Vor 30 Jahren ist die Berliner Mauer gefallen – ein Jubiläum, das die deutsche Botschaft zum Anlass nahm, gemeinsam mit Gästen aus Leipzig und rumänischen Partnerorganisationen die Veranstaltungsreihe „Leipziger Kulturtage“ in Bukarest auszurichten. Verschiedene Veranstaltungen beleuchteten dabei dieses Ereignis und seine Folgen aus unterschiedlichen Blickpunkten, wobei auch Parallelen und Differenzen zum Jahr 1989 in Rumänien thematisiert wurden.
Leipzig kommt in Bezug auf die Ereignisse dieses Jahres besondere Bedeutung zu – die Proteste dort fungierten als Wegbereiter der Revolution, die so viel friedlicher verlaufen war als hierzulande. Der Oberbürgermeister der Stadt, Burkhard Jung, betont gegenüber Radio Bukarest, dass die beiden Länder – bei allen Unterschieden – diese Geschichte teilen. Das gemeinsame Erzählen darüber sei wichtig, um der jungen Generation nahezubringen, dass Demokratie erkämpft und erstritten werden musste – als Ausgangspunkt dafür, dass auch heute Dinge zum Positiven verändert werden können.
Mit dem gemeinsamen Erzählen dieser Geschichte hatte die Woche begonnen, unter dem Titel „Von West nach Ost, von Ost nach West: Betrachtungen zum Literaturaustausch seit dem Mauerfall“ berichteten der rumänische Autor Dan Lungu und die deutsche Autorin Julia Schoch recht amüsant von ihren Erfahrungen – von der Couch, auf der man die Revolutionstage in der Kleinstadt verbracht hatte, und wie man als „politische Analphabeten“ damals dachte, alles würde sich binnen weniger Tage in Wohlgefallen auflösen. In ihren literarischen Texten gilt beider Interesse weniger der Zäsur der Revolution selbst, sondern den Entwicklungen danach und den vielen widersprüchlichen Perspektiven darauf,wie sie Dan Lungu in seinem Roman „Die rote Babuschka“ und Julia Schoch in „Schöne Seelen und Komplizen“ darstellen.
Am Runden Tisch nahmen auch Oliver Zille von der Leipziger Buchmesse und Antje Contius vom Übersetzungs-Netzwerk „traduki“ teil. Beide bezeugten ein großes Interesse des deutschen Publikums an rumänischer Literatur – während laut Zille beim Besuch Rumäniens als Gastland der Buchmesse 2018 ein reger literarischer Austausch stattfand, hätten beim ersten Besuch 1998 noch politische Themen alles andere verdrängt.
Politisch ging es auch bei den Diskussionsrunden zu, die im Filipescu-Cesianu-Haus stattgefunden hatten. Wer die Veranstaltungen zu den Themen „1989 in the Balkans: Annus horribilis instead of annus mirabilis“, „Das Museum der Zukunft“ und „Friedliche Revolution in Leipzig 1989 in europäischem Kontext“ verpasst hat, kann die Videoaufnahmen auf der Homepage des Stadtmuseums Bukarest nachsehen.
Zu letztgenanntem Thema wurde zusätzlich eine Ausstellung im Palast Suțu, dem Bukarester Stadtmuseum, gezeigt, die zweisprachig die Ereignisse von 1989 in Leipzig darstellte. Die Worte des Oberbürgermeisters bestätigend, fanden sich dort auch Zeugnisse der Solidaritätsbekundungen – die Empfindungen vieler DDR-Bürger in Anbetracht der Gräuel in Rumänien wurden bei einem Friedensgebet am 23. Dezember 1989 in die Worte gefasst: „Erst jetzt wird uns deutlich, über welchen Abgrund wir im Oktober geschritten sind.“
Künstlerische Auseinandersetzungen mit Themen wie Destruktion und Transformation können noch heute in der Galerie Anca Potera{u betrachtet werden, in Zusammenarbeit mit der Leipziger Galerie EIGEN+ ART stellen dort Künstler aus Deutschland und Rumänien ihre Werke unter dem Motto „not everything means something, honey (vol. 2)“ aus.
Höhepunkt der Woche war schließlich die Feier zum Tag der deutschen Einheit. Botschafter Cord Meier-Klodt erklärte die „Freude“ zum Leitmotiv des Abends und endete seine Rede vor Präsident Klaus Johannis, der Leipziger Delegation sowie etwa 700 Gästen mit den Worten: „Nicht ‚Ich zuerst‘, sondern ‚Wir alle zusammen‘ – das ist die Botschaft von 1989!“