Es gibt sie in fast allen Kirchtürmen und sie besitzen immer mindestens drei, manchmal aber auch vier Zifferblätter an den Turmfassaden: die Uhrwerke, welche für Zeitangabe und Steuerung der Läutwerke eingebaut worden sind. Da es keine vollständige Erfassung ihrer Marken, Baujahre und vor allem Zustandes gibt, baten wir Zoltan Boér, rüstiger Rentner und fleißiger Wartungstechniker der Uhrenmechanik, uns bei einer ersten Aufstellung der ihm bekannten Turmuhren behilflich zu sein, genauer der Turmuhren, an deren Mechanismus er selbst gearbeitet hat.
Um seine technischen Angaben leichter verständlich zu machen, einführend eine Kurzfassung der Funktionsweise einer Turmuhr.
Diese besteht aus einem Antrieb, einem Getriebe und einem Übertragungsgestänge, welches die Bewegung an die Uhrzeiger weitergibt. Der Antrieb kommt von dem Gegengewicht, eine Last aus Eisenstücken oder früher Steinen, die an einem Seil hängen. Die senkrechte, natürliche Abwärtsbewegung dieser Last wird durch die Wickelwelle des Seiles kontinuierlich in Drehbewegung umgewandelt, die vom Getriebe übernommen wird. Dieses erzeugt zwei unterschiedliche Umdrehungsgeschwindigkeiten, eine von stündlich 360 Grad (Minutenzeiger) und eine von zweimal 360 Grad in 24 Stunden (Stundenzeiger). Viele Uhren besitzen zusätzlich zu der Stundenanzeige noch eine Mechanik, die in Zeitabständen von 15, 30, 45 und 60 Minuten das Hauptläutwerk oder eine andere Glocke im Turm erklingen lassen.
Das Anheben des Gegengewichtes, welches in einer Pendeluhr per Hand erfolgt, übernimmt meistens ein Elektromotor, der aber auch automatisch gesteuert werden kann.
Die Turmuhren, zu denen wir Kronstädter aufblicken, entsprechen dieser Funktionsweise, selbst wenn es bei einigen kleine technisch Unterschiede gibt. Sie gehören nämlich fast ausnahmslos der Generation der industriell erzeugten Uhrwerke in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
In Kronstadt gibt es: im Rathausturm ein Uhrwerk der Marke Johann Mannhardt/1890; in Bartholomä, Marke Johann Fuchs u. Sohn/etwa 1886; Martinsberg, Marke unbekannt, keine Aufschrift, Baujahr etwa 1927; Nikolauskirche am Anger, Marke Zombor Vojvodina/1870; Heilige Dreifaltigkeit, Obere Vorstadt, Marke Zombor Vojvodina/1856, vollständig restauriert; Katholische Kirche in der Klostergasse, Marke Richard Liebing, Wien/etwa 1805, teilweise elektrisch umgerüstet.
Im Kreis Kronstadt: Rosenau, Marke Johann Mannhardt/1869; Weidenbach, Marke Johann Mannhardt/1870; Brenndorf, Gebrüder Resch – Wien/1869; Petersberg, Marke Johann Fuchs u. Sohn/geprägtes Baujahr ist 1923 doch der Mechanismus ist eindeutig älter; Neustadt, Marke Fuchs u. Sohn/1886, die Aufschrift ist jedoch beschädigt; Rothbach, Bernhard Zacharias – Leipzig/etwa 1900, ein neueres Modell der selben Marke gibt es in dem Turm des Pele{-Schlosses.
Als Besonderheit befindet sich in Keisd ein Uhrmechanismus von 1770, handgeschmiedet und mit Gegengewichten aus Flusssteinen, von hohem historischem Wert und in Honigberg ein weiterer Mechanismus, unbekannten Alters und Marke.
Zoltan Boér überprüfte oder wartete noch die Uhr der Evangelischen Kirche in Sächsisch Regen, Marke Fuchs u. Sohn/1890; Kreuzburg an der Bistritz (Piatra Neamţ), Marke Renes Hildesheim/1888.