Es haben hier seit 2010 etwa 300 siebenbürgische Kränzchen-, Klassen-, Familien- und Heimatortstreffen stattgefunden. Jährlich kommen rund 1.000 Siebenbürger zu diesen Treffen. Daneben habe ich mit fast allen HOGs aus den Städten und Marktflecken Siebenbürgens ein Wochenendseminar zur Stadt- und Kulturgeschichte ihres Ortes durchgeführt. Der Evangelische Freundeskreis Siebenbürgen führt seine Jahrestagungen ebenfalls alle hier durch. Gelegentlich auch der AKSL, seit 15 Jahren das Internetreferat. Der Heiligenhof ist auch eine Stätte der Begegnung für die Siebenbürger Sachsen geworden. Ich denke, dass er manche Initiative und manchen Verein gestützt hat und auch finanziell entlastet. Ich nähere mich dem Rentnerdasein und so hoffe ich, dass diese Verbindungen noch weiterlaufen. Es gibt noch so viel zu tun und zu besprechen! 

Siebenbürgisches Museum, Bibliothek und Archiv sowie der Standort, Schloss Horneck mit seinem Schlossverein, sind die wichtigsten Projekte zum Erhalt siebenbürgischer Kultur. Zum Erhalt des Gemeinwesens ist der Verband der Siebenbürger Sachsen mit seinen regionalen und lokalen Untergliederungen sowie alle anderen Vereine und Initiativen wichtig. Alle Vereine haben auch Verbindungen zu Organisationen in Siebenbürgen, vor allem Forum und Kirche und deren Verzweigungen, aber auch zu lokalen Behörden, NGOs. Kann es sein, dass es zu viele siebenbürgische Vereine und Gliederungen gibt? Nein! Eine ausgeprägte Zivilgesellschaft ist durch Ausdifferenzierung geprägt. Es gibt so viel zu tun und keiner kann einen Überblick haben und Prioritäten setzen, die von allen anerkannt sind. So muss man Schwarmintelligenz nutzen. Jeder macht und schafft dort, wo es ihm wichtig ist, wo er etwas bewegen und verändern kann. Wichtig ist aber stets, darauf zu achten, was nebenan geschieht, dass Ressourcen nicht vergeudet sondern gebündelt werden. Man muss sich über neue Wege und beste Praktiken austauschen. Ggf. muss man zukünftig auch Vereine und Initiativen fusionieren, vielleicht auch manche mangels Interesse oder Ressourcen aufgeben.

 
Gustav Binder, geb. 1960 in Kronstadt/Brașov in Rumänien. 1972 Ausreise mit der Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Schlosser- und Buchhandelslehre, Studium der Sozialwissenschaften. Von 1997 bis 2000 tätig im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit als Studienleiter der Evangelischen Akademie Siebenbürgen in Sibiu/Hermannstadt in Rumänien. Von 2000 bis 2004 Mitarbeiter des Siebenbürgen-Instituts in Gundelsheim am Neckar. Seit 2005 Studienleiter der Stiftung SSBW sowie der Akademie Mitteleuropa e.V. in Bad Kissingen.