„Wenn ich mein Musikinstrument in meinen Armen halte, dann bin ich glücklich“, sagt Alin Stoianovici. So einfach ist es für den 35-jährigen Musiker, sich vollkommen zu fühlen. Der Temeswarer spielt schon seit Kindheit Akkordeon und kann sich schwer vorstellen, je etwas anderes im Leben gemacht zu haben.
Schon mit vier Jahren begann Alin Stoianovici, Akkordeon zu spielen. „Mein Großvater spielte in einer Blaskapelle, so gab es zuhause allerlei an Instrumenten. Als kleines Kind fühlte ich mich eher von der Gitarre und vom Akkordeon angezogen“, erzählt Stoianovici. Zuerst spielte er nach bekannten Rockbands, wie Led Zeppelin und Deep Purple.
Später begann er, das Akkordeon richtig zu studieren. Zuerst mit einem Lehrer, später, nach der Auswanderung seines Professors, allein. Nur ein Jahr spielte er an einem Tasten-Akkordeon, dann begann er, an einem Knopfakkordeon zu spielen. Dies ist als Instrument vor allem in Serbien und auf dem Balkan sehr verbreitet, und da sein Vater serbischer Abstammung ist, war es für ihn ganz leicht, mit dieser Musik in Kontakt zu kommen. „Das Akkordeon wird meistens falsch verstanden und eher mit der Folkloremusik verwechselt. Es gibt sogar Sinfonien fürs Akkordeon“, sagt Alin Stoianovici. „Die Leute in Rumänien wissen jedoch nicht, dass dieses Instrument als Alternative zu der Orgel gebaut wurde“, erklärt er.
Schon als Kind bezeichnete er sich als einen Rebellen und das machte seine Leidenschaft umso größer. „Wenn man zu diszipliniert ist, dann gibt es das Risiko nie, wunderbar zu spielen – sondern einfach nur korrekt. Das wollte ich nie richtig akzeptieren und habe schon als Kind in der Schule viele Unzufriedenheiten bei meinen Lehrern verursacht“, sagt der Temeswarer Musiker.
Anfang 2000 wanderte Alin Stoianovici in die Vereinigten Staaten (USA) aus. Sieben Jahre lebte er dort und konnte sich musikalisch weiterentwickeln. Zuerst spielte er zusammen mit einem Orchester rumänische Folklore und balkanische Musik. In den USA begegnete er vielen international anerkannten Musikern. „Das Akkordeon war dort ein exotisches, sogar merkwürdiges Instrument. Viele waren von dessen Klängen begeistert“, sagt der Temeswarer Musiker. Nur Italiener oder Franzosen spielten dort auf so einem Musikinstrument. Nachdem er wieder nach Rumänien zurückkehrte, fiel es ihm ziemlich schwer, Musiker zu finden, die aus der Reihe tanzten. Alle spielten nur die üblichen Sachen, dachte er sich, bis ihm die Idee kam, etwas Neues in Rumänien zu probieren.
AniverTango zu Ehren von Piazzolla
Die Musik Astor Piazzollas brachte ihn mit vier anderen Temeswarer Musikern zusammen. So gründeten sie das NuevoTango Quintett. Die Gruppe wurde aus bekannten Temeswarer Künstlern gebildet: Alin Stoianovici (Akkordeon), Sasha Bota (Geige), Roxana-Yvonne Coşereanu (Klavier), Ionuţ Dorobanţu (Gitarre) und Johnny Bota (Kontrabass). All diese Musiker sind Teile anderer Musikprojekte, wie zum Beispiel Johnny Bota, der Mitglied der Temeswarer Bega-Blues-Band ist.
Die verschiedenen Musikgenres, in denen die fünf Musiker sich betätigen – Klassik, Folklore und Jazz – machen das Quintett umso besonderer. „Piazzollas Tango ist wie eine neue Esperantosprache der modernen Kultur“, beschreibt Roxana-Yvonne Coşereanu die Musik des argentinischen Komponisten und Gründers des Nuevo Tango.
