Es ist wohl die erste Limerick-Sammlung aus siebenbürgischer Feder, grenz-überschreitend vom Schiller Verlag Hermannstadt/Bonn herausgegeben. Der Autor Kurt H. Binder, geboren 1933 in Hermannstadt, ist dem lesenden Publikum wohlbekannt, hat er doch schon mehrere Publikationen vorgelegt, darunter den autobiografischen Roman „Unter Roten Wolken“ oder „Die lange Nacht der Erzählungen – Sieben Siebenbürger erzählen ihre Erlebnisse“ und nicht zuletzt, 2016 ebenfalls im Schiller Verlag erschienen, „Pitz und Tummes – Zwei Hermannstädter Purligare“. Im Nachwort seiner Limerick-Dichtungen schreibt Monika Blumenstock, dass sich Kurt H. Binder in diesem Buch klar als inoffizieller Streiter gegen den allgegenwärtigen tierischen Ernst im Alltag bekannt hat.
Liebhaber und Kenner der Opern von Wolfgang Amadé Mozart, zudem auch noch seiner Nonsens-Briefe an sein „Allerliebstes Bäsle Häsle“, sind gleich doppelt im Vorteil, wenn sie das Buch von Kurt H. Binder durchblättern. Denn der Untertitel wird mit „Gereimter Nonsens am laufenden Band“ angegeben. Wer Mozarts Briefe an seine Kusine kennt und Nonsens versteht und liebt, ist auch Liebhaber des gereimten Nonsens von Binder, allerdings nicht in Stabreimen, sondern in einer besonderen Versform, die im 19. Jahrhundert plötzlich erscheint: der Limerick.
Formal basiert der Limerick auf einem dreiteiligen antiken Versfuß, dem Anapäst, der hintereinander aus zwei Senkungen und einer Hebung besteht. Und somit wären wir beim „anapästen“ Lehrlings-Rhythmus der Freimaurer, den Mozart in der Ouvertüre der „Zauberflöte“ gleich dreimal einbaut. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch das bayerisch-österreichische Gstanzl den Anapäst annehmen kann. Wurde der Anapäst in der Antike für Marsch- und Schlachtenlieder verwendet, dient er im Limerick der Neuzeit ausschließlich dazu, Scherzhaftes bis Nonsens auszudrücken.
Und nun sind wir bei Kurt H. Binder, der im Vorwort seines Buches verrät, dass „Humor immer schon die tragende Dimension“ seines Lebens war und er, als er vor vielen Jahren das erste Mal dieser amüsanten Strophenform begegnete, auf Anhieb begeistert war und den typischen Rhythmus, gepaart mit einem komisch-witzigen Inhalt, ausprobieren wollte. So entstand sein allererster Limerick: „Es glaubt manch ein Fritze, er nütze / der Welt mit der eignen Grütze. / Doch sind die Geschütze / dort unter der Mütze / meist nichts als leichte Haubitze.“
Was auf den ersten Blick so einfach erscheint, entpuppt sich beim lauten Vorlesen als große Herausforderung. Denn nicht nur der Anapäst muss berücksichtigt werden, nein, auch die besondere fünfzeilige Reimform aabba hat ihre Tücken.
Die Themen der Limericks von Kurt H. Binder sind vielfältig; ein ganz aktueller wäre auch dabei: „Im Sinne der Integration / lehrt ein Bayer den Flüchtlingssohn, / wie ein Mann von Welt / die Maß richtig hält – / das Weit’re ergebe sich schon ...“. Der Autor betont, seine Limerick-Sammlung habe er von Anfang an neutral gehalten und sie in verschiedene Kategorien gebündelt, wobei der rote Faden immer thematischer Natur war. Ein beliebtes Thema, spätestens seit der Limerick-Sammlung viktorianischer Erotika, 1879 und 1880 herausgegeben in London, ist die Soft-Erotik. Diesem anregenden Thema kann sich Kurt H. Binder nicht entziehen und reimt überaus phantasievolle und witzige Fünfzeiler. Durch die Vielfalt der Themen und das meisterliche Reimen des „nonsense poem with five lines“ gelingen Kurt H. Binder über 600 Limericks, „vom Braverick bis zum Schlimmerick“, wie er im Vorwort betont. Es ist ein Buch, das man in den unterschiedlichsten Lebenssituationen immer wieder vornehmen und daraus wahllos das eine, das andere herauslesen kann. Garantiert hat man ein Lächeln auf den Lippen.
Angesprochen auf die Tatsache, dass kein einziger Limerick ein siebenbürgisches Thema habe, hat Kurt H. Binder verschmitzt noch einen letzten Fünfzeiler nachgeschoben: „Wenns Buch, sonst cool gelungen / nichts sächsisches gebrungen, / ist doch der Stuss / im Nonsensfluss / ‘nem Soxenhirn entsprungen!“.