Das Standbild von Johannes Honterus vor dem Turm der Schwarzen Kirche ist allbekannt, aber das Grab des großen Humanisten und Reformators ist bisnoch unbekannt geblieben.
Johannes Honterus ist am 23. Januar 1549 gestorben und in der Schwarzen Kirche bestattet worden. In der Kirche bestanden bis zum 18. Jahrhundert über 300 Gräber in dreißig Reihen.
Man wusste, dass das Grab von Honterus sich im Altarraum der Schwarzen Kirche befindet und bis zum großen Brand vom 21. April 1689 war am Pfeiler daneben die Grabschrift von seinem Mitarbeiter und Nachfolger Valentin Wagner zu lesen, wie sie von Christian Schesäus in seinen „Ruinae Pannonicae“ (1571) geschildert wird:
Vor dem Altar bestattet im
Chorraum des Heiligtums,ruht er,
Dort, wo sein Grab du erblickst, bezeichnet vom preisenden Spruche:
„Beigesetzt ruht hier Honterus, des Werke in Fülle erweisen,
Daß für die Heimat sein Herz Vorschau und Sorge nur war“.
(Übersetzung von Hermann Tontsch, Jahrbuch 1965).
Im Jahre 1925 veröffentlichte Altrektor Julius Groß einen Auszug aus dem Tagebuch von Georg Michael Gottlieb von Herrmann bei der Beisetzung seines Vaters, des Stadthannen Georg von Herrmann im Juni 1763. Über das Grab schreibt er: „Ein kleines Behältnis von alten vermoderten Gebeinen, welches neben diesem schon größtenteils in Verwesung gegangenen Sarge (des Stadtpfarrers Johannes Honterus II., gestorben 1691) gefunden wurde, ließ (als) wahrscheinlich vermuten, daß solches die Reste des um unsere Religion im Kronstädter Kreis so verdient gewesenen Magisters Honterus gewesen, welcher unter dem Namen des Reformators bekannt ist.“
Das Grab von Georg Herrmann befand sich in der dritten Reihe in der sogenannten „Richterreihe“ unmittelbar vor dem Altar, und war das sechste von 13 Gräbern, von Norden gezählt, und lag vor dem Altar, etwas links von der Mitte.
Während den Renovierungsarbeiten im Chor der Schwarzen Kirche wurde im Jahre 1973 – als man die 475-Jahrfeier seit der Geburt von Honterus beging – von der damaligen Baustellenleitung versprochen, dieses Grab zu untersuchen, das Versprechen wurde aber aus uns unbekannten Gründen nicht erfüllt.
Der Gedanke an einen Gedenkstein für Honterus in der Schwarzen Kirche wurde aber nicht aufgegeben und im Jahre 1987 unter dem Stadtpfarrer Mathias Pelger und Kirchenvater Architekt Günther Schuller verwirklicht. Weil der Stein an der Stelle des Herrmann-Grabes zu sehr in der Mitte der Kirche und so ein störendes Hindernis gewesen wäre, wurde er vor den linken Pfeiler vor dem Altar eingesetzt und ragt schief aus dem Fußboden hervor.
Seine Inschrift lautet:
„Die da lehren, werden
leuchten
wie des Himmels Glanz“
Dan.12,3.
Hier ruht
Johannes Honterus
1498 - 1549
Reformator unserer Kirche
Stadtpfarrer
von Kronstadt,
Bedeutendster saechsischer
Humanist
S. 1987
Im Archiv der Honterusgemeinde befindet sich ein sogenanntes „Gräberbuch“, dessen langatmiger barocker Titel also lautet:
„Anno 1736 im August wurden die bißanhero in confuso et incognito gewesene Pfarr-Kirchen-Gräber reuhenweise vom Altar her biß zur hintern Port hinan.. .beym Nahmen derer neuesten Inhaber durch
Martin Closiusen Senatorem und Ältern Kirchen-Vater mit Beyhülf Herrn Georg Tartlers, jüngern Kirchen-Vaters und derer beiden Kaulgräber ordentlich inventiret wie folgt.“
In diesem Register lesen wir auf Blatt 13, in der 4. Reihe „Die Hannen Reihe“ im Grab 7 folgende Eintragung:
7. Cl(arissimus = der hochberühmte) Johannes Honterus Reformator et Pastor.
Tit. Herr Martinus Schneeweiß, Quaestor (= Stadthann, gestorben 1734)
Anno 1749 d(ie) 13. Octobris sepelitur ( = wurde begraben) D(ominus) Johannes Honterus, Pastor Rothbachensis.
Der Rothbacher Pfarrer Johannes Honterus (1693-749) war ein Nachfahre des Reformators in der siebenten Generation.
Es erscheint glaubhaft, dass im Jahre 1736 das Grab des Reformators Honterus noch bekannt war, wie auch damals der Rektor des Honterusgymnasiums Johann Filstich (1684 - 1743) in seiner großen Kirchengeschichte Siebenbürgens die noch lebendige Überlieferung über Honterus festhielt.
Im nächsten Gräberbuch aus dem Jahre 1746 ist nicht mehr erwähnt, dass der Reformator in dem Grab IV/7 begraben sei, nur sein im Jahre 1749 dort beerdigter Nachfahre gleichen Namens.
Diese Nachrichten sind bisher unseres Wissens noch nicht veröffentlicht worden und wurden deshalb von der Forschung auch noch nicht ausgewertet.
Gelegentlich der Anlage der Warmluftheizung in der Schwarzen Kirche im Jahre 1937 wurden für die Heizkanäle viele Gräber entfernt und es ist gewiss damals auch das einstige Grab IV/7 dabei zerstört worden, weil gerade dort der Kaltluft-Absaugkanal verläuft. Eine weitere Nachforschung erübrigt sich wohl. Aber vielleicht könnte die Stelle am Fußboden auf eine entsprechende Weise als Grabstätte von Honterus gekennzeichnet werden.
Wenn die – auch nur wahrscheinlichen – irdischen Überreste des Refornators wegen Unkenntnis der Nachricht im Gräberbuch von 1736 vernichtet wurden, so hat Johannes Honterus doch ein reiches Erbe hinterlassen, das die Jahrhunderte überdauert hat.