90 Jahre seit der Geburt des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla wurden 2011 gefeiert. Zu diesem Anlass wurde in Temeswar das Konzert „AniverTango“ organisiert. Das NuevoTango Quintett ehrte damit die Musik von Piazzolla. Das kleine Projekt der Temeswarer entwickelte sich erstaunlich gut. Zuerst traten sie in Temeswar auf der Bühne des Capitol-Saals auf, dann, im Herbst, vor einem noch zahlreicheren Publikum auf der Bühne der Temeswarer Staatsoper und letztendlich tourten sie durch mehrere rumänische Städte.
Das Quintett machte im Herbst des vergangenen Jahres sogar eine kleine Landestournee. Insgesamt zehn Konzerte wurden vom NuevoTango Quintett landesweit bestritten: in Arad, Baia Mare, Bukarest, Klausenburg/Cluj-Napoca, Hunedoara, Lugosch/Lugoj, Odorheiu Secuiesc, Großwardein/Oradea, Hermannstadt/Sibiu und Neumarkt am Mieresch/Târgu Mure{. Das Ereignis wurde mit Unterstützung der Argentinischen Botschaft in Rumänien und vom Cervantes-Institut in Bukarest veranstaltet.
„Der argentinische Botschafter hat unser Konzert aus Temeswar, das im Fernsehen übertragen wurde, gesehen und war sehr von unserer Performance beeindruckt und gleichzeitig auch überrascht, so etwas in Rumänien zu hören. Gleich danach hat er sich mit uns in Verbindung gesetzt und uns seine Unterstützung für unsere Landestour im Herbst 2011 angeboten“, erzählt Alin Stoianovici.
„Die Musik von Piazzolla kann nicht von jedem verstanden werden – der Tango ist verschieden vom klassischen argentinischen Tango, woran die Leute gewöhnt sind“, sagt der Künstler. So war die persönliche Begeisterung der Musiker umso größer, als sie nach ihrem ersten Konzert in Temeswar bemerkten, dass das Publikum von ihrer Aufführung völlig fasziniert war. „Ich habe mir Piazzollas Musik immer mit sehr großem Respekt angehört, doch ich traute mich einfach nicht, von seinem ´Erfolg´ zu kosten“, sagt Alin Stoianovici. „Die Idee eines NuevoTango Quintetts kam in einer Zeit, als in dieser Tango-Richtung in Temeswar gar nichts geschah“, fährt der Musiker fort.
Viele Projekte, eine Leidenschaft
Alin Stoianovici ist aber auch in andere Musikprojekte verwickelt. Mit dem Anca-Pop-Project spielte er das Eröffnungskonzert des serbischen Musikers Goran Bregovic in Temeswar im Sommer des vergangenen Jahres. Unter diesem Projekt wird Indie-Pop-Musik produziert – eine Art Pop-Rock mit Balkaneinflüssen. „Diese Art von Musik ist im Ausland sehr gefragt, vor allem deshalb, weil es etwas Neues mit sich bringt“, bemerkt Alin Stoianovici. Anca Pop lebt derzeit in Kanada, doch sie hat ihre Musik mit den Temeswarer Musikern aufgenommen.
Einige ihrer Lieder begleitet auch Goran Bregovic auf der Gitarre. So wurde die Band vom serbischen Künstler eingeladen, seine Konzerte in Rumänien zu eröffnen. „Das, obwohl Bregovic keine Eröffnungsband braucht“, sagt der Temeswarer Musiker.
Egal bei welchem Projekt Alin Stoianovici teilnimmt, ihm ist nur eins wichtig: „Es muss eine gewisse Chemie unter den Leuten, mit denen du arbeitest, existieren, dann wird die Musik auch korrekt dem Publikum vermittelt.“