DSTT erneut bei Nationaltheaterfestival mit dabei

Alle Temeswarer Theater sind mit je einer Produktion vertreten / Wettbewerb für rumänisches Minidrama ausgeschrieben

Mit „Sidy Thal“ sind sowohl das DSTT als auch das Jüdische Staatstheater in Bukarest beim nationalen Theaterfestival dieses Jahr mit dabei. Foto: DSTT/Ovidiu Zimcea

„Sidy Thal“, die erste Koproduktion des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) mit dem Jüdischen Staatstheater Bukarest, ist Teil der offiziellen Auswahl des Nationaltheaterfestivals (FNT) in Bukarest. Die 34. Auflage findet vom 18. bis 27. Oktober statt. Für die Auswahl des Programms des Nationaltheaterfestivals sorgten Mihaela Michailov, Călin Ciobotari und Ionuț Sociu. Die diesjährige Jury hat herausragende dramaturgische Formate ausgewählt, die entweder thematisch oder in Bezug auf ihre Konstruktionsweise relevant sind und so versucht, die Vielfalt und Relevanz der rumänischen Dramaturgie widerzuspiegeln. 

Die deutsch-jüdische Koproduktion „Sidy Thal“

Das teils dokumentarische Theaterstück „Sidy Thal“ von Thomas Perle und Clemens Bechtel, unter der Regie von Clemens Bechtel, ist ein Versuch, den Angriff und den Moment zu rekonstruieren, in dem Antisemitismus und Faschismus Teil des Alltags in einer multikulturellen Gesellschaft wurden, nämlich in Temeswar, einer Stadt, die auf diese Weise Zeuge der Schrecken des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts wurde. Die zum Teil im öffentlichen Raum abgespielte Inszenierung ist ein mehrsprachiges Werk in jiddischer, deutscher und rumänischer Sprache. Theaterkritiker Mihai Brezeanu schrieb darüber: „Die Regie von Clemens Bechtel bietet Eleganz und vermeidet Überbetonung, ohne jedoch auf die Beschwörung von Verantwortung und die Abgrenzung von Gut und Böse zu verzichten. Es besteht kein Bedarf an ultra-pathetischen Ansätzen und auch nicht an Relativierungen, wie sie in späteren Jahren in Mode waren. Der Holocaust war eine der größten Tragödien der Menschheitsgeschichte. Punkt. Seine Entstehung wurde durch eine Reihe von Ursachen ermöglicht, die eine individuelle Verantwortung/Feigheit nicht ausschließen, deren Ignoranz/Verharmlosung zu einer Wiederholung der unheilvollen Ereignisse führen kann.“ 

Das Deutsche Staatstheater Temeswar war in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder an dem Nationalen Theaterfestival Bukarest mit einem bis zu drei Stücken präsent. Dieses Festival ist die wichtigste Theaterveranstaltung des Landes, in der, aufgeteilt in sechs Sektionen, einige der interessantesten Produktionen vorgestellt werden. 

Gegründet wurde das Festival im Herbst 1990 vom Theaterkritiker Valentin Silvestru. Die 34. Ausgabe des Nationalen Theaterfestivals stelle allerdings kein „Schaufenster“ des rumänischen Theaters in der Spielzeit 2023-2024 dar, sondern präsentiere vielmehr Optionen, die sich aus kuratorischen Kriterien ergeben, wie z. B. Dramaturgie als entscheidendes Element der Aufführung, die Fähigkeit der Aufführung, eine sorgfältig definierte Ästhetik zu strukturieren, das Prinzip der Repräsentativität, Geografien des Schaffens, Offenheit für Interdisziplinarität. Auch die deutsche Abteilung des Radu-Stanca-Theaters wurde in diesem Jahr mit einem Stück in das Festival aufgenommen: „Woyzeck“ von Georg Büchner, inszeniert von Hunor Horváth und Edith Buttingsrud Pedersen.

Ob staatlich oder privat – alle sind dabei

Die Stadt an der Bega wird bei dieser Ausgabe des FNT gut vertreten sein: Eröffnet wird das Festival am 18. Oktober mit einem Konzert des Musikers Cári Tibor, der bei der jüngsten Ausgabe der Gala mit einem UNITER-Preis ausgezeichnet wurde. Die unabhängigen Theater Au˛leu und Basca zählen laut Pressemitteilung zu den „12 unabhängigen/privaten Räumen in Bukarest und im Land, die einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Programmen und Projekten zur Förderung der zeitgenössischen Dramaturgie geleistet haben“. Beide sollen je eine Aufführung/ein Projekt aus der kürzlich abgeschlossenen Spielzeit präsentieren, in deren Mittelpunkt ein zeitgenössisches Stück steht. In der Sektion Performing Austria & Romania werden der Dialog zwischen den darstellenden Künsten der beiden Länder, Koproduktionen und Aufführungen, die von österreichischen und rumänischen Künstlern und ihren europäischen Kollegen gemeinsam konzipiert und realisiert wurden, vorgestellt, darunter auch „Union Place“ nach einem Text von Elise Wilk, unter der Regie von Alexandru Weinberger-Bara, eine Koproduktion des Schauspielhauses Salzburg, des Temeswarer Nationaltheaters und des Escher Theaters Luxemburg.

Zur offiziellen Auswahl gehören ferner in diesem Herbst die Inszenierungen „Pericles“ unter der Spielleitung von Philip Parr des Ungarischen Staatstheaters „Csiky Gergely“; „Victimele datoriei“(„Opfer der Schuld“) von Eugčne Ionesco, Regie Radu Iacoban am Nationaltheater „Mihai Eminescu“ Temeswar.

Minidrama-Ausschreibung

Außerdem kündigt das diesjährige Festival auch die Ausschreibung eines Wettbewerbs für Minidramen (zehn Minuten Lesungen) zu einem freien Thema an. Der Wettbewerb richtet sich an Dramatiker und Dramatikerinnen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, und an Texte, die Themen, Stilistiken und Formate der gegenwärtigen und zukünftigen Dramaturgie erkunden wollen. Die Jury, die die Kurzstücke auswählt, besteht aus Alexandra Felseghi, Csaba Székely und Elena Vl˛d˛reanu, deren Texte sowohl im In- als auch im Ausland inszeniert und in lokale und internationale Kontexte eingeladen worden sind. Im Anschluss an die Auswahl nehmen die in die engere Wahl gekommenen Dramatiker an einem Online-Drehbuchworkshop teil, der von den drei Juroren geleitet wird (Einzel- und Gruppensitzungen), wo sie Feedback erhalten und ihre für den Wettbewerb eingereichten Stücke weiterentwickeln können. Einsendeschluss für die zehnminütigen Stücke ist der 12. August, Ende des Monats werden die Nominierungen bekanntgegeben, im September finden die Workshops statt, während es Anfang Oktober Abschlusstreffen mit den Autoren und den Regisseuren geben soll, die die Leseaufführungen im FNT durchführen werden.