Temeswar - Kurz vor Beginn des Theaterfestivals beherbergt das Foyer des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) eine Fotoausstellung rund um Theater. Am vergangenen Montag fiel die Entscheidung der Jury für die erste Auflage der Fotoausstellung des Europäischen Theaterfestivals Eurothalia 2023. Andrea Wolfer (Kuratorin des Festivals), Corina Fratuțescu (Marketingexpertin) und Ovidiu Zimcea (Fotograf/Videofilmer) haben die Finalisten ausgewählt: Albert Dobrin, Andreea Eva Herczegh, Carol Hrubi, Denisa Neațu, Dinel Dumitru Teodorescu, Eliza Jilav, Elizabeth Mihai, Emanuel Floris, Luana Popa, Luiza Puiu, Mihaela Tulea, Oana Stoian, Vlad Dumitru und Volker Vornehm. 30 Fotografien sind seit Montag, dem 18. September, im Foyer des Deutschen Staatstheaters und während des gesamten Festivals zu sehen. Der offene Aufruf „Fotografie im Theater“ zielte darauf ab, die Beziehung zwischen den darstellenden Künsten und dem Bereich der Archivfotografie mittels der drei vorgeschlagenen Themen zu präsentieren: Bühnenfotos, Backstage-Fotos und Fotos, die die Wirkung des Theaters auf die Gemeinschaft veranschaulichen.
Unter dem Motto „Gast im Kulturpalast“ (wie das einstige Temeswarer Franz-Josef-Theater von den Kulturhauptstadtgestaltern genannt wird) gibt es während des Festivals Führungen durch das Haus, das drei Theater und die Oper in Temeswar beherbergt. „Hinter seiner für die Stadt Temeswar emblematischen Fassade überrascht der Kulturpalast mit einem labyrinthischen Innenraum, der im Laufe der Zeit zahlreiche Veränderungen erfahren hat. Man kennt zwar die Aufführungssäle und Foyers, nicht aber die Räume, die historischen Momente und das rätselhafte Leben, das sich hinter den Kulissen der vier Kultureinrichtungen abspielt, die im Palast beheimatet sind“, heißt es in der Einladung zu den Führungen am 22., 23., 24., 29. und 30. September ab 10/15 Uhr. Die Führungen auf Rumänisch und Deutsch/Englisch werden im Rahmen des Kulturprojekts „Tur de Arhitectură“ angeboten, das von der Temescher Filiale des Rumänischen Architektenordens während der ersten Auflage der Architekturbiennale in Temeswar (beta 2016) initiiert wurde und seit 2019 von der Vereinigung „Temporar“ weiterentwickelt wird.
Die Filmvorführung des rumänischen Essay-Videos „Doream ca după-amiaza să nu se sfârșească niciodată“ ist am Mittwoch, dem 27. September, und am Donnerstag, dem 28., um 16 Uhr, im HEI - House of European Institutes (Theresien-Bastei) zu sehen. Am Donnerstag gibt es zudem ein Publikumsgespräch mit dem Filmemacher Mihai Lukács. Ausgehend von einigen schriftlichen Geständnissen und Zeugenaussagen über Bondy Horovitz, einem jüdischen Überlebenden der transnistrischen Lager und später Professor am Polytechnischen Institut in Temeswar, versucht Mihai Lukács zu verstehen, warum dieser 1970 Selbstmord beging. Es gibt eine Welle von Selbstmorden von Holocaust-Überlebenden etwa 25 Jahre nach dem Ereignis, ein bemerkenswertes Beispiel ist Primo Levi. Mehr über Bondy, die vergessene Figur, hat Mihai Lukács letztes Jahr von Miriam Bercovici erfahren. Er schreibt den Anfang und das Ende von Bercovicis Tagebuch aus ihrer Jugendzeit in Transnistrien, einem wichtigen Dokument zum Verständnis des rumänischen Holocausts, das sich heute im Holocaust-Museum in Washington befindet. Der Regisseur hat versucht, herauszufinden, was mit Bondy in Temeswar nach seiner Rückkehr aus dem Lager geschah, und dessen Teil der Geschichte zu erzählen. Das Essay-Video ist auch eine persönliche Reflexion über die Erinnerung an die Stadt und die Überlebenden des Holocaust, die dort lebten. Das Projekt wurde von der Gemeinde Temeswar über das Projektzentrum im Rahmen des Stipendiums ENERGIE! für künstlerisches Schaffen gefördert.
Ein Bewegungsworkshop mit Carolina Pizarro und Ikarus Stage Arts ist auch Teil des Rahmenprogramms und findet in der zweiten Festivalwoche statt. Die Teilnehmer werden verschiedene Arten von Sprüngen, Drehungen und Bewegungen im Raum auf der Grundlage von Kalaripayattu-Körperpartituren erforschen und Stille, verschiedene Musik, Lieder und Texte nutzen, um mit ihrer Stimme und ihrem Körper zu arbeiten.
Über die Dauer des Festivals läuft auch das Programm „Ph(r)ases“ - Kreative Formeln, bei dem es ums kreative Schreiben rund ums Theater geht. Im ersten Teil des Tages halten die Mentorinnen Diana Katharina & Daniela Șilindean Kurse für kreatives Schreiben, während der zweite Teil des Tages der Teilnahme am Festivalprogramm gewidmet ist, bei dem Eindrücke vor Ort gesammelt werden. Ausgewählte Teilnehmer haben im Rahmen des Ausbildungsprogramms Zugang zu den Theateraufführungen und den damit verbundenen Veranstaltungen sowie zu Networking-Events und Treffen des Festivalteams. Der Workshop biete die Chance, den schriftlichen Anmerkungen den Status einer Rezension zu verleihen und die während des Festivals aufgenommenen Bilder als geschätzte Theater-Dokumentation zu verwirklichen.
Teil des Festivals ist auch die szenische Lesung „Sidy Thal - a schtikl“ von Thomas Perle am 21. September um 18 Uhr in der innerstädtischen Synagoge. Es handelt sich um ein Fragment des Dokumentartheaterstücks, das am DSTT im November Premiere feiern wird. „Sidy Thal“ wird in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Staatstheater Bukarest von Clemens Bechtel inszeniert. Die Schauspieler Radu Brănici, Bülent Özdil, Daniela Török und Oana Vidoni lesen das Fragment auf Deutsch, es gibt Übersetzung ins Rumänische und Englische. Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa, der Moses-Mendelssohn-Stiftung Berlin, der Jüdischen Gemeinde Temeswar, dem Deutschen Konsulat Temeswar, dem Demokratischen Forum der Deutschen im Banat sowie mit dem Projektzentrum der Stadt Temeswar statt, und gilt als Verabschiedung des Stadtschreibers Thomas Perle.
Das Europäische Theaterfestival „Eurothalia“ ist Teil des Programms Temeswar 2023 – Europäische Kulturhauptstadt und wird von der Stadt Temeswar finanziert. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen des Programms „Theatre Artistic Excellence“, das vom Zentrum für Kultur und Kunst des Kreises Temeswar durchgeführt wird. Die staatlichen Mittel stellt das Kulturministerium zur Verfügung